80 Lokführer von Privatbahnen legten ihre Arbeit nieder, rund 70 Prozent der Züge fielen aus. Der Streik dauert bis Donnerstag an.

Hamburg. Der bundesweite Streik der Lokführergewerkschaft GDL hat am Montag in Norddeutschland wieder zu Verspätungen und Zugausfällen bei den Privatbahnen geführt. Etwa 80 Lokführer hätten ihre Arbeit niedergelegt, sagte GDL-Sprecher Harald Ketelhöhn in Hamburg. Rund 60 bis 70 Prozent der Züge der Privatbahnen in Norddeutschland seien deshalb ausgefallen. Der Großraum Hamburg war nach GDL-Angaben am stärksten betroffen. Züge auf der Strecke Hamburg-Westerland sollten nur noch alle zwei Stunden fahren.

Bestreikt wurden die Privatbahngesellschaften Metronom, Nord-West-Bahn, Nord-Ostsee-Bahn, Ostseeland Verkehr, AKN Eisenbahn und Westfalenbahn. Auch der Güterverkehr der Osthannoverschen Eisenbahnen wurde lahmgelegt. Es sei aber zu befürchten, dass der Streik diesmal schwächer ausfalle, sagte Ketelhöhn. Es habe erneut Aussperrungen seitens der Arbeitgeber gegeben, bei denen Lokführer über die Streiktage hinaus freigestellt und ohne Entgelt blieben.

Hintergrund des Streiks sind die bislang erfolglosen Verhandlungen mit den privaten Bahngesellschaften über einen bundesweit einheitlichen Tarifvertrag. Der sogenannte Bundesrahmen-Lokomotivführertarifvertrag soll sich laut GDL am Niveau des Marktführers Deutsche Bahn orientieren und für den gesamten Fern-, Nah- und Güterverkehr gelten. Ferner fordert die Gewerkschaft einen für alle Betreiber offenen Tarifvertrag zum Betreiberwechsel, mit dem die "Angst um den Arbeitsplatz“ bei Streckenausschreibungen beendet werden solle.

Mit der Deutschen Bahn hatte sich die Gewerkschaft am Freitag für die 20.000 DB-Lokführer über den Rahmentarifvertrag, den dazugehörigen Haustarifvertrag und den Betreiberwechseltarifvertrag geeinigt. Mit drei Schienengüterverkehrsunternehmen hatte die GDL bereits Anfang April ein flächendeckendes Regelwerk abgeschlossen.

Die privaten Verkehrsunternehmen haben nach Gewerkschaftsangaben trotz der 119-stündigen Arbeitskämpfe der Lokführer im März und April bisher kein Angebot vorgelegt. Veolia habe den Tarifkonflikt durch mehrere Aussperrungen sogar verschärft. Eine Ausnahme bildet Keolis, mit der die GDL seit Montag vergangener Woche verhandelt.

Noch bis Donnerstag, 21. April, um 2.00 Uhr soll der 60-stündige Streik bei den Privatbahnen dauern. Wenn diese weiterhin kein Angebot vorlegten, sei mit weiteren Arbeitsniederlegungen zu rechnen, sagte der GDL-Sprecher. In Mecklenburg-Vorpommern sollten nach Angaben der Bahnkonkurrenten Ostseelandverkehr (OLA) und der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (ODEG) am Montag alle Züge planmäßig verkehren. Ausfälle kündigte die OLA für die Strecke Crivitz-Schwerin am Dienstag und Mittwoch um 6.59 Uhr und auf der Strecke Pasewalk-Ueckermünde um 6.08 Uhr an. Es werde Schienenersatzverkehr geben. Nach Angaben einer Metronom-Sprecherin sei außerdem auf der Strecke zwischen Cuxhaven und Hamburg mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen.

Lesen Sie dazu auch den Abendblatt-Bericht vom 16. April 2011:

GDL und Deutsche Bahn einigen sich

Nach neun Monaten haben die Deutsche Bahn (DB) und Lokführergewerkschaft GDL ihrem Tarifstreit ein Ende gesetzt. In der 15. Verhandlungsrunde beschlossen beide Parteien am Freitag ein umfassendes Gesamtpaket für die rund 20 000 Lokführer des Staatskonzerns. Neben einem Rahmentarifvertrag im Personen- und Güterverkehr wurden Verbesserungen bei den Einkommen und der Altersversorgung in einem Gesamtvolumen von drei Prozent vereinbart.

Konkret erhalten die Lokführer rückwirkend zum Jahresbeginn zwei Prozent mehr Lohn, höhere Zuschläge für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie für Nachtschichten. Ihre Arbeitswoche beträgt künftig 39 Stunden, darüber hinaus gibt es ein Weihnachtsgeld in Höhe eines halben Monatslohns. Damit bekommt ein Lokomotivführer künftig ein Einstiegsgehalt von 2341 Euro, Berufserfahrene 2831 Euro. Der Vertrag läuft bis zum 30. Juni 2012.

Der Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber bezeichnete das Ergebnis als "vernünftigen Kompromiss". "Hinter uns liegt eine lange Strecke mit einigen Umwegen. Was nach teils mühsamen Verhandlungen nun aber ausschließlich zählt, ist das Ergebnis", sagte er. Es sei nun an der GDL, weitere Unternehmen für den Bundesrahmen-Tarifvertrag (BuRa-LfTV) zu gewinnen, damit er seine volle Wirkung entfalten könne.

Bislang weigern sich fünf Privatbahnen jedoch, mit der GDL über einen solchen Tarifvertrag zu verhandeln, was in dieser Woche zu dem 48-stündigen Streik bei den Privatbahnen geführt hatte. Bislang will nur Keolis mit der GDL über einen Vertrag verhandeln.

Auch der GDL-Chef Claus Weselsky zeigte sich mit dem Tarifabschluss zufrieden: "Damit haben wir einen riesigen Meilenstein auf dem Weg zum einheitlichen Tarifniveau für alle Lokomotivführer erreicht." Zusammen mit den privaten Schienengüterverkehrsunternehmen fielen nun rund 83 Prozent aller bundesweit 26 000 Lokomotivführer unter die Rahmentarife der GDL. Besonders zufrieden ist der GDL-Vizechef Norbert Quitter mit den Zusatzvereinbarungen. So konnte ein Kündigungsschutz sowie eine finanzielle Absicherung für Lokführer vereinbart werden, die durch Unfälle - wie Suizide - berufsunfähig werden. Gewinne die Bahn eine Zugstrecke von Konkurrenten zurück, würden zudem die betroffenen Lokführer übernommen. Um den Lokführermangel zu beheben, verpflichtete sich die Bahn auch, 420 weitere Lokführer auszubilden.

Einen ähnlichen Abschluss will die GDL nun auch mit den Privatbahnen erreichen. Sollten diese Unternehmen jedoch nicht zu Verhandlungen bereit sein, seien weitere Streiks nicht ausgeschlossen, so die GDL.