Hamburg. Die Brüder Lucas und Arthur Jussen, Charmebolzen und temperamentvolle Musiker, geben einen Abend an 88 oder auch 176 Tasten.

Klavierduos sind die Eislaufpärchen der Klassik. Individualität, sonst die Grundwährung im weltweiten Aufmerksamkeitszirkus, ist hier nicht gefragt. Für Egomanen und Selbstdarsteller ist die Disziplin nichts. Bei der pianistischen Zweisamkeit geht es um Team-Tugenden wie ein makelloses Zusammenspiel und die Bereitschaft, sich einzufügen. Die pianistische Perfektion bedarf ohnehin keiner Erwähnung.

Elbphilharmonie: Zwei Pianisten sind besser als einer

Die Brüder Lucas und Arthur Jussen bringen all das mit. Und bringen es zugleich fertig, genau den Glamour-Faktor zu bedienen, ohne den auf dem heutigen Klassikmarkt nun einmal wenig läuft. Blond, schlank, smart, von verwirrend androgyner Ausstrahlung und einem berstenden Temperament. Der Dirigent Michael Schønwandt soll einmal über das gemeinsame Musizieren gesagt haben: „Es ist, als würde man zwei BMW gleichzeitig fahren.“

Am 5. Februar sind die Jussens mit einem Klavierabend zu Gast im Großen Saal der Elbphilharmonie. Das Programm schlägt einen Bogen vom 18. bis ins 21. Jahrhundert, von Mozart bis Widmann, mal für Klavier vierhändig, mal für zwei Klaviere. Die Stückauswahl ist handverlesen, und das muss sie auch sein. Während das Repertoire für Klavier solo so überbordend reich ist, dass es selbst das Angebot an hervorragenden Interpreten und Interpretinnen bei Weitem in den Schatten stellt, braucht ein Klavierduo Beharrlichkeit und Kreativität, wenn es nicht beim Immergleichen eines durchaus schmalen Angebots bleiben will.

Triumphierende Virtuosität bei Mozart, Experimentierfreude bei Schumann

Mozarts Sonate C-Dur KV 521 ist sozusagen klanggewordene Tugend dieser Formation. Vom der einleitenden Unisono-Triumphgeste an treten die beiden Protagonisten absolut gleichberechtigt auf, reichen einander die Themen an und wechseln sich ab mit Führen und Begleiten. Spielfreude und glänzende Virtuosität prägen diese Sonate. Champagner für alle!

„Andante und Variationen für zwei Klaviere“ op. 46 von Robert Schumann gehört dagegen eher zu den Raritäten der Literatur für Klavierduo. Der Komponist experimentierte in seiner Kammermusik mit Besetzungen und Klangfarben. Dieses Werk schrieb er ursprünglich als Quintett für zwei Klaviere, zwei Celli und Horn. Aber schon Clara Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy hoben in Leipzig eine umgearbeitete Fassung aus der Taufe.

Der Neutöner Jörg Widmann hat den Brüdern „Bunte Blätter“ in die Finger geschrieben

Jörg Widmann wiederum liebt Schumann. Das zeigt der Titel „Bunte Blätter“, eine seiner Kompositionen. So heißt nämlich auch ein Zyklus von Schumann, allerdings für nur zwei Hände. Widmann hat das Stück für die Jussens geschrieben, uraufgeführt haben sie es 2022 beim Klavier-Festival Ruhr.

Nach der Pause folgt die pompöse Suite op. 17 des Klangmagiers Rachmaninow. Und Claude Debussy führt mit seinen „Six épigraphes antiques“ in orchestrale Welten: Flöte und Harfe klingen durch auf dem Weg durch die antikisierenden Mini-Szenen.

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Was wird nur aus den beiden, wenn ihre unverschämte Jugendlichkeit mal nachlässt? Vielleicht hören die Menschen ihnen anders zu, wenn das optische Feuerwerk nicht mehr ganz so im Vordergrund steht. Vielleicht nehmen die Ohren den feinen Musizierstil deutlicher wahr. Das wäre doch nicht das Schlechteste.

Lucas und Arthur Jussen 5.2.24, 20.00, Elbphilharmonie. Tickets zu 25,30 bis 81,60 unter T. 35 76 66 66; www.elbphilharmonie.de