Innenexperten beraten neben einer ganzen Reihe von Programmpunkten von heute an in der Hansestadt das Thema Gewalt gegen Beamte.
Hamburg. Unterschiedlicher könnten die Erwartungen kaum sein: Während Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus, Gastgeber der heute Abend mit einem Kaminabend beginnenden Innenministerkonferenz (IMK), sich erhebliche Fortschritte bei der Bekämpfung unterschiedlichster Kriminalitätsbereiche erhofft, fürchten Amtskollegen anderer Bundesländer, dass in Anbetracht der vielen Themen und der Kürze der Zeit kaum etwas Konkretes herauskommen werde. Es gilt, eine ganze Reihe von Programmpunkten durchzupauken - in gerade einmal eineinhalb Tagen.
Die Polizei geht nach bisherigen Erkenntnissen nicht von großformatigen Krawallen im Umfeld der IMK aus, rechnet aber mit "Störversuchen." Einen solchen hatte es bereits in der Nacht zu Sonntag gegeben. Unbekannte warfen Steine, Farbbeutel und Buttersäuregläser gegen die Polizeiwache in Rissen (das Abendblatt berichtete). Im LKA wird das Bekennerschreiben, das beim Abendblatt und bei der "Mopo" einging, als authentisch bezeichnet. Diktion und Zeitpunkt seien typisch für eine bestimmte Klientel, so Polizeisprecher Ralf Meyer.
Eine "Autonome Gruppe zur Erinnerung an die Toten in Hamburger Abschiebehaft" hatte in der Bekennungs-Mail die Politik der Hamburger Innenbehörde, aber auch bundespolitische Entscheidungen und europäische Handlungskonzepte als Grund für den Anschlag aufgeführt. Kritisiert werden "Aufrüstung nach innen und Abschottung nach außen, zivilmilitärische Zusammenarbeit, Repression und Ausgrenzung".
+++ SO KRIMINELL IST IHR STADTTEIL +++
Die bislang nicht in Erscheinung getretene Gruppe fordert: "Soziale Kontrolle sabotieren, IMK und Kieler Trialog angreifen! Polizei und Bundeswehr angreifen! Überall!" Die Vermengung mehrerer Themen und der gewählte Zeitpunkt der Tat - unmittelbar vor einem sicherheitspolitischen Großereignis - deuteten darauf hin, dass die Gruppe sich aus bestehenden Strukturen rekrutiere, so Meyer. Das LKA werde sich jetzt auf die Suche nach den Urhebern begeben.
In den meisten Fällen enden Ermittlungen wie diese bei einem Internetcafé oder in den Weiten des Netzes. Meyer: "Auch auf Bekennerschreiben, die nicht handschriftlich auf Papier verfasst sind, gibt es Möglichkeiten, Spuren zu finden." Meyer rechnet damit, dass es Störaktionen wie den Anschlag auf die Wache oder die Brandstiftung am Catering-Lieferwagen einer Firma auf St. Pauli (ebenfalls in der Nacht zu Montag) auch während der Innenministerkonferenz geben könnte. Der Polizeisprecher: "Die Polizei ist auf alles vorbereitet, Erkenntnisse über möglicherweise geplante größere Themen liegen aber auch nach einer Lageeinschätzung der Staatsschutzexperten im Landeskriminalamt nicht vor.
+++ Drei Tage Programm +++
Wie berichtet, will Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) das Thema "Gewalt gegen Polizei und Rettungskräfte" ganz oben auf der Tagesordnung ansiedeln. In unmittelbarem Zusammenhang damit soll auch der Komplex "Maßnahmen zur Bekämpfung linksextremistischer Gewalt" debattiert werden. Weitere Diskussionspunkte: die Rockerkriminalität, Gewalt in Zusammenhang mit Fußballspielen und Internetkriminalität.
Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie (CDU) will dem Vernehmen nach keine eigenen Diskussionspunkte auf die Tagesordnung setzen lassen. Er wird das Vorgehen seines Ministeriums beim Verbot der Hells Angels und Bandidos in Flensburg und Neumünster erläutern. Ein Vortrag, den auch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) interessiert hören wird. In Hannover haben gestern verfeindete Hells Angels und Bandidos einen "Friedensvertrag" geschlossen (Bericht Seite 14). Szenekenner vermuten, dass die Rocker den Zeitpunkt bewusst vor die IMK gelegt haben, um ein Verbot der Vereinigungen zu verhindern.
Mit einem eigenen Tagesordnungspunkt wartet Bremens Innensenator Klaus Mäurer (SPD) auf: Der Vorsitzende der IMK 2009 will eine bereits auf der Vorkonferenz angeregte Diskussion über eine Gesetzesinitiative zur "Regulierung der Prostitutionsausübung" in Gang bringen. Nach Überzeugung Mäurers und einiger seiner Kollegen wird das Prostitutionsgesetz von 2001 den Realitäten im horizontalen Gewerbe nicht mehr ausreichend gerecht. Die fehlende Regulierung und die bundesweit uneinheitliche Praxis würden, so argumentieren die Minister, der Tatsache nicht gerecht, dass Prostitution in einem kriminalitätsbelasteten Umfeld stattfindet.
Mäurer erhofft sich ein Bekenntnis zur effizienteren Nutzung des Gewerbe- und Polizeirechts zur Regulierung der Prostitution. Bordellbetreiber sollten einer Zuverlässigkeitsprüfung unterzogen werden können, Prostituierte sollten - auch zu ihrem eigenen Schutz und dem Schutz der Freier - eine Meldepflicht für ihre Tätigkeit auferlegt bekommen. Mäurer: "Nur durch eine transparentere Ausgestaltung legaler Prostitution ist eine klarere Abgrenzung zum Menschenhandel und zum Bereich der organisierten Kriminalität möglich."