Harburg. Elektronik können sie alle im Electrum Harburg. Aber nähen? Doch genau diese Fertigkeit ist gerade gefragt, um ein Unikat zu bewahren.
Handarbeit ist ihre Leidenschaft, aber auch für Technik interessiert sie sich: Zusammen mit ihrem Freund Elias entdeckte Yelyzaveta Samoshkina vor knapp einem Jahr das electrum in Harburg. Das Museum der Elektrizität an der Unterführung zwischen der Neuen Straße und der Harburger Schloßstraße fasziniert das junge Paar.
Die beiden sind zu Stammgästen geworden, die für jeden Besuch aus Geesthacht anreisen. Jetzt legt Samoshkina, die alle nur Lisa nennen, selbst Hand an.
Museum Hamburg: Besucherin entdeckt Schaden und rettet Ausstellungsstück
„Die junge Frau entdeckte, dass der Stoff einer historischen Lampe stark beschädigt war und dass die Elektro-orientierten ehrenamtlichen Museumsmitarbeiter wohl nicht in der Lage sein werden, die Lampe wieder herzustellen“, sagt Wilfried Brunckhorst vom electrum. Er freut sich über Lisas Engagement.
Die empfindet ihren Einsatz als kleine Sache: „In zwei Stunden ist das fertig. Ich bin begeistert vom Museum und finde diese Lampe spannend. Die Stoffbahn, die ich gerade annähe, lässt sich mit einer Kordel zuziehen und damit die Lampe dimmen.“
In Charkiw geboren, in München aufgewachsen, in Hamburg gelandet
Der erste Lampendimmer kommt also ohne Elektrik aus, er braucht nur ein Stückchen Stoff. Das hatte die Museumscrew für Lisa besorgt, die dann etwas verzögert loslegte: „Ich musste erst noch meine Bachelor-Arbeit abliefern. Jetzt fehlt nur noch die mündliche Prüfung am 12. September.“ Das ist noch ein bisschen hin, und so kommt nun die alte Lampe zu ihrem Recht.
Lisa liebt Handarbeit, bestrickt die ganze Familie. In Charkiw geboren, kam sie mit ihren Eltern im Alter von drei Jahren nach Deutschland und wuchs in München auf. „Ich besuchte eine Waldorfschule, da wurde viel gehandarbeitet. Auch meine Mutter mag das. Wir haben in der Schule gestrickt und gehäkelt, mit Ton gearbeitet, geschnitzt, Körbe geflochten.“ Es gebe immer wieder Phasen, in denen sie viel strickt und häkelt, erzählt die 25-Jährige. Das Töpfern und Holzschnitzen vermisse sie, denn das sei in ihrer Wohnung nicht möglich.
Nach dem Sprachstudium möchte Lisa Logopädin werden
Vor fünf Jahren wechselte Lisa die Großstadt. Sie verließ ihre Eltern, die jüngere Schwester und den jüngeren Bruder, zog von München nach Hamburg. Um an der Universität Slawistik zu studieren. Mit Sprachprofil russisch, passend zu ihren ukrainischen Wurzeln. „Ich habe mich für ein Sprachstudium entschieden, weil ich es für einfach hielt“, erzählt sie. „Aber Slawistik ist kein Beruf. Es ist eher eine gute Grundlage für einen Beruf.“
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Lisa möchte Logopädin werden. „Die Logopädie interessiert mich. Es geht um die Entwicklung von Kindern, von sprachlichen Fähigkeiten. Auch medizinische Kenntnisse im HNO-Bereich werden vermittelt. Meine linguistischen Grundlagen und das Interesse an Sprachen sind dafür sehr nützlich.“ Und natürlich ihr perfektes Hochdeutsch, das Samoshkina trotz ihrer bayerischen Herkunft spricht.
„Als wir das electrum entdeckt haben, waren wir drei Wochen hintereinander da“
Mit den Händen etwas zu nähen macht Lisa mehr Spaß als mit der Nähmaschine, sagt sie – „da verliere ich schnell die Geduld“. Dass sie ein Faible für das Harburger Technikmuseum hat, liegt vor allem an ihrem Freund. „Er ist technikbegeistert, ist ausgebildeter Mechatroniker und beginnt gerade neben der Arbeit ein Fernstudium zum Wirtschaftsingenieur. Wenn er mehr Zeit hätte, würde er sich bestimmt im electrum engagieren.“
„Als wir das electrum entdeckt hatten, waren wir drei Sonntage hintereinander da“, sagt Samoshkina. Inzwischen kommen die beiden mit Verwandten oder Freunden nach Harburg. Vor knapp einem Monat war das Paar mit Elias Mutter und dem jüngeren Bruder im Museum.
Electrum Harburg: Am kommenden Sonntag wird das kleine Reparaturprojekt fertig
„Wir hatten nicht viel Zeit, und ich bin mit seiner Mutter als Erstes in den Bereich mit den Haushaltsgeräten gegangen“, sagt Lisa. „Da ist mir die Lampe aufgefallen. Sie ist leicht zu reparieren, und ich habe vorgeschlagen, das zu übernehmen.“
Am kommenden Sonntag wird der Lampenschirm fertig. Ein anderes Handarbeits-Projekt läuft weiter: „An der Uni hat sich eine Strickrunde gebildet. Wir sind zu fünft und wollen auch nach Abschluss des Studiums weitermachen.“