Hamburg. Bebauungsplan für das citynahe Rathausviertel ist beschlossen. Erschließung folgt im Winter, Baubeginn ist 2025. Was hier genau entsteht.
Es ist selten, dass bei einer IBA-Präsentation der ganze Saal klatscht. Viele Menschen haben kritische Fragen. Die Bauwilligen wollen schneller loslegen, als es geht, die Anwohner fürchten um ihre gewohnte Idylle im Allgemeinen sowie den Ausblick und ihre Parkplätze im Besonderen.
Diesmal war es anders: Als IBA-Projektkoordinator Christian Hinz verkündete, dass der Bebauungsplan für das Wilhelmsburger Rathausviertel seit Kurzem beschlossen ist, klatschten fast alle Anwesenden. Denn selbst, wenn sie an einem der beiden anderen Quartiere interessiert sind, bedeutet das: Auch bei ihnen kann es bald losgehen.
Immobilien Hamburg: 20 Prozent der Fläche in Wilhelmsburg sind für Baugemeinschaften vorgesehen
Das Wilhelmsburger Rathausviertel ist das südlichste der drei Neubaugebiete, die die IBA auf und entlang der ehemaligen Trasse der Wilhelmsburger Reichsstraße plant. Bis auf drei Baufelder, die südlich angrenzen, erstreckt es sich zwischen Dratelnstraße und Rathauswettern von der Mengestraße bis zur Thielenstraße. Auf 32 Hektar Fläche entstehen hier 1600 Wohnungen verschiedener Größe. 12 der 32 Hektar sind als Freiflächen vorgesehen.
Geschosswohnungsbau soll sich mit Stadthäusern mischen, geförderter – und damit für die Mehrheit bezahlbarer – Wohnungsbau soll dominieren, aber frei finanzierter Wohnungsbau möglich sein. 20 Prozent der Fläche sind für Baugemeinschaften vorgesehen. Das Interesse an diesen Baufeldern– wie auch an denen in den anderen Quartieren – ist groß.
Nicht nur die künftigen Bauherrenkollektive freuen sich, sondern auch die IBA, die nach langer Planung und intensiven Gesprächen mit dem Baudezernat des Bezirksamts Hamburg-Mitte nun einen starken Verwirklichungsdrang hat: „Der Startschuss für das Wilhelmsburger Rathausviertel freut uns sehr, denn er ist ein ganz wichtiger Baustein für den Sprung über die Elbe“, sagt IBA-Geschäftsführer Kay Gätgens. „Damit entwickeln wir für die Hamburgerinnen und Hamburger bezahlbaren und lebenswerten Wohnraum in zentraler Lage mit einem großen Anteil von Grün- und Freizeitflächen.“
Insgesamt werden in der Region sogar 4800 Wohnungen entstehen
Insgesamt sollen im Rathausviertel, im nördlich anschließenden Elbinselquartier sowie nördlich davon im Spreehafenviertel 4800 Wohnungen geschaffen werden. Schulen, und Sportanlagen sind geplant, vorhandene Sportanlagen werden integriert. Allein 15 Kindertagesstätten sind vorgesehen. Quartiersplätze, ein zentraler Radschnellweg; zum Teil – wie Kopenhagens „Supercykelsty“ – sogar als Hochstraße sowie Carsharing- und Stadtradstationen. Die soziale Mietpreisbindung gilt auf einigen Baufeldern für bis zu 100 Jahre.
Aktivisten „renaturierten“ Quartiersmodell mit Spielzeuggrünzeug
Das Rathausviertel soll Pilotprojekt für die Hamburger Initiative „kostenreduziertes Bauen“ werden. Deren Konzept will Stadtentwicklungssenatorin Karin Pein demnächst detailliert vorstellen. Im Wesentlichen geht es dabei darum, Vorschriften zu entrümpeln und damit Bauherren und Bauprüfern Arbeit und Zeit, letztlich also Geld, zu sparen.
Erste Bauvorbereitungen und Erschließungen für das Rathausviertel sind noch in diesem Winter vorgesehen. Der Hochbau soll in der zweiten Jahreshälfte 2026 starten. Um etwa ein halbes Jahr versetzt soll die Nordhälfte des Elbinselquartiers Baubeginn feiern. Die Südhälfte und das Spreehafenviertel werden nach gegenwärtigem Zeitplan erst 2030 baureif.
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So sehr die angekündigten Baustarts die meisten im Saal auch freuten: Kritik an den Bauplänen gab es ebenfalls. Einige Umweltaktivisten kritisieren seit längerem die Pläne für das Spreehafenviertel, weil dafür eine seit der Sturmflut von 1962 brach liegende und seitdem mit diversen spontan ausgesäten Bäumen bestandene Fläche gerodet werden soll. Der soziale Wohnungsbau würde hier Profitgier über Naturschutz stellen, so ihre Meinung. Das Modell des Spreehafenviertels bestreuten sie mit Grünflächenpulver und beklebten es mit Plastikbäumchen, beides im Modellbahnhandel erhältlich.
Die Bebauungsplanverfahren für das Spreehafenviertel und das südliche Elbinselquartier befinden sich noch in Stadien, in denen sie politisch und juristisch beeinflusst werden können.