Hamburg. Schon bis Ende Mai kamen mehr Menschen als im gesamten Jahr 2021. Plätze fast ausgeschöpft. Was die Unterbringung im Hotel kostet.
Die Lage bei der Unterbringung von Geflüchteten in Hamburg ist mehr als angespannt: Während nahezu alle Plätze belegt sind, suchen derzeit wieder mehr Menschen Schutz in der Hansestadt.
So wurden von Januar bis Ende Mai gut 9500 Geflüchtete registriert und damit innerhalb von fünf Monaten schon mehr Menschen als im gesamten Jahr 2021 (8500), wie aus dem aktuellen Lagebild über Asyl- und Schutzsuchende der Stabsstelle für Flüchtlinge hervorgeht. Nun versucht die Stadt, weitere Schlafplätze zur Verfügung zu stellen.
Sie suchen Asyl: Hamburg erreichen immer mehr Geflüchtete
„Die aktuelle Unterbringung der Geflüchteten stellt eine sehr große Herausforderung für die Stadt Hamburg dar“, sagt Wolfgang Arnhold, Sprecher der Sozialbehörde. Denn das System ist auf Kante genäht: Im Normalbetrieb wären die Kapazitäten schon längst ausgelastet.
Auch mit den zusätzlichen Interims- und Notstandorten sind 95,3 Prozent der Plätze in Hamburg laut Stabsstelle belegt. Etwa 48.000 Plätze stehen grundsätzlich zur Verfügung, doch knapp 45.000 Menschen müssen dort jetzt schon untergebracht werden.
Der größte Engpass besteht demnach bei den städtischen Unterbringungen, die sogar zu 98 Prozent ausgeschöpft sind. Allein 3643 aller Plätze werden durch Menschen in Ankunftszentren und der Erstaufnahme belegt, also solche, deren Verbleib in Hamburg noch ungeklärt ist. Jeden Monat kommen im Schnitt seit Jahresbeginn etwa 1370 Geflüchtete nach Hamburg, die in der Stadt bleiben. Während es im Januar noch 1901 Personen waren, ist die Zahl der Neuankömmlinge im Mai auf 1132 gesunken.
Wo Geflüchtete in Hamburg überwiegend herkommen
Der überwiegende Teil der Schutzsuchenden, 3585 Menschen, kommt weiterhin aus der Ukraine, geflüchtet vor dem russischen Angriffskrieg. Darauf folgen Menschen aus Afghanistan (862), Iran (389) und Syrien (382). Auch die Zahl russischer Geflüchteter nimmt zu, zwischen Januar und Mai waren es insgesamt 153 Personen (2022 insgesamt: 175).
Es kommen aber nicht nur Menschen nach Hamburg, insbesondere Geflüchtete aus der Ukraine kehren trotz anhaltender Kämpfe wieder in ihre Heimat zurück. In diesem Jahr haben sich 3608 und im vergangenen Jahr 5220 ukrainische Schutzsuchende wieder aus der Hansestadt abgemeldet.
Zur Unterbringung muss das städtische Unternehmen Fördern&Wohnen (F&W) laufend seine Kapazitäten erweitern und hat laut Sozialbehörde in diesem Jahr bereits 24 neue Unterkünfte mit insgesamt 5704 Plätzen eröffnet. Zu den größten Unterkünften zählen der Interimsstandort am Überseering (1560 Plätze) in der City Nord, der Notfallstandort am Hafenbahnpark (616 Plätze) in Wilhelmsburg und die Unterbringung am Schwarzenbergplatz (512 Plätze) in Harburg.
Hamburg nimmt drei neue Unterkünfte für Geflüchtete in Betrieb
„Es bleibt eine Herausforderung, stetig Plätze aufzubauen“, sagt Susanne Schwendtke, Pressesprecherin von Fördern&Wohnen. Planer, Gewerke und der Unterkunftsbetrieb hätten alle Hände voll zu tun, daher stelle F&W auch neues Personal ein.
Allein im Juli werden drei neue Standorte mit Platz für weitere 426 Geflüchtete in Betrieb genommen. 148 Plätze am Hornkamp in Fuhlsbüttel, weitere 50 Plätze an der Kurt-A.-Körber-Chaussee in Bergedorf und 228 Plätze am Vogelhüttendeich in Wilhelmsburg. Dort sollen außerdem im September dieses Jahres weitere 372 Plätze bezugsfertig werden.
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Sollten sich Engpässe abzeichnen, könne Fördern&Wohnen kurzfristig Hotelzimmer anmieten oder sogar auf Zelte zurückgreifen. In 76 Hotels waren bereits Geflüchtete untergebracht, sieben weitere hat die Stadt allein seit Januar angemietet. Dafür zahlt die Sozialbehörde im Schnitt etwa 66,97 Euro inklusive Catering pro Platz an die Häuser.
Zugleich baue die Stadt neue Plätze auf und prüfe weitere Flächen und Objekte zur Unterbringung, versichert Sozialbehördensprecher Arnhold. Immobilien werden demnach sowohl von städtischer Seite, also von Bezirksämtern oder dem Landesbetrieb Immobilien und Grundvermögen (LIG), als auch von privaten Eigentümern angeboten und dann schnellstmöglich geprüft.
Asyl: Eine Entspannung zeichnet sich in Hamburg nicht ab
Kriterien für eine geeignete Fläche sind eine Größe von mindestens 500 Quadratmetern, die voraussichtlichen Kosten, aber auch bau- und umweltschutzrechtliche Ansprüche. Eine Rolle spielten zudem etwaige Einschränkungen beispielsweise durch Lärm, sagt Arnhold.
Als Stadtstaat habe Hamburg im Vergleich zu Flächenländern aber ein sehr begrenztes Angebot freier Areale. Dementsprechend sei das Thema Verteilungsgerechtigkeit auf Bundesebene für die Hansestadt von zentraler Bedeutung.
Denn eine Entspannung der Situation zeichne sich nicht ab, sagt der Behördensprecher. Vor allem, solange der Krieg in der Ukraine anhalte.