Verbote werden geprüft. Die Minister beschlossen außerdem, Angriffe gegen Polizisten und Rettungskräfte schärfer zu ahnden.
Hamburg. Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich auf eine härtere Gangart gegen Rockerkriminalität verständigt. So sollen Verbote geprüft, sämtliche strafrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft und ein intensiverer Informationsaustausch zwischen den Bundesländern erfolgen, heißt es in einem Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK), die am Freitag in Hamburg zu Ende ging.
Der publikumswirksame Friedensschluss vom vergangenen Mittwoch zwischen den verfeindeten „Hells Angels“ und den „Bandidos“ spielte nach Angaben des IMK-Vorsitzenden, Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), bei den Beratungen keine Rolle: „Medial inszenierte Friedenspfeifen (...) interessieren die Innenminister herzlich wenig.“
Über eine mögliche Aufnahme von ehemaligen Guantánamo-Häftlingen in Deutschland ist weiter nicht entschieden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte , er habe seinen Kollegen „mitgeteilt, dass die Überprüfung noch nicht abgeschlossen ist“. Weiter wollte er sich dazu nicht äußern. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, dass de Maizière auf der Innenministerkonferenz für die Aufnahme von drei Guantanamo- Häftlingen in Deutschland werben wolle.
Aus der Sicherungsverwahrung entlassene Gewaltstraftäter sollen künftig möglicherweise durch elektronische Fußfesseln überwacht werden. Das rechtliche Instrumentarium der Sicherungsverwahrung müsse nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte überprüft und ergänzt werden, sagte Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD). Mit Blick auf die Überwachung entlassener Gewalttäter sagte er: „Wir haben uns dazu durchgerungen zu sagen, dass dazu auch elektronische Maßnahmen gehören können.“
Die Innenminister wollen außerdem Angriffe gegen Polizisten und Rettungskräfte schärfer ahnden. Die Ressortchefs beschlossen einstimmig, den Strafrahmen bei Widerstand gegen Polizeibeamte von zwei auf drei Jahre zu erhöhen. Außerdem sollen Feuerwehrleute und Rettungssanitäter ebenfalls unter den Schutz des Gesetzes gestellt werden. Ausgeschlossen bleiben sollen private Sicherheitsdienste. Bei der zweitägigen Konferenz in der Hansestadt verständigten sich die Innenminister zudem auf eine härtere Gangart gegen Rockerkriminalität. Im Kampf gegen linke Gewalttaten wollen die Ressortchefs bis zur Herbsttagung einen abgestimmten Vorschlag vorlegen, wie Daten über linksextremistische Gefährder und Erkenntnisse aus dem Internet auch europaweit zwischen den Behörden ausgetauscht werden können. Das Thema Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspielen soll im Herbst ebenso noch einmal auf die Tagesordnung kommen wie das Thema Internetkriminalität. „Polizisten schützen die Freiheit, das Leben und das Eigentum der Bürger“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). „Sie verdienen, wenn sie angegriffen werden (...) einen besonderen Schutz.“ Üblicherweise sei er kein Freund von Strafverschärfungen. Doch in diesem Fall unterstütze er eine Anhebung und sei auch dafür, dass Feuerwehrleute und andere Rettungskräfte einbezogen würden. Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) sagte: „Es geht mir darum, den Polizeibeamten, der auf Streife ist und angegriffen wird, zu schützen. (...) Das gleiche gilt für Feuerwehrleute oder Sanitäter, deren Einsatz zur Rettung von Menschen behindert wird durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt.“ Mit ihrem Beschluss blieben die Innenminister aber weit hinter den Forderungen zurück, die in den vergangenen Wochen von Unionspolitikern laut geworden waren.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zeigte sich enttäuscht. Beim Thema Gewalt gegen Polizisten sei ein deutlicheres Zeichen erwartet worden. Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, sprach von „symbolischen, populistischen Maßnahmen“. Der IMK-Vorsitzende, Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), wies in diesem Zusammenhang Kritik von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zurück. Diese hatte in einem Zeitungsinterview ein Sonderstrafrecht für Polizisten abgelehnt. In ihrem überarbeiteten Gesetzentwurf hat sie zwar nun ebenfalls den Strafrahmen von zwei auf drei Jahre angehoben.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte das Bundesjustizministerium auf, möglichst rasch einen Gesetzentwurf vorzulegen. Gleichzeitig kritisierte er erneut das Urteil des Europäischen Gerichtshofs: „Ich halte dieses Urteil (...) für völlig inakzeptabel. Es beschäftigt sich nur mit den Menschenrechten der Täter und überhaupt nicht mit den Menschenrechten der Opfer.“
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte Deutschland wegen einer nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung eines Gewaltverbrechers verurteilt. Die Straßburger Richter gaben einem mehrfach verurteilten Mann Recht , der seit 18 Jahren in einem hessischen Gefängnis in Sicherungsverwahrung untergebracht ist. Der Gerichtshof rügte, dass er trotz der zur Tatzeit geltenden Höchstdauer von zehn Jahren Sicherungsverwahrung so lange festgehalten wird – die Höchstfrist war erst später aufgehoben worden.