Harburg. Bezirksversammlung tritt erstmals nach der Wahl zusammen. Umstrittene AfD-Politikerin hatte sich nach Russland absetzen wollen.
- Politisch unwichtig, aber immer für eine Story gut: Die schillernde Rechtsaußen Olga Petersen
- Koalitionsfrage noch ungeklärt, Sondierungen laufen weiter
- Ein Knackpunkt: Die Wiederwahl der Bezirksamtsleiterin im September
Die Stimmen sind ausgezählt und die Mandate stehen erst einmal fest. Am 16. Juli um 17.30 Uhr tritt die Harburger Bezirksversammlung zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Dass dann schon feststeht, wer mit wem eine Koalition eingeht, ist unwahrscheinlich. Den Anspruch, sich den oder die Partner zu wählen, hat die SPD. Sie wird auch weiterhin das vorsitzende Mitglied der Bezirksversammlung stellen.
Olga Petersen: Erst abgetaucht, jetzt wieder auf sozialen Medien aktiv.
Eine für die tatsächliche Bezirkspolitik eigentlich unwichtige Frage wird erneut übergroße Aufmerksamkeit beanspruchen: Kommt Olga Petersen (AfD) oder nicht? Schon in der vergangenen Legislatur war die Rechtsaußen unter den Rechtsaußen höchstens gelegentlich bei Sitzungen. Entscheidende Beiträge zum Diskurs leistete sie auch nicht. Da sie mit spontanen Russlandreisen inklusive Kreml-Propaganda und zuletzt sogar Gerüchten um einen Umzug in die russische Föderation einerseits und einem Parteiausschlussverfahren der AfD anderseits immer wieder für amüsante Lektüre sorgt, dürfte auch diesmal Spannung herrschen, was mit ihr ist.
Von der Bezirksliste der ARD wurde sie kurzerhand gekippt. Trotzdem errang die in Omsk geborene Arzthelferin dank der Unterstützung der Russlanddeutschen-Gemeinde, die in der Region Süderelbe besonders stark ist, ein Wahlkreismandat für Hausbruch.. Und nachdem es zuletzt so ruhig um sie war, dass man tatsächlich denken konnte, sie hätte sich woanders häuslich eingerichtet, war sie in den vergangenen Wochen zumindest in sozialen Medien wieder aktiv und warf Parolen, wie „bekämpft, aber nicht besiegt!“ in die Netzöffentlichkeit.
Die Abgeordneten von SPD, CDU und Grünen in Harburg
Mit 15 Mandaten ist die SPD stärkste Fraktion im Bezirksparlament. Ihre Abgeordneten sind Okşan Karakus, Benizar Gündoğdu, Arne Thomsen, Sven Hey, Nicole Hartmann, Michael Dose, Dennis Wacker, Mehmet Kizil, Holger Böhm, Frank Richter, Natalia Sahling, Beate Pohlmann, Markus Sass, Klaus Fehling und Eftichia Olovsson-Saviolaki. Bisheriger Fraktionsvorsitzender war Frank Richter, der wohl auch erneut den Anspruch auf das Amt erhebt.
Die CDU zieht gestärkt mit 12 Abgeordneten ins Gremium ein: Axel Backhaus, Michael Schäfer, Rainer Bliefernicht, Uwe Schneider, Martin Hoschützky, Lars Frommann, Werner Hans-Joachim Timmann, Robert Timmann, Brit-Meike Fischer-Pinz, Christin Detje, Thore Bliefernicht und Silke Ottow.
Die Grünen-Fraktion ist auf eine einstellige Abgeordnetenzahl eingedampft und hat nur noch acht Mandate. Ihr gehören an: Maike Dieckmann, Enja Maria Knipper, Sarah Pscherer, Regina Marek, Kai Ringlau, Bianca Blomenkamp, Britta Ost und Michael Sander. Nur vier der acht waren bereits Bezirksabgeordnete.
Sieben Mandate für die AfD – kehrt Olga Petersen zurück?
Viertstärkste Fraktion wird die AfD mit sechs Abgeordneten: Helge Ritscher, Helmut Amrhein, Patrick Matthias Rogozenski, Adrian Johannes Leuser, Harald Feineis und Andreas Ehlers. Olga Petersen gehört der Fraktion nicht an und wird als fraktionslose AfD-Abgeordnete geführt.
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Vier Abgeordnete für die Linken, drei für Volt, zwei für FDP
Mit nur noch vier Abgeordneten sind die Linken im Rathaus: Jörn Lohmann, Xenija Melnik, Simon Dhemija und Sven Olaf Fennen.
Die Neupartei Volt hat drei Mandate und wird eine alte Bekannte in die Versammlung schicken: Isabel Wiest, Jan-Martin Thoden und Christian Schmans. Wiest war bereits für zwei andere Parteien Abgeordnete.
Die FDP wird mit zwei Abgeordneten nur eine sogenannte „Gruppe“ ohne Fraktionsrechte stellen. Ihre Mandate nehmen Dirk Kannengießer und Annett Musa wahr.
Nach der Wahl noch einmal Stühlerücken in Heimfeld
Eine Besonderheit gab es im Wahlkreis 5, Heimfeld: Dort hatte nach dem vorläufigen Ergebnis die AfD einen der vier Wahlkreissitze gewonnen. Bei der Auszählung für das Endergebnis ergab sich dann jedoch ein hauchdünner Vorsprung von vier Stimmen für die Wahlkreisliste der Linken.
An der zahlenmäßigen Zusammensetzung der Bezirksversammlung rüttelt das nicht, denn der gewonnene Wahlkreissitz wird den Linken von den Mandaten, die sie über die Bezirksliste erhielt, abgezogen und der AfD zugeschlagen. Deren Wahlkreiskandidat Adrian Johannes Leuser zieht jetzt über die Bezirksliste ein. Bei der Linken hingegen hat die Neuauszählung personelle Auswirkung: Für den neu gewonnenen Wahlkreisvertreter Sven Olaf Fennen muss Bezirkslistenkandidat Eric Golbs auf sein Mandat verzichten.
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Bei der heutigen Sitzung geht es hauptsächlich um Formalien: Den Vorsitz der Bezirksversammlung, den Sitzungsrhythmus, den Ältestenrat und den Jugendhilfeausschuss. Der ist gesetzlich vorgesehen und wird deshalb sofort besetzt. Welche anderen Ausschüsse es geben soll, entscheidet eine mögliche Koalition. Die ist aber noch nicht abzusehen. Die Akteure in den Sondierungsgesprächen sind nach außen verschwiegen. Wer aber andere Menschen fragt, die etwas wissen, erhält ein diffuses Bild einer schwierigen Lage:
Rot-Grün-Rot scheint daran zu scheitern, dass die Linke überhaupt nicht will. Für die SPD als stärkste Fraktion bliebe dann nur die CDU. Das tat der SPD schon einmal mächtig weh und die CDU hat bereits angekündigt, eine zweite Amtszeit Sophie Fredenhagens als Bezirksamtsleiterin nicht zu unterstützen. An der ersten Kandidatur Fredenhagens war bereits die letzte GroKo zerbrochen. Eine Alternative zu Fredenhagen hat die CDU allerdings auch noch nicht präsentiert. Sie sollte sich beeilen, wenn es ihr ernst ist: Anfamg September steht diue Bestätigung der Amtsleiterin an.