Bezirkschef Schreiber: “Ich bin gespannt, ob es bessere Ideen gibt als den Zaun.“ Bald auch Platzverweise vor dem Hauptbahnhof?
Hamburg. In der kommenden Woche soll die erste Runde der Schlichtungsgespräche zum Zaun unter der Kersten-Miles-Brücke an der Helgoländer Allee beginnen. Das kündigte der am Montag von der SPD-Fraktion zum Schlichter bestimmte Hans-Peter Strenge gestern an. Der Präsident der Synode der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche und ehemalige Altonaer Bezirksamtsleiter will sich zuvor umfassend darüber informieren.
Wie berichtet, hatte Markus Schreiber (SPD), Leiter des Bezirksamts Mitte, den Zaun nach Beschwerden von Bezirksmitarbeitern und Anwohnern errichten lassen, um zu verhindern, dass sich Obdachlose unter der Brücke ansiedeln. Dies hatte zu massiven Protesten geführt. Gestern befestigte ein Arbeiter den Zaun mit einem Schweißgerät, um zu verhindern, dass er aus dem Fundament gehoben wird. Strenge kündigte an, dass der Bezirk, Sozialverbände und Nachbarn an den Gesprächen beteiligt werden. "Es werden maximal zehn Teilnehmer werden", sagte Strenge dem Abendblatt. Bereits im Oktober wolle er ein Ergebnis vorstellen.
Bezirkschef Schreiber begrüßte das Vermittlungsverfahren. "Ich bin gespannt, ob es bessere Ideen gibt als den Zaun." Die Aufregung um den Zaun bedauere er nicht. "Ohne ihn wäre doch niemand an den runden Tisch gekommen." Mittlerweile hat das Thema auch den Senat erreicht. So sagte etwa Schulsenator Ties Rabe (SPD) als Regierungsvertreter auf der Landespressekonferenz: "Der Zaun war zunächst einmal eine Antwort. Aber vielleicht gibt es noch eine bessere Antwort."
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Für Aufregung sorgt auch ein zweites Bezirksvorhaben. Der Vorplatz des Hauptbahnhofs am Hachmannplatz soll privatisiert werden. Wenn der City-Ausschuss dies heute wie erwartet beschließt, erhält die Deutsche Bahn dort Hausrecht. Hintergrund seien Probleme mit Trinkern. So ist geplant, dass Obdachlose auch von dort des Platzes verwiesen werden können. "Wir prüfen, inwieweit das rechtlich umsetzbar ist", sagte Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis. Bezirkschef Schreiber rechtfertigt die Maßnahme damit, dass "alle Menschen überall am Hauptbahnhof ohne Angst hingehen" müssten.
Kritik kommt dagegen von der GAL. Schreiber handle rechtswidrig und zynisch, sagte die innenpolitische Sprecherin Antje Möller. "Die Nutzung des öffentlichen Raumes ist ein verfassungsmäßiges Recht für alle. Dieses Recht darf nicht eingeschränkt werden." Die sozialpolitische Sprecherin Katharina Fegebank forderte, dass Obdachlose nicht vertrieben werden dürften. "Die Stadt braucht intelligentere Konzepte, sie muss günstigen Wohnraum ebenso schaffen wie soziale und psychische Hilfsangebote." Einen entsprechenden Antrag werde die GAL in die Bürgerschaft einbringen.
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel kündigte an, dagegen zu stimmen. "Wir sind vor zehn Jahren wegen unhaltbarer Zustände am Hauptbahnhof abgewählt worden. Wir machen diesen Fehler nicht zweimal."