Die Hamburger Senatorin für Gesundheit, die Sozialdemokratin Cornelia Prüfer-Storcks, spricht über Pflege, Kliniken und Sushi.
Hamburg. Die Wände sind zwar noch recht kahl in der Behörde in Rothenburgsort, doch aus dem Fenster sieht die Senatorin die Kräne des Hafens. In zwei Wochen könnten hier verstrahlte Schiffe aus Japan eintreffen, aber Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) scheint das nicht aufzuregen. „Seit Tschernobyl sind wir auf das Risiko belasteter Lebensmittel eingestellt“, sagt Hamburgs erste Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz.
Von rund 35.000 Containern mit Lebensmitteln, die vergangenes Jahr hier eintrafen, kamen sechs aus Japan. Ohnehin prüfe der Grenzdienst sämtliche Lebensmittelimporte, der Zoll kontrolliere Container auf Strahlung. Zudem haben die Behörden eine Arbeitsgruppe eingerichtet, zusätzlich zur Meldekette für belastete Lebensmittel, die dauerhaft bis in die Spitze der EU reicht. „Ja, das kann man als eine Art Notfallplan bezeichnen“, sagt sie. Aufregung scheint nicht die Sache des ehemaligen Krankenkassen-Vorstands zu sein. Angesprochen auf die Pandemie der Schweinegrippe 2010, wirft Prüfer-Storcks der Bundesregierung vor, Hysterie geschürt zu haben.
„Wir als Bundesländer werden intensiv mit dem Bund darüber reden, dass so etwas nicht noch einmal passiert“, sagt sie. Zumal auf Druck aus Berlin tonnenweise Impfstoff gekauft wurde, der nun verdorben ist. „Wenn der Bund meint, eine solche Kette in Gang setzen zu müssen, sollte er sich finanziell an den Folgen beteiligen.“ Sie sagt das sehr nüchtern.
Ohnehin will die SPD-Politikerin ihr Amt nutzen, um der schwarz-gelben Koalition in Berlin deutliche Vorschläge zu unterbreiten. Die angepeilte Pflege-Zusatzversicherung lehnt Prüfer-Storcks ab. „Das ist das falsche Instrument.“ Sie schlägt vor, stattdessen die Beiträge anzuheben, um einen „Demografie-Puffer“ zu schaffen, der die zunehmende Alterung der Gesellschaft auffangen könne. „Das muss gar keine dramatische Erhöhung sein, um die Ausgaben zu decken.“ Dieser Ansatz sei paritätischer als der des FDP-Bundesgesundheitsministers Philipp Rösler.
Zwar ist Prüfer-Storcks eine Gesundheitssenatorin ohne Krankenhäuser, denn die CDU hat den Landesbetrieb privatisiert. Aber sie müsse die Hospitäler nicht besitzen, um nachzusteuern. So wolle sie die Spezialisierung der Kliniken weiter vorantreiben. „Es ist nicht im Sinn der Qualität, wenn alle Kliniken alles machen.“ Die Senatorin erwägt zudem ein Informationsportal, um Qualität im Gesundheitssystem transparent zu machen. Ein bisschen wie bei Lebensmitteln, wo Verbraucher auch mithilfe eines Biosiegels entscheiden können, was sie kaufen.
Privat kauft Prüfer-Storcks Fleisch und Obst aus ökologischer Herstellung und wünscht sich, dass dieses Angebot in Supermärkten wachse, um „unnötige Hürden“ für Verbraucher abzubauen. Die sieht sie auch bei medizinischer Versorgung: „Die Patienten müssen aufwendig recherchieren, welche Klinik die beste Behandlung bietet.“ Das System sei zu wenig am Patienten ausgerichtet. „Auch nachdem zusätzliche zehn Milliarden Euro in das System gepumpt wurden, verwickeln die Ärzte die Patienten immer noch in Diskussionen über ihre angeblich niedrigen Honorare.“ Sushi isst Prüfer-Storcks übrigens nicht. Das liege aber nicht an der Katastrophe in Japan. „Ich mag keinen rohen Fisch.“