Hamburg. Die Spätaussiedlerin sitzt für die AfD in der Bürgerschaft und kandidiert für den Bundestag. Wir haben sie getroffen.

Da war diese Muslima im Laden, deren Kinder Sachen aus den Regalen spielten: „Meiner Tochter hat die Verkäuferin das verboten. Der anderen Mutter würde sie aber nichts sagen, weil sie sonst als Nazi beschimpft werde.“ Diese Situation sei für sie die Initialzündung gewesen, sich politisch zu engagieren, sagt Olga Petersen: „Das geht so nicht, da muss man mit dem Finger drauf zeigen. Wenn wir wollen, dass die sich hier integrieren, müssen wir Regeln vorgeben“, sagt die Frau, die als 16-Jährige aus der sibirischen Großstadt Omsk nach Deutschland kam. Hier musste die Spätaussiedlerin zunächst Hochdeutsch erlernen.

Bundestagswahl 2021: Olga Petersen (AfD) kandidiert für den Bundestag

Sie wurde Arzthelferin in der Onkologie: „Der Fachärztemangel lässt sich nicht durch mehr Migration beheben. Wir müssen die Pflegeberufe attraktiver machen, anstatt Leute für ‘nen Appel und ein Ei aus Polen zu holen.“ 2018 trat die heute 38-Jährige in die AfD ein: „Deine Argumente haben Hand und Fuß“, hätten die Freunde gesagt, mit denen sie früh morgens oder auch sehr spät abends Wahlplakate aufhängte („sonst werden wir von Jugendlichen angepöbelt, die Plakate sofort zerrissen“).

Der OP-Saal muss nun warten: 2020 ist Petersen in die Hamburger Bürgerschaft eingezogen. Auf Platz zwei der Landesliste macht sie aktuell Politik im Hauptjob – und ist zur Bundestagswahl AfD-Direktkandidatin für den Wahlkreis Harburg/Bergedorf/Wilhelmsburg.

Olga Petersen hat schon häufiger "Morddrohungen" erhalten

Das Büro im Hamburger Rathaus ist besetzt, wir wechseln in die „Kopfstelle“, wie sie das Büro des AfD-Landesverbandes nennt. Auf dem fünfminütigen Fußweg dahin erzählt sie von ihren vier Kindern, 20, 12, 9 und 6 Jahre alt. „Beim ersten wurde noch in der Kita diskutiert, ob Schweinefleisch erlaubt sei, beim zweiten Kind gab es kein Schweinefleisch mehr. Und beim dritten Kind überlegte die Kita, ob das Fleisch halal sein müsse.“ Zu hiesigen Speisevorschriften nach islamischem Recht schüttelt sie den Kopf. Sie wolle stets ihre Meinung sagen dürfen. Obwohl sie „Morddrohungen“ erhalte à la „Wir kennen den Schulweg deiner Kinder!“

Zum Glück würden die aber immer mit dem Auto zur Schule gebracht, man sei gut vernetzt in der Nachbarschaft. In Flyern fordert sie: „Unsere Kinder sollen in einem freien demokratischen Land aufwachsen, wo keine Denkverbote existieren und die politische Haltung keine Rolle spielt.“

Das Impfen müsse freiwillig bleiben, auch für Wahlwillige

Die Familie ist das großes Thema der Alleinerziehenden. Auch in Zeiten von Corona, „wo dieser Generation 10 bis 15 Prozent der schulischen Laufbahn fehlen. Wie soll man diese Lücke schließen und den Kindern wieder Sicherheit und das Vertrauen in das Schulsystem zurückgeben?“ Dafür wolle auch die AfD Konzepte entwickeln, sagt sie.

Überhaupt die Pandemie und Diskussion um 2G oder 3G: „Das ist für mich eher 1 V – da hat die Regierung verkackt. Da ist es in dieser Pseudo-Demokratie nur noch eine Frage der Zeit, wann nur noch Geimpfte oder Genesene zur Wahlurne dürfen.“ Die Möglichkeit der Briefwahl ignoriert sie: „Wir schliddern in eine Diktatur. Und ich weiß, was das heißt.“ Das Impfen müsse freiwillig bleiben, auch für Wahlwillige.

Kritik zu Dieselmotoren geht Petersen auf die Nerven

Themawechsel: Welche Ideen sie zur Klimarettung habe? „Wir brauchen keine Klima-Hysterie, wenn Deutschland nicht mal zwei Prozent der Emissionen verursacht, während in China quasi wöchentlich ein neues Kraftwerk ans Netz geht. Da sollten wir lieber Geld in gute Filter für China und Indien investieren.“ Und auch die ganze Kritik zu Dieselmotoren gehe ihr auf die Nerven: „Die haben heute eine bessere Ausstoßwirkung als die Luft in vielen Großstädten.“

Okay, noch mal Themawechsel: Wie ist ihr Standpunkt zur Integration von Flüchtlingen? „Bei Gefahr für Leib und Leben gehören sie aufgenommen und versorgt. Aber nach der Krise sollten sie in ihr Land zurück.“ Olga Petersen zitiert den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz: „Wir können keinen Sozialstaat haben und alle Tore öffnen. Wir können nicht Arbeitnehmer haben und Flüchtlinge, die alles geschenkt bekommen.“ Petersen sieht sich in ihrer Partei „patriotisch, in der Mitte“ – links von Björn Höcke: „Aber ich akzeptiere den Flügel – und spreche mit allen.“

AfD-Politikerin hat vier Kinder und wohnt in Harburg

Die internen Differenzen müssten zu den Akten gelegt werden, hatte noch vor wenigen Tagen Fraktionschef Dirk Nockemann gesagt, als die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Hamburger AfD-Fraktion eingestellt hat: Olga Petersen hatte ihn Ende 2020 wegen Urkundenfälschung und Betrugs angezeigt. Eine „schmutzige Kampagne“, befand Nockemann, der in Bergedorf wohnt. Im Bezirk Bergedorf kennt sich Olga Petersen nicht so gut aus, aber sie sei oft bei Freunden in Neuallermöhe: „Ein sehr gelungener Stadtteil, wobei ich als Kind der Zuwanderung immer Sorge vor Neuem habe. Mal sehen, wie Oberbillwerder wird.“

Ob sie wirklich bei einem Wahlsieg nach Berlin gehen würde? „Unbedingt, das habe ich mit meiner Familie besprochen. Und der Jüngste wünscht sich dann einen Yorkshire Terrier“, sagt die 38-Jährige lachend. Sie wohnt derzeit in einer Wohnung in Harburg. Sie würde sich auf die Hauptstadt freuen, jedoch: „Die Chancen sind wohl wie beim Lotto. Aber wenn ich gar nicht erst spiele, kann ich auch nicht gewinnen.“

  • Steckbrief Olga Petersen (38, AfD)

Hobbies: „Jetzt die Politik, aber ich jogge auch gern um den Außenmühlenteich. Und ich mag Malen nach Zahlen mit Acrylfarben, zuletzt war es ein Schmetterling.“

Liebste Reiseziele: „Das ist schon Deutschland. Aber ich mag auch nichts doppelt sehen, würde am liebsten eine wochenlange Weltreise machen. Als erstes ginge es nach China. Da war ich nie, obwohl es damals von Sibirien gar nicht so weit weg war.“

Was mich gerade besonders in der Politik nervt: „Die linksgetreue Mainstream-Propaganda, die die Tagesschau mundgerecht in Häppchen serviert. Wir müssen den Staatsfunk reformieren und brauchen einen ,Grundfunk’, der dem Steuerzahler nicht in die Tasche greift.“

Was mir aktuell in Deutschland fehlt: „Die Grundrechte des Volkes und der Polizei, die den Rechtsstaat schützt.“