Hamburg. Das Ensemble Resonanz ging mit seinem Programm „Quiet Cities“ im Kleinen Saal der Elbphilharmonie auf eine musikalische Rundreise.

Mit dem ganz großen Irgendwie-Blick betrachtet, sind Künstlerinnen und Künstler ja immer auf der Durchreise, von einer Idee zur anderen. Nur konsequent also, dass die Szenografin Annette Kurz als Auftakt ihrer letzten Konzertformaterweiterung das gesamte Ensemble Resonanz mit Mänteln und Instrumentenkoffern an den Bühnenrand treten ließ. Ankommen, kurzes Umsehen, wo sind wir heute wieder gelandet, ach, Kleiner Saal, Elbphilharmonie, na ja ok, dann wollen wir mal.

Kleine Dosen dieser Verwirrung machten bei ihren Abenden der letzten zwei Saisons immer den Reiz aus – so auch hier, weil im Hintergrund ein leicht weihnachtsbaumförmiges Metallobjekt zu besichtigen war, inspiriert von einem alten Foto des Berliner Boulevards Unter den Linden. War aber auch ohne dieses Detailwissen dekorativ anzusehen.

Elbphilharmonie: Das Ensemble Resonanz und der Klang der Stadt

Der emotionale Aggregatzustand Stadt, in seinen verschiedenen Extremen und in verschiedenen Epochen unterschiedlich ausgelebt, genossen oder durchlitten, war das Leitmotiv dieses Programms. Mit Aaron Coplands Dämmerlicht-Meditation „Quiet City“, 1940 geschrieben, ging es bedächtig los. Eine einsame Trompete und ein anders einsames Englischhorn bluesten, erschöpft melancholisch, vor sich hin. Ein „Nighthawks“-Soundtrack für eines dieser stillen Stillleben von Edward Hopper; beide Soloparts über dem stimmig angerauten Streicher-Teppich wurden von Jeroen Berwaerts und Alexander Krimer behutsam Richtung Publikum verabschiedet.

Der Trompeter Jeroen Berwaerts „spielte“ stellenweise nur noch auf dem Trompeten-Mundstück.
Der Trompeter Jeroen Berwaerts „spielte“ stellenweise nur noch auf dem Trompeten-Mundstück. © Jann Wilken | Jann Wilken

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Noch fremdelnder im Fremden, noch kauziger geradezu war Claude Viviers „Et je reverrai cette ville étrange“: ein eigenwillig besetztes Sextett, das unterschiedlich klangfärbend auf verschroben verwinkelten Unisono-Melodielinien herumgrübelt und dabei von Gongschlägen unterbrochen wird.

Elbphilharmonie: Raffiniert gegengeschnittene Störmanöverchen

Immer noch kein sonniges, staunendes Umschauen mit dem Hübsch-hier!-Blick des Touristen, ganz im Gegenteil. Vito Žurajs „Le fou triste“, eine Auftragsarbeit des Ensembles, bezieht sich einerseits auf die von Viktor Ullmann im KZ Theresienstadt geschriebene Kammeroper „Der Kaiser von Atlantis“, andererseits klagt er den zeitlosen Irrsinn Krieg an. Berwaerts Trompete skizzierte über nervös flatternden Streichern eine immer groteskere, verzweifelte Clowns-Gestalt. Das Instrument als einziges Ausdrucksmittel entglitt ihm, bis nur noch abstrakte Töne durch Lippenspannung möglich waren.

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Die Italien-Postkarten-Abteilung wurde erst nach der Pause zum Durchatmen eröffnet. Andrew Normans Impressionsvertonungen „A Companion Guide To Rome“ waren raffiniert gegengeschnittene Störmanöverchen zwischen den saftig, vital und brodelnd gespielten Bilderbuchandenken, die Tschaikowsky als „Souvenir de Florence“ in sein Reisetagebuch hineingeschmachtet hatte. Während Normans Soli – eine Bratsche, die sich nach und nach eine Melodie aus dem Instrument zerrt, eine Violine, die immer wieder, wie magisch angezogen ins Flageolett-Register entschwebt – sympathisch irrlichterten, war der Tschaikowsky reiner, feiner Genuss.

Das Konzert wird am 6.3., 19.30 Uhr, wiederholt, Restkarten. Einspielungen: Mozart: Sinfonien Nr. 39 / 40 / 41. Ensemble Resonanz, Riccardo Minasi (Dirigent) (harmonia mundi, 2 CDs, ca. 24 Euro) / „Copland conducts Copland – The Complete Columbia Album Collection“ (Sony Classical, 20 CDs, ca. 60 Euro)