Harburg. Stadtmuseum Harburg lädt von morgen an zur Zeitreise in das Hamburg der 50er und 60er-Jahre. Wir zeigen schon heute die ersten Motive.
Im Herzen von Harburg die Hamburger Nachkriegszeit betrachten: Das macht die neue Ausstellung „Hamburg von oben – Ein historischer Rundflug“ des Stadtmuseums Harburg vom morgigen Donnerstag an möglich. Bis zum 23. März präsentiert das Museum an der Knoopstraße Luftbilder aus der Zeit von 1956 bis 1969.
Aufgenommen hat die Bilder der Fotograf Günther Krüger (1919–2003). Im Auftrag des Hamburger Abendblatt stieg er in Hubschrauber oder Kleinflugzeuge und dokumentierte die Wirtschaftswunderjahre, aber auch die noch sichtbaren Kriegsfolgen und die Sturmflut 1962. Um das perfekte Bild zu bekommen, ließ der Fotograf den Hubschrauber oft auf nur 100 Meter heruntergehen, wofür jedes Mal eine Ausnahmegenehmigung besorgt werden musste.
Hamburger Rundflug startet am Jungfernstieg und führt bis nach Harburg
Günther Krüger war 1953 der erste fest angestellte Fotograf beim Hamburger Abendblatt und blieb bis 1966. In diesen Jahren hat er entscheidende Entwicklungen der Hamburger Geschichte mit seiner Kamera festgehalten. Es waren die Jahrzehnte, in denen aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs das heutige Stadtbild entstand. Manche Gebäude, die den Krieg überstanden hatten, wurden nun für die „autogerechte Stadt“ dem Erdboden gleichgemacht.
In der Ausstellung startet der fotografische „Rundflug“ aus 45 Aufnahmen am Jungfernstieg. Der Bau der Ost-West-Straße, das Entstehen der Hamburger City mit Hochhäusern, neuen Brücken und Verkehrsverbindungen – all das dokumentierte Krüger aus der Luft. Auch den Bezirk Harburg nahm der Fotograf mehrfach aus der Vogelperspektive ins Visier.
Fröhliche, aber auch bedrückende Dokumente der Zeitgeschichte
Er fängt fröhliche Momente ein, etwa das Vogelschießen der Harburger Schützengilde im Juni 1963 auf dem Schwarzenberg. Auf der anderen Straßenseite ist die Schwarzenbergkaserne zu sehen, die längst zu großen Teilen zum Hauptgebäude der Technischen Universität konvertiert ist. Andere Bilder zeigen die jährliche Campingsausstellung auf dem Dach von Karstadt Harburg. Ein Ausdruck des Wirtschaftswunders, das heute in zweifacher Hinsicht Geschichte ist.
Aber es gibt auch traurige, dramatische Szenen. Die eindrücklichsten hielt Krüger im Februar 1962 fest, als er wenige Tage nach der Sturmflut in der Nacht zum 17. Februar Rundflüge über die überfluteten Gebiete machte. Der Hamburger Süden stand unter Wasser. Die Flut forderte 315 Todesopfer. Vielen älteren Bewohnern im Hamburger Süden sind die dramatischen Stunden und Tage bis heute präsent.
Fotograf Jürgen Joost hob den Fotoschatz von Günther Krüger
Die 60 bis 70 Jahre alten Bilder von „Luftbild-Krüger“, wie Kollegen ihn nannten, sind von hoher Qualität. Dass sie heute einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind, ist dem Fotografen-Kollegen Jürgen Joost zu verdanken. Er fand in einem Antiquariat erste Fotos von Günther Krüger. „Ich war total geflasht, als ich diese Bilder entdeckt habe“, sagte Joost, der als freier Fotograf auch für das Abendblatt und die Bergedorfer Zeitung arbeitete, einem ehemaligen Kollegen.
Begeistert von der Qualität und den besonderen Blickwinkeln, machte er sich auf die Suche nach weiteren Werken. 2016 ging schließlich das komplette Archiv von Krügers Sohn an Jürgen Joost über. Seitdem gab es Ausstellungen in Lübeck (2020) und Bergedorf (2023).
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Gemeinsam mit Joost hat das Stadtmuseum Harburg nun eine Ausstellung zusammengestellt, die einen historischen Rundflug von der Hamburger Innenstadt über Alster, Elbe und den Stadtteil Wilhelmsburg bis nach Harburg zeigt. Die historischen Fotos werden durch informative Texte und Lagepläne der wichtigsten Gebäude und späteren Neubauten ergänzt.
Fotografischer Schatz: Harburgs Luftbildfundus ist noch viel größer
Mindestens ein Foto von Günther Krüger, die Camping-Ausstellung auf dem Karstadtgebäude anno 1969, war bereits in die vorangegangene Ausstellung „Harburg von oben“ (28. April 2023 bis 28. April 2024) eingeflossen. Sie setzte zeitlich aber viel früher an, zeigte auch Vorkriegsfotos und die in Luftbildern dokumentierte Zerstörung Harburgs durch die Bombardements der alliierten Streitkräfte.
Was die Nachkriegszeit betrifft, ist es gut möglich, dass die jetzige Schau „Hamburg von oben“ nicht die letzte Luftbildausstellung im Stadtmuseum Harburg bleiben wird: Mit finanzieller Unterstützung der Sparkasse Harburg-Buxtehude hat das Museum im Vorjahr rund 400 Luftbilder von Günther Krüger für seine Fotosammlung erwerben können. Teil eins dieses bedeutenden fotografischen Schatzes wird nun gezeigt.