Harburg. Bis eine neue Bezirksamtsleitung bestellt ist, wird es Monate dauern. Doch es gibt viel zu tun. Warum sich zwei Beamte nun den Job teilen.
Ende September endete die Amtszeit der letzten Harburger Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen. Weil die Parteien der Harburger Bezirksversammlung gleichzeitig in Koalitionsverhandlungen befinden und sich dabei nicht über das ob und wie der Wiederwahl Fredenhagens einig wurden, zog diese ihre Bewerbung um eine zweite Amtszeit zurück. Nun muss die Stelle ausgeschrieben und neu besetzt werden. Das wird Monate dauern. So lange muss irgendjemand das Rathaus führen. Dieser „Irgendjemand“ sind zwei, und auch nicht irgendwelche Beamte. Die Steuerungsdezernenten Dierk Trispel und Christian Queckenstedt.
Trispel und Queckenstedt entschlossen sich, die „Einarbeitungsphase“ zu verlängern.
Üblicherweise hat ein Bezirksamt nur einen Steuerungsdezernenten (Früher: „Rechtsdezernent“), der für die praktische Arbeit der Verwaltungsführung zuständig ist, während Bezirksamtsleiter Politik machen und Stellvertreter der Bezirksamtsleitung ist, wenn diese nicht anwesend oder gar nicht vorhanden ist. Das wäre eigentlich auch in Harburg so. Dierk Trispel geht in Pension, Christian Queckenstedt ist sein Nachfolger. Seit August läuft die Amtsübergabe und Einarbeitung. Sie sollte eigentlich im November beendet sein. Dann wollte Trispel seinen Ruhestand antreten.
Durch den Kandidaturverzicht von Sophie Fredenhagen kam alles anders: Trispel und Queckenstedt entschlossen sich, die „Einarbeitungsphase“ zu verlängern. So hat Harburg jetzt weiterhin zwei Steuerungsdezernenten, allerdings mit einer klaren Arbeitsteilung: Dierk Trispel agiert als kommissarischer Bezirksamtsleiter und Christian Queckenstedt ist nun sein Steuerungsdezernent. Diese Lösung fanden auch das Personalamt und die für die Bezirke zuständige Wissenschaftsbehörde gut.
Dierk Trispel hat Erfahrung als Interimsbezirksamtsleiter
„Im Frühjahr muss das Steuerungsdezernat quasi parallel die Bundestags- und die Bürgerschaftswahl stemmen“, sagt Dierk Trispel. „Das ist mit viel Arbeit und großer Verantwortung verbunden. Das kann Herr Queckenstedt so in Ruhe machen, ohne sich um die Bezirksamtsleitung kümmern zu müssen.“
Dierk Trispel hat Erfahrung als Interimsbezirksamtsleiter. Während des krankheitsbedingten Ausfalls von Thomas Völsch war er bereits einmal und nach Völschs Tod noch einmal für längere Zeit „Bürgermeister“ von Harburg.
Dass die Übergangslösung mit zwei Steuerungsdezernenten dienstrechtlich funktioniert, liegt daran, dass Dierk Trispel mit seinen 63 Jahren zwar schon in Pension gehen kann, aber längst noch nicht muss. Der Volljurist ist seit 30 Jahren im Bezirksamt tätig und hat dem Bezirk mittlerweile 20 Jahre als Leiter des Dezernats 1 – „Steuerung und Service“, in früheren Bezeichnungen auch „Verwaltungsdezernat“ oder „Rechtsdezernat“ gedient.
Als „D1“ plant und steuert man alle kurz- und langfristigen Prozesse einer Bezirksverwaltung, die immerhin rund 800 Mitarbeiter hat. „Das ist eine sehr vielseitige Tätigkeit, das hat mich immer gereizt“, sagt er.
„Die Aufgaben ändern sich rasant! Wir müssen im großen Stil neues Personal gewinnen und dafür sorgen, dass die Mitarbeiter sich hier wohlfühlen und bleiben.““
Als junger Mann hat Trispel in Harburg gelebt, mittlerweile wohnt er in Stade. „Die Zugfahrt nutze ich für gute Bücher“, sagt er. „Danach muss ich mich bewegen. Erst dann ist wirklich Feierabend.“
„Harburg ist ein sehr vielseitiger Bezirk mit Ecken und Kanten und mit vielen Möglichkeiten, mehr als andere Bezirke“, sagt er. „Das macht den Bezirk so reizvoll.“
Nach Senatskanzlei, Finanzbehörde und Eimsbüttel kam Queckenstedt nach Harburg
Auf die Verwaltung sieht er große Verantwortung zukommen: „Die Aufgaben ändern sich rasant“, sagt er. „Gleichzeitig müssen wir im großen Stil neues Personal gewinnen und dafür sorgen, dass die Mitarbeiter sich hier wohlfühlen und bleiben. Wir stehen da in Konkurrenz mit anderen Bezirken und Behörden und auch mit der freien Wirtschaft.“
Umso schöner findet er es, dass das Bezirksamt eine geringe Personalfluktuation hat, wenn man von der bevorstehenden Welle der altersbedingten Abgänge einmal absieht. Ein wenig sieht er das auch als seinen Erfolg, aber nur ein wenig. „Man ist hier immer ein Teamplayer“, sagt Trispel. „Wir alle müssen Harburg ständig noch lebenswerter machen und erhalten.“
„Die Arbeit in der Bezirksverwaltung mag ich deshalb besonders gerne, weil man näher dran an den Menschen ist und schnell eine direkte Auswirkung seines Handelns bemerkt“
Anders als Dierk Trispel ist Christian Queckenstedt kein Jurist. Er ist aber auch kein Laufbahn-Beamter von der Verwaltungsschule, sondern studierter Volkswirt, der über ein Referendariat den Quereinstieg in die öffentliche Verwaltung vollzog. Nach Stationen in der Senatskanzlei, der Finanzbehörde und dem Bezirksamt Eimsbüttel kam er nach Harburg und blieb.
„Die Arbeit in der Bezirksverwaltung mag ich deshalb besonders gerne, weil man näher dran an den Menschen ist und schnell eine direkte Auswirkung seines Handelns bemerkt“, sagt er. „Wir sind bei allem beteiligt, was sich im Bezirk abspielt. Das macht die Aufgabe so spannend.“
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Lange hat Christian Queckenstedt in Eißendorf gewohnt. Als die Kinder kamen, zog die Familie nach Lüneburg. Nach Feierabend ist der 43-jährige als Vater dreier Töchter gefordert.
Queckenstedts Einarbeitung als Steuerungsdezernent begann nicht erst im August. Zuvor war er schon die Nummer zwei im Dezernat und vertrat Dierk Trispel, wenn der mal freihatte. Ewig wird das nicht gehen. Dierk Trispel hat seinen Abschied jetzt auf April verschoben. Dass bis dahin ein neuer Bezirksamtsleiter oder eine neue Bezirksamtsleiterin gefunden ist, ist zwar theoretisch möglich, aber praktisch unwahrscheinlich. Dann hat Christian Queckenstedt erst einmal das Ganze.