Drei Tage später als erwartet hat die Unesco das Hamburgische Wattenmeer zum Weltnaturerbe erklärt. Einen Titel gab es auch für Pfahlbauten.
Hamburg/Paris. Der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer und deutsche Pfahlbauten stehen künftig auf einer Stufe mit den größten Natur- und Kulturwundern der Erde. Die Unesco zeichnete beide am Montag in Paris mit den begehrten Welterbe-Titeln aus. Das Hamburger Wattgebiet und 18 deutsche Pfahlbausiedlungen gelten damit als universelles Erbe der Menschheit und genießen wie die chinesische Große Mauer und der Nationalpark Serengeti in Tansania besonderen Schutz.
Vor allem in Hamburg war die Erleichterung groß. Die Hansestadt war mit ihren 137 Quadratkilometern Watt um die Inseln Neuwerk, Schar- und Nigehörn im Januar 2008 bei der Welterbe-Bewerbung der Anrainer abgesprungen, weil der CDU-Senat sich um Auflagen bei der geplanten Elbvertiefung sorgte. Erst unter dem späteren schwarz-grünen Bündnis wurde die Region an der Elbmündung 2010 nachgemeldet.
Die mehr als 9500 Quadratkilometer großen Watt-Regionen vor Schleswig-Holstein, Niedersachsen und den Niederlanden als Weltnaturerbe kamen deswegen 2009 alleine auf die prestigeträchtige Liste. Mit der Aufnahme des Nationalparks Hamburg-Wattenmeer gehört nun das gesamte deutsche Wattenmeer zum Unesco-Weltnaturerbe. "Die wirtschaftliche Nutzung der Elbe und des Wattenmeeres war für die Unesco kein Hindernis, diese Auszeichnung auszusprechen. Über die Entscheidung kann sich ganz Hamburg freuen“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD).
In dem hoch sensiblen Ökosystem Wattenmeer leben nach Angaben der Umweltbehörde tausende Arten, beispielsweise Seehunde, Kegelrobben und Schweinswale. Unter anderem bieten Muschelbänke und Seegraswiesen Tieren Nahrung. Zehn bis zwölf Millionen Zugvögel kommen jährlich. Ein ausgedehntes System aus großen Wattströmen und kleinen Prielen durchzieht weite Flächen. Kein anderes Gebiet der Erde hat eine größere zusammenhängende Sand- und Schlickfläche. Wind und Gezeiten formen die Landschaft ständig neu.
Im Gegensatz zum Wattenmeer sind die neuen deutschen Welterbestätten in Bayern und Baden-Württemberg für Touristen nicht direkt erfahrbar. Die Pfahlbaureste stammen nach Angaben von Archäologen aus der Zeit von 4300 bis 800 vor Christus und haben unter Wasser oder in feuchten Böden bis heute überdauert. "Das sind frühmenschliche Siedlungen, die archäologisch nachweisbar sind“, kommentierte die Beauftragte der Kultusministerkonferenz für das Unesco-Welterbe, Birgitta Ringbeck, in Paris. Der normale Bürger müsse beispielsweise in einem Taucheranzug in den Bodensee steigen, wenn er Spuren sehen wollte.
Insgesamt bekamen nach Angaben der Unesco 111 Fundstätten mit Siedlungsspuren aus der Stein- und Bronzezeit in sechs Alpenländern den begehrten Welterbe-Titel. Darunter sind in Baden-Württemberg Fundstellen am Bodensee und in oberschwäbischen Feuchtgebieten. Bayern war mit der Roseninsel im Starnberger See sowie jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlungen im Landkreis Landsberg am Lech beteiligt. Die übrigen Areale liegen in Österreich, der Schweiz, Italien, Frankreich und Slowenien. Die Schweiz hatte die Federführung der Initiative übernommen.
Neben dem Wattenmeerstück bei Hamburg zeichnete das Unesco-Komitee am Montag weitere Denkmäler im Ausland als Welterbe aus. Darunter waren unter anderem eine Zitadelle aus der Zeit der Hô-Dynastie in Vietnam, die Festung Fort Jesus im Kenias größter Hafenstadt Mombasa sowie persische Gartenanlagen im Iran.
Mit einer Entscheidung des Welterbe-Komitees zu zwei Le-Corbusier-Häusern in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung wurde erst am Dienstag gerechnet. Sie stehen als Teil des grenzüberschreitenden Weltkulturerbes auf der Kandidatenliste. (dpa)