Hamburg. Das Konzert von Lucas und Arthur Jussen mit der Amsterdam Sinfonietta bot Unkonventionelles. Das hat auch optischen Unterhaltungswert.
Ein Konzert wird zum Konzert erst durchs Publikum. Und das spielt bei dem Auftritt der Amsterdam Sinfonietta und des Jussen-Klavierduos in der Elbphilharmonie mal wieder kräftig mit. Mitten in die Zugabe hinein, eine Bearbeitung von Bachs wolkenweicher Arie „Schafe können sicher weiden“ für Klavier vierhändig, klingelt schnöde ein Handy. Klassischer Telefonton. Das Zischen der Umsitzenden ist auch auf der gegenüberliegenden Seite noch zu hören.
Der Lapsus wird die Ausnahme bleiben. Die Menschen sind mit spürbarer Aufmerksamkeit dabei an diesem Abend. Und das, obwohl – oder gerade weil? – ein Programm außerhalb des Altbekannten ansteht. Den Anfang macht „These Words…“ von Arvo Pärt für Streicher und Schlagwerk. Elegische Harmonien fügen sich zu immer neuen Klangflächen, Xylofon oder Glocken setzen Glanzlichter. Bei Pärt hat jede noch so leise, vereinzelte Note etwas Wichtiges zu sagen.
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Einen Kontrast dazu bildet das Konzert für Klavier vierhändig und Kammerorchester von Fazıl Say. Westliche Instrumente erzeugen orientalisches Kolorit, die vielen kleinen Glissandi der Streicher klingen wie Vogelgezwitscher. Dem Schwarm geht es allerdings nicht gut, das Klavier jagt ihn in hämmernden Rhythmen vor sich her.
Die Jussens, beide blond, schlank und im glitzernden Outfit, bewegen sich vollendet synchron, selbst wenn sie ins Flügelinnere greifen, um die Saiten abzudämpfen. Das hat optischen Unterhaltungswert. Mehr in die Tiefe loten die beiden dann in Franz Schuberts Allegro a-Moll für Klavier vierhändig. Über weite Strecken dominiert zorniges, vollgriffiges Forte, aber die weicheren Momente lassen Schuberts Verzweiflung ahnen.
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Das letzte Wort haben die Streicher in einer Bearbeitung des Andante-Adagio aus Mahlers Zehnter. Unter der Leitung der Konzertmeisterin Candida Thompson entsteht so etwas wie Mahlers Vermächtnis. Solopassagen von erschütternder Einsamkeit münden in gesangliches Strömen, verlöschendes Pianissimo trifft auf harsche Klangballungen.
Die atmosphärische Dichte entsteht dadurch, dass die Musiker und Musikerinnen intensiv kommunizieren und eigenverantwortlich spielen. Nach dem letzten Ton bleibt es lange still. So viel Miteinander von Aufführenden und Hörenden ist in der Elbphilharmonie alles andere als selbstverständlich.