Buchholz. Buchholz hat ein weiteres Team in Deutschlands Eliteliga: die Frauen vom Turn-Team Kiehn Group Lüneburg-Buchholz. Eine Erfolgsgeschichte.
Buchholz und Bundesliga – das passt zusammen. Nach der Lateinformation von Blau-Weiss, den Handballfrauen von Buchholz 08-Rosengarten und den männlichen 08-Turnern in der Niedersachsenauswahl unter dem Dach des TuS Vinnhorst haben nun auch die Frauen des Turn-Teams Kiehn Group Lüneburg-Buchholz – überwiegend gebildet aus Sportlerinnen von Blau-Weiss – den Sprung in die Eliteliga ihrer Sportart geschafft.
Mit ihnen freute sich auch Arno Reglitzky, der Vorsitzende von Blau-Weiss Buchholz, anlässlich einer Feierstunde im ehemaligen Plaza-Baumarkt an der Bremer Straße, der mittlerweile zur Heimstätte der Leistungssportabteilungen von Blau-Weiss Buchholz geworden ist. Auch die Lateintänzer und Aerobicturnerinnen trainieren dort.
Am Anfang eine Vision, dann die konsequente Umsetzung der notwendigen Schritte
Dass hinter dem Erfolg der Turnriege vor allem harte Arbeit steckt, wissen die Trainerinnen Susanne Tidecks und Katharina Kort am besten. Von einem wahr gewordenen Traum will Tidecks deshalb auch nicht sprechen. „Das klingt zwar hübsch, passt aber nicht so richtig“, sagte sie in ihrer kurzen Ansprache. Träume basierten auf Fantasievorstellungen, Illusionen, Wunschdenken und Utopien. Der Erfolg ihrer Turnriege dagegen beruhe auf einer Vision und der konsequenten Umsetzung der notwendigen Schritte.
Tidecks: „Im heftigen Corona-Jahr 2020 drohten unsere Mannschaften in der 2. Bundesliga und Regionalliga auseinander zu brechen. Kunstturnen ist ein Wettkampfsport, der vom direkten Vergleich, der Herausforderung und dem Adrenalin im Wettkampf lebt. Das alles war nicht mehr gegeben. Wir brauchten also nicht nur einen Traum, sondern ein Licht am Ende des Tunnels, eine Vision, die in unseren Köpfen Widerhall findet.“
Seit Sommer ließ der hohe Trainingsaufwand kaum noch Privatleben zu
Damit begann eine Phase monatelanger harter Arbeit, geprägt durch viel organisatorischen Aufwand wie Planung, Abschätzung der Möglichkeiten und Schaffung der Voraussetzungen – und noch mehr Training. Tidecks: „Spätestens seit dem Sommer 2021 hatte keine von uns noch ein Privatleben. Wir waren alle ausschließlich auf die Wettkampfsaison in der 2. Bundesliga mit den drei Wettkampftagen im Oktober und November fokussiert. Es wurde gearbeitet und geackert.“
Besonders hob Susanne Tidecks die Leistung ihrer Turnerinnen im Alter zwischen 16 und 23 Jahren hervor. „Für sie bedeutete das Knochenarbeit und eine enorm hohe mentale Belastung. Sie haben die Prüfung bestanden,“ sagte sie. Auch wenn der Aufstieg am Ende durch die Hintertür gelang. Der dritte Wettkampftag in Waging am See musste wegen der hohen Inzidenzwerte abgesagt werden. Im Landkreis Traunstein, in der Heimat ihrer Mitstreiterin Sonja Fischer, sollte der Aufstieg auf sportlichem Weg mit dem dritten Sieg im dritten Wettkampf perfekt gemacht und ausgiebig gefeiert werden.
Sechs Tage bangen Wartens nach der Ansage des letzten Wettkampftages
Stattdessen hieß es erst einmal abwarten. Sechs Tage lang. Dann erreichte Susanne Tidecks die so sehnlich erwartete E-Mail von der Deutschen Turn-Liga (DTL), dass es anders als im Vorjahr nun wieder Auf- und Absteiger gebe. Damit verbunden war die offizielle Bestätigung, dass das Turn-Team Kiehn Group, klarer Tabellenführer der 2. Bundesliga, in die 1. Frauen-Bundesliga aufgestiegen ist. Der verdiente Lohn für ganz viel Arbeit und Mühe. Und sportlich gerechtfertigt durch zwei Siege bei zwei Wettkämpfen.
Turn-Team besteht aus zehn Vereinen, auch aus Bremen und Kiew
Die Kooperation zwischen dem im Landkreis Lüneburg ansässigen Turn-Team Kiehn Group und Blau-Weiss Buchholz, an der insgesamt zehn Vereine beteiligt sind, ist eine Erfolgsgeschichte. 2016 begann die Zusammenarbeit unter dem Dach von Blau-Weiss mit einer Mannschaft in der Regionalliga, einem Team in der Landesliga und vier Mannschaften in den Bezirksligen.
Die Saison 2021 schließt die Kooperation, zu der auch TuS Huchting aus Bremen und das Turnzentrum Kiew in der Ukraine gehört, mit fünf Gruppen in den Bezirksliga, zwei in den Landesligen, einer Regionalliga-Mannschaft und jetzt einem Team in der 1. Bundesliga ab. „Nachwuchssorgen haben wir auch keine“, freute sich Susanne Tidecks.
Besonderer Dank geht an den ehemaligen Bundestrainer Wolfgang Bohner
Einen besonderen Dank schickte die Trainerin in Richtung Siedenbach in der Eifel, dem Wohnsitz des ehemaligen Cheftrainers im Deutschen Turner-Bund, Wolfgang Bohner, der „mit viel Geduld und Spucke“ wesentlich zur Professionalisierung der Arbeit beigetragen habe. „Seine Trainingslager und die vielen Trainingswochenenden in Buchholz haben uns enorm weitergebracht. Er hat uns unermüdlich angetrieben, Kraft- und Trainingspläne geschrieben und unsere Fortschritte via Video verfolgt, wenn er nicht vor Ort sein konnte. Es gibt nur wenige so brillante Trainer wie Wolfgang Bohner“, lobte sie den prominenten Unterstützer ihrer Arbeit.
Apropos Unterstützung: Geschäftsführer Lars Ellmer-Kiehn von der Kiehn Group, Namensgeber und Hauptsponsor der erfolgreichen Turnriege, sicherte mit einem symbolischen Scheck über 10.000 Euro seine Unterstützung auch für die Zukunft zu. Sehr zur Freude von Arno Reglitzky. „Ich hatte ja schon befürchtet, dass unsere Turnerinnen aufsteigen und mich dann selbst gefragt: Wer soll das bezahlen?“, sagte der Blau-Weiss-Vorsitzende lachend.
Hauptsponsor Kiehn Group stellt weitere 10.000 Euro zur Verfügung
In der Tat: Etwas teurer wird die 1. Bundesliga tatsächlich, obwohl die 1. und 2. Liga ihre Wettkämpfe immer gemeinsam austragen. Die 2. Liga vormittags, die 1. Bundesliga nachmittags. „Bisher sind wir zu unseren Wettkämpfen immer einen Tag vorher angereist und werden das auch weiter so halten. In Zukunft werden wir aber nicht sofort zurückreisen, sondern eine weitere Übernachtung einlegen“, sagt Susanne Tidecks.
Bis zum Start der Bundesligasaison 2022, der für Mitte März oder April zu erwarten ist, gilt es für das Trainerduo Susanne Tidecks und Katharina Kort, das Leistungsvermögen von Mareen Jacobs, Annika Heimer, Karina Schönmaier, Katharina Richter und Lisa Unger zu stabilisieren und sie nach der kurzen Weihnachtspause auf das höhere Niveau in der 1. Bundesliga vorzubereiten. Und wenn man die Turnerinnen fragt, was für sie der Aufstieg in die 1. Bundesliga bedeutet, fällt doch das Wort von einem Traum, der wahr geworden ist.