Vermittler sollen bei Kündigung Provisionen zurückzahlen. Sie bekommen mehrere Tausend Euro für einen neuen Kunden der Privaten.
Berlin. Die zum Teil üppigen Provisionen von mehreren Tausend Euro bei der Kundenwerbung für die Privaten Krankenversicherungen (PKV) rufen die schwarz-gelbe Koalition auf den Plan. Erwogen werde jetzt ein gesetzlicher Deckel, meldete die „Financial Times Deutschland“. Während die PKV Provisionen grundsätzlich als Basis guter Kundenbetreuung verteidigte, kritisierte die gesetzliche Krankenversicherung das „dicke Geschäft“ der Versicherungsagenten. Laut „FTD“ machen Abgeordnete von Union und FDP Druck, die Provisionen zu deckeln. Finanz- und Justizministerium prüften dies. Außerdem sollten Vermittler künftig länger ihre Provisionen zurückzahlen müssen, falls ein Kunde seinen Vertrag kündigt. Im Gespräch sei eine Haftungsfrist von fünf statt bisher zwei Jahren. „Die Initiative der Fraktionen ist sinnvoll“, zitiert das Blatt Regierungskreise.
Hinter den sehr hohen Provisionen der privaten Krankenversicherer steckt dem Bericht zufolge der scharfe Wettbewerb um junge Gutverdiener. Für einen Vertragsabschluss würden mitunter 14 bis 18 Monatsbeiträge als Belohnung gezahlt. Bei Monatsbeiträgen von 200 Euro bis 300 Euro wären dies zwischen 2800 und 5600 Euro pro Vertrag. Wegen kurzer Haftungsfristen könnten Vermittler Kunden zur Kündigung bewegen und neu vermitteln, hieß es weiter. „Ich sehe die Entwicklung sehr kritisch“, sagte der finanzpolitische Sprecher von CDU/CSU, Klaus-Peter Flosbach, der „FTD“. Er fordert eine Obergrenze für Provisionen. Im Gespräch sei ein Deckel von neun bis zwölf Monatsbeiträgen.
Auch die Praxis, Kunden immer neue Policen anzudrehen, müsse eingedämmt werden. „Ich halte es für richtig, wenn die Vermittler bis zu fünf Jahre haften.“ Geprüft werde vor allem eine Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes. Der Verband der Privaten Krankenversicherung erklärte zu dem Bericht, man werde die Gesetzesinitiative „kritisch prüfen und konstruktiv“ begleiten. Die qualifizierte Kundenberatung dürfe aber nicht geschwächt werden.
Betrachtet werden dürften nicht nur die Provisionen, sondern die zum Teil durch gesetzliche Vorschriften verursachten „Abschlusskosten“ insgesamt. „Provisionen sind die Existenzgrundlage qualifizierter Vermittler und sichern somit eine gute Kundenbetreuung“, erklärte der PKV-Verband. Der „provisionsgestützte Versicherungsvertrieb“ erfülle eine wichtige sozialpolitische Informations- und Beratungsfunktion.
Die gesetzliche Krankenversicherung, für die gesunde junge Gutverdiener ebenfalls eine gute Kundschaft bedeuten, warf der privaten Konkurrenz dagegen unfairen Wettbewerb vor. „Durch die hohen Provisionen machen die Vermittler ein dickes Geschäft, wenn sie Leute dazu bringen, der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung den Rücken zu kehren und in die private Krankenversicherung zu wechseln“, erklärte der GKV-Spitzenverband.
In Kassenkreisen hieß es, womöglich sollte man die Provisionen für die Wechsel zwischen den gesetzlichen Kassen und zwischen der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung angleichen. Dann würde das Provisionsinteresse des Vermittlers die Beratung nicht mehr beeinflussen. (dapd)