Landkreis Harburg. In die Sennhütte von Sternekoch Karlheinz Hauser kamen sie alle – um zu feiern und zu schlemmen. Nun hat ein neues Kapitel begonnen.
- Die Almhütte am Süllberg zählte zu den beliebtesten Partyspots in ganz Hamburg
- Geführt wurde sie von Spitzenkoch Karlheinz Hauser, der hier Schweinshaxen und Brathendl servierte
- Doch 2021 war Schluss: Die gemütliche Sennhütte mit Elbblick wurde abgebaut und in Einzelteile zerlegt
Mei, des war e Gaudi! Zünftige Holzbänke, rot-weiß karierte Tischdecken, Geweih-Lampen und urige Dekoration: In Hausers Almhütte auf dem Süllberg wurde auf den Tischen getanzt oder einfach nur ein Glas Punsch auf der Terrasse getrunken – mit traumhaftem Elbblick. Model Lena Gercke feierte hier ebenso Moderator Steven Gätjen, Schauspieler Stephan Luca oder die Sängerinnen Vanessa Mai, Jasmin Wagner und Lena Meyer-Landrut.
Es gab alpenländische Spezialitäten wie Schweinshaxen, Wiener Backhendl, Brotzeitbrettl, Obadzda, Grießknödeln mit Marillen oder Kaiserschmarrn. Manchmal wurde Schweizer Raclette oder Fondue angeboten.
Kult-Location in Blankenese: In der Almhütte ging nichts ohne vorherige Reservierung
Die Hamburger liebten es, nach ausgedehnten winterlichen Spaziergängen auf den Süllberg zu kommen und in die gemütliche Stube von Hausers Alm einzukehren, um sich bei einem heißen Tee oder Glühwein aufzuwärmen. Die Almhütte auf 75 Metern Höhe war so beliebt, dass man nur mit Reservierung sicher davon ausgehen konnte, einen Platz zu ergattern.
Für manche Hamburger Familie war der Besuch der Hauser-Alm zu Weihnachten ein alljährliches Ritual – etwas teurer vielleicht als anderswo, aber im Vergleich zur Sterne-Gastronomie des Spitzenkochs nebenan noch ein Schnäppchen. Man wusste ja vorher, wo man hingeht: Auf dem Süllberg war Gastro-Unternehmer Hauser verantwortlich für das gleichnamige Fünfsternehotel, die Restaurants Seven Seas mit zwei Michelin-Sternen sowie Deck 7, den Ballsaal, einen Biergarten im Sommer, ein Catering-Unternehmen – und die Almhütte im Winter.
Wie Almhütte des Spitzenkochs in den Landkreis kam
Mit dem Weggang des aus dem Fernsehen bekannten Spitzenkochs wurde auch die Almhütte abgebaut. Sie ruhte auf drei Sattelzügen, im Gespräch war ein Umzug in die Barockstadt Rastatt. Doch es kam alles ganz anders. Die Hütte ging in den Landkreis Harburg und steht seit kurzem: in Tostedt!
Und das kam so: In dem Ort – sonst nicht gerade der Nabel der Gastro- und Wirtschaftswelt – befindet sich mit der Friedrich Vorwerk Group SE einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region. Das 1962 als kleiner „Baggerbetrieb“ gegründete Unternehmen verfügt mittlerweile über 18 Tochtergesellschaften und beschäftigt an die 2000 Mitarbeiter an 13 Standorten in Deutschland und Europa.
Zur Pflege von Geschäftskontakten und als Dankeschön an die eigenen Leute hatte das inzwischen börsennotierte Unternehmen eine Zeit lang eine Loge beim HSV gebucht, für die Hausers Firma das Catering lieferte. „So ist der Kontakt zustande gekommen“, berichtet Torben Kleinfeldt, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Vorwerk-Gruppe. „Und als wir hörten, dass die Almhütte noch zu haben ist, haben wir zugegriffen.“
Almhütte vom Süllberg kam komplett in alle Einzelteile zerlegt an
Das traditionsreiche Tostedter Unternehmen gilt als ein Treiber der europäischen Energiewende in den Kernmärkten Erdgas, Strom und Wasserstoff und gehört zu den größten deutschen Anbieter im komplexen Rohrleitungs- und Anlagenbau für Netzbetreiber, Industrie, Kommunen und Energieversorge. Das Geschäft läuft gut, das Unternehmen wächst weiter.
Im vergangenen Jahr ist die Friedrich Vorwerk Gruppe deshalb auf ein modernes Betriebsgelände in einem Gewerbegebiet an der B75 am Ortsrand von Tostedt umgezogen. Das Firmengebäude überzeugt mit zeitgemäßer Architektur aus Beton, Stahl und Glas. Aus den Büros gucken die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über Wald und Wiesen – und neuerdings auf die ehemalige Almhütte vom Süllberg.
Pauken, wo einst getanzt und geschlemmt wurde
„Wir werden dort interne Schulungs- und Weiterbildungsveranstaltungen durchführen. Auch andere interne Veranstaltungen mit einem großen Teilnehmerkreis werden dort stattfinden“, sagt Rica Achterberg, Leiterin des Bereichs Personal und Kommunikation. Derzeit werde die entsprechende Technik installiert. „Und an den Abenden, an denen die Hütte nicht für solche Zwecke geblockt ist, freuen sich dann unsere Mitarbeiter über einen gemütlichen Platz für ein gemeinsames Feierabendbierchen“, so Achterberg. Ideen für andere Nutzungsmöglichkeiten seien derzeit noch „in der Mache“.
„Die Hütte kam komplett zerlegt bei uns an“, erzählt Torben Kleinfeldt. Als Vorbereitung musste zunächst eine Betonsohle gegossen werden, dann erfolgte die Aufstellen der Holzkonstruktion durch Vorwerk-Mitarbeiter. Sie erhielten dabei Unterstützung von zwei Experten, die dafür extra aus Bayern angereist waren.
Inzwischen steht das etwa 120 Quadratmeter große Holzgebäude mit Platz für rund 150 Personen fast wieder im alten Glanz da. Zurzeit wird es von den Vorwerk-Experten an die Versorgungsleitungen angeschlossen und von den Mitarbeitern schon gern genutzt. Gerade sitzen ein paar Mitarbeiter um einen der Holztische und genießen ein alkoholfreies Bier. „Komm‘ Torben, trink eins mit“, rufen sie ihrem Chef zu. Der setzt sich umgehend dazu. „Genau das soll die Hütte ja auch bieten“, sagt er. „Hier sollen die Mitarbeiter entspannt zusammenkommen können.“
Almhütte vom Süllberg gehörte ursprünglich der Erdinger-Brauerei in Bayern
Es sieht schon fast so aus wie früher auf dem Süllberg: außen mit Zierbalkon, Hauser-Logo und dem Schild der Erdinger-Weißbier-Brauerei. Ursprünglich bewirtete die Brauerei in der urigen Hütte Kunden auf der Internorga, der Fachmesse für Gastronomie und Hotellerie in Hamburg. In den Wintermonaten wurde die Almhütte dem Gastronomen Karlheinz Hauser für den Einsatz auf dem Süllberg zur Verfügung gestellt. Spätestens Ende März wurde sie wieder abgebaut. Das ging rund zehn Jahre so – bis zur Aufgabe des Gastro-Imperiums des Spitzenkochs in Hamburgs noblen Elbvorort.
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Der riesige Geweih-Lüster hängt bereits wieder, ebenso die rot-weiß karierten Gardinen vor den Sprossenfenstern. Tische und Bänke stehen bereit. Es dauert nicht mehr lange, dann wird das urige Schulungszentrum fertig sein.
Auch die eine oder andere Gaudi dürfte dann in der einst so populären Almhütte aus Blankenese wieder stattfinden. Nicht auf dem Süllberg und nicht mit Karlheinz Hauser, sondern auf dem Betriebsgelände eines Innovationstreibers aus dem Landkreis Harburg. Aber das passt ja auch irgendwie: Wer gemeinsam arbeiten kann, darf schließlich auch gemeinsam feiern.