Sozialverbände erneuern ihre Kritik an der Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung. Sozialsenator Scheele kündigt Konzept an.

Hamburg. Die Sozialbehörde hat angekündigt, sich bei der Gestaltung des Angebots für Langzeitarbeitslose wissenschaftliche Unterstützung zu holen. Derzeit arbeite man an einem Konzept, wie es mit den Ein-Euro-Jobs in Hamburg weitergeht. Dabei wolle die Behörde sich vom "angesehenen" Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg beraten lassen, so Sozialsenator Detlef Scheele (SPD).

Der Senat lässt damit die Zukunft der Ein-Euro-Jobs, offiziell Arbeitsgelegenheiten, weiterhin offen. 55 gemeinnützige Trägervereine, die in Hamburg Arbeitsgelegenheiten anbieten, befürchten massive Kürzungen. Weit mehr als ein Drittel der derzeit 6000 besetzten Stellen soll nach Angaben der Träger noch in diesem Jahr wegfallen.

Senator Scheele, der für eine persönliche Stellungnahme nicht zur Verfügung stand, betonte per Pressemitteilung, dass eine Entscheidung dazu noch nicht gefallen sei. Richtig sei, so Scheele, dass der Hartz-IV-Vermittlungsstelle team.arbeit.hamburg im kommenden Jahr erneut weniger Geld vom Bund zur Verfügung stehe. "Dadurch wird es zu Einschränkungen kommen, die Hamburg nicht kompensieren kann und nicht zu verantworten hat."

Das Geld, das dann noch zur Verfügung stehe, müsse im Sinne der Langzeitarbeitslosen bestmöglich eingesetzt werden, so der Senator weiter. "Ob das am Ende bedeutet, dass es 2012 mehr Plätze gibt, als bislang geplant war, oder ob es weniger als 4000 werden, weil das Geld besser eingesetzt werden kann, prüfen die Beteiligten", teilt Scheele in seiner Erklärung mit.

+++ Auslaufmodell Ein-Euro-Jobber +++

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Dressel wies darauf hin, dass in der Debatte nicht Ursache und Wirkung verwechselt werden dürften. Ausgangspunkt seien die Kürzungsbeschlüsse der schwarz-gelben Bundesregierung. Nichtsdestotrotz stehe der SPD-Senat für einen ehrlichen und offenen Dialog mit den betroffenen Menschen und Trägern. "Wir gehen davon aus, dass die Betroffenen in die Gespräche einbezogen werden", sagt Dressel.

Doch genau diese Dialogbereitschaft vermissen die Träger. "Wir würden uns über Gespräche freuen, doch uns sind noch keine angeboten worden", sagt Petra Lafferentz, Sprecherin der Hamburger Beschäftigungsträger. Zudem argumentiere die Sozialbehörde weiterhin am Thema vorbei. Nicht die Kürzungen des Bundes seien entscheidend, sondern wie Hamburg die übrigen Mittel verteile.

Mit scharfer Kritik reagiert auch der Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg auf das Kürzungsvorhaben und forderte ein schlüssiges Gesamtkonzept - unter Einbeziehung der Träger. "Die Ein-Euro-Jobs sind häufig der letzte Strohhalm für Menschen, die mit Fortbildungen oder Umschulungen nicht erreicht werden können", sagt Geschäftsführer Joachim Speicher. "Statt sie abzuschreiben und zum Nichtstun zu verdammen, brauchen sie eine aktive Förderung und praxisorientierte Integrationsmaßnahmen."

Damit die Ein-Euro-Jobs sinnvoll angelegt sind, fordern die Träger vom Senat klare Qualitätsstandards. Zum einen müssten die Betreuer entsprechend fachlich geschult und längerfristig in den jeweiligen Projekten eingesetzt sein. Es könne nicht sein, dass das Personal ständig kurzfristig über Niedrigsthonorare zusammengesucht werde, sagt Lafferentz. Zum anderen sei es notwendig, die Verweildauer von Ein-Euro-Jobbern in den Maßnahmen von ihren individuellen Problemlagen abhängig zu machen. Erst dann könnten individualisierte Integrationspläne erarbeitet werden.

Doch während die Träger an den Ein-Euro-Jobs festhalten, fordern die Gewerkschaften ein Umsteuern in der Arbeitsmarktpolitik. "Aus unserer Sicht ist das größte Problem nicht, dass die Ein-Euro-Jobs wegfallen, sondern dass dies alternativlos geschehen soll", sagt Hamburgs DGB-Vorsitzender Uwe Grund, der auch in der Selbstverwaltung bei der Agentur für Arbeit und bei team.arbeit.hamburg aktiv ist. Grundsätzlich erwarte man eine Politik, die zu Qualifizierung und zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen auf dem zweiten Arbeitsmarkt führe. "Schwerpunkt einer guten Arbeitsmarktpolitik in Hamburg muss der Bereich der Qualifizierung sein, gerade auch vor dem Hintergrund des befürchteten Fachkräftemangels", so Grund. Allen Jugendlichen müsse der Übergang aus der Schule in den Beruf ermöglicht und jungen Menschen mit Migrationshintergrund die Teilnahme am Arbeitsmarkt erleichtert werden. Dennoch werde der DGB darauf achten, dass alle vom Bund zur Verfügung stehenden Mittel in Hamburg auch tatsächlich ausgeschöpft und investiert werden.

Ähnlich sieht das Wolfgang Rose von Ver.di Hamburg. Notwendig seien Integrationsarbeitsplätze mit Arbeitsvertrag und Sozialversicherung in Kooperation zwischen Unternehmen, Qualifizierungs- und Beschäftigungsträgern. Dennoch sei es nicht richtig, die Ein-Euro-Jobs ohne Ersatz zusammenzustreichen. "Hamburg darf seine Mittel nicht kürzen und muss die Unternehmen mit in die Verantwortung nehmen", sagt Rose.