Hamburg. In der ARD-Mockumentary töpfert Schamoni mit Linda Zervakis, säuft mit Charly Hübner und wird von Klaas Heufer-Umlauf angehimmelt.
Seine Humorformel verrät Rocko Schamoni schon in der ersten Folge: „Ich penetriere gern ein Thema so lange, bis die andere Seite begriffen hat: Das ist doch lustig.“ Da ist man als Zuschauerin noch mit der Gegenbewegung beschäftigt: Das ist hier womöglich doch ernst! Oder? Dabei hatte man sich gerade in die Ironie eingegroovt, in die lustvolle Fremdscham, in den volle Kanne unsubtilen oder womöglich gerade darum hintergründigen Trash der „Rocko Schamoni Supershow“. Lieber nicht festlegen, die Grenzen sind fließend.
Da hat „Supermoderator“ und „Superpodcaster“ Klaas Heufer-Umlauf sein Vorbild (wirklich, wir kommen noch darauf zurück) Rocko Schamoni schon vollmundig als den „Urvater des deutschen Showbiz“ angekündigt, mit dem er, Heufer-Umlauf, noch am selben Abend dessen allerletzte Live-Show über die Bühne bringen wolle. Überredet von Gereon Klug, Schamonis windigem Tourmanager. Dem wirklich nichts mehr heilig ist. Oder gar peinlich. Eine fiktive, schamlos übergriffige Figur unter realem Namen, die mit Sprüchen strombergt wie „Erfolg kennt keinen Anstand“ oder „Wer Erfolg will, muss Success lieben“.
„Rocko Schamoni Supershow“: Quatsch mit Anspruch. Und gern auch ohne
Tatsächlich ist der Wahlhamburger Gereon Klug Autor, Plattenladenbetreiber, Pointenlieferant, Studio-Braun-Umfeld. Unter anderem. Aber auch hier: Fließende Grenzen, denn das in der „Rocko Schamoni Supershow“ penetrierte Genre heißt „Mockumentary“. Halb Spaß, halb Ernst. Die hohe „Fraktus“-Schule, der „Discounter“-Spott, bisschen Dada, bisschen Parodie, bisschen demaskiertes „echtes“ Leben. Bisschen Loriot womöglich sogar, noch mehr „Last Exit Schinkenstraße“. Entlarvend und schmerzbefreit. Quatsch mit Anspruch. Und besonders gern auch ohne. Also: mal ohne Anspruch, mal ohne Quatsch.
Die „Rocko Schamoni Supershow“, geschrieben von Schamoni, Gereon Klug, Michael Köppel und Matthias Grübel und jetzt als vierteilige Mini-Serie mit Fortsetzungspotenzial in der ARD-Mediathek abrufbar, spielt mit Identitäten und Querverweisen. Die Story: Entertainer Rocko Schamoni hat abgewirtschaftet, eine Tour mit Gaststars soll ihm Karriereaufschwung und seinem Manager endlich Cash zurückbringen.
Doch die Handlung ist nur das Nonsens-Gerüst für ein darin eingebettetes, verblüffend unironisches Gesprächsformat, das mehr an die Arte-Dialogserie „Durch die Nacht mit ...“ erinnert. Dafür ließen sich pro Folge zwei Prominente durch den Abend treiben und erzählten einander ohne Moderatoren-Leitfaden aus ihrem Leben. Das hat schon damals mal mehr, mal weniger funktioniert, es lebte aus dem Moment heraus, von der Chemie zwischen den Protagonisten. Hier ist es jedes Mal Rocko Schamoni, der auf artverwandte Biografien aus dem deutschen Entertainment-Kosmos trifft.
„Rocko Schamoni Supershow“: Mit Linda Zervakis Aschenbecher töpfern
Während Künstleragent Gereon also reichweitenstarke Leute „eintütet“ (Gereon: „Grönemeyer und Olaf von den Flippers!“ - Rocko: „Welcher ist das?“ - Gereon: „Der rechte“) und Trailer bastelt, die eine ästhetische Verwandtschaft zu psychedelischer Waschmittelwerbung aufweisen, geht „Weltkasperle“ Rocko in die Tiefe. Mit Heufer-Umlauf am Kanal plaudern, mit Joy Denalane in einem Lapidarium spazieren, mit Linda Zervakis Aschenbecher töpfern und mit Charly Hübner Kurze kippen. Letzteren sammelt Caren Miosga in der Rolle der Caren Miosga schließlich am Tresen ein.
In der Rollenspiel-Fiktion verbringen sie alle jeweils den Tag vor der großen Show miteinander, in der Realität hört man zwei Menschen dabei zu, wie sie von ihrer Herkunft, ihrem Werdegang und ihrem Humorverständnis erzählen. Das Menschliche findet im Anarchischen Platz. Schrullig kann es hier wie dort zugehen, die Welten sind durchlässig.
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Schamonis Humor-Heroen des subversiven Schelmentums sind F.K. Waechter, Monty Python, Otto, Gerhard Polt. Geradezu rührend wird es, als der jüngere, im Gespräch entwaffnend unalberne Klaas Heufer-Umlauf dem in dieser Konstellation ungewohnt reif wirkenden Rocko Schamoni gesteht, er sei als Jugendlicher „auf eine humoristische Goldader gestoßen“, als er das erste Mal die Telefonstreiche von Studio Braun (Schamoni, Strunk, Palminger) gehört habe. „Das ist so süß“, freut sich Schamoni. Der Respekt ist spürbar gegenseitig.
„Comedy ist scheiße“, auch darauf können sich beide leicht einigen. Stattdessen (!) wolle man lieber „was Witziges“ machen. Wie die „Rocko Schamoni Supershow“ halt, deren tatsächliche Verwirklichung man auf der Bühne niemals zu sehen bekommt. „Bisschen Schnickschnack, das wird funzen“, fasst Manager Gereon an einer Stelle zusammen. Und trifft es damit eigentlich ganz gut.
„Rocko Schamoni Supershow“, ab sofort in der ARD Mediathek