Trittau. Die 20-jährige Mareen Jacobs kommt mit dem Turn-Team Kiehn Group Lüneburg am ersten Wettkampftag auf Platz fünf.

Selbst für eine Turnerin ist es – im übertragenen Sinn - ein gewaltiger Sprung: Vor knapp eineinhalb Jahren führte Mareen Jacobs die Turnerinnen des TSV Trittau in der Landesliga zum Meistertitel. Nun hatte die 20 Jahre alte Trittauerin gemeinsam mit dem Turn-Team Kiehn Group Lüneburg den ersten Einsatz in der vier Klassen höheren Zweiten Bundesliga.

Probleme mit Lampenfieber kennt die blonde Stormarnerin nicht. Sie gibt aber zu: „Ich war ungewohnt angespannt, da es in der zweiten Liga keine Streichergebnisse gibt. Jede Übung muss sitzen.“ Jacobs turnte beim ersten von vier Bundesliga-Wettkampftagen in Dillenburg (Hessen) die Bodenübung.

Die 20-Jährige präsentierte eine neu einstudierte Choreografie. Dabei zeigte sie erstmals einen doppelten Salto rückwärts. „Die kräftezehrenden Elemente habe ich gleich zu Beginn geturnt, deshalb gab mir der geglückte Doppelsalto enorm viel Selbstbewusstsein für den weiteren Verlauf“, sagt Jacobs, deren sportliche Heimat seit Ende 2017 der Turnclub Hamburg ist. Katharina Pommerening ist dort ihre Trainerin.

Jacobs ist angehende Krankenschwester

„Mareen investiert enorm viel Zeit in den Sport und hat klare Vorstellungen, was sie will“, sagt Pommerening. „Seitdem sie bei uns ist, hat sich Mareen in der Leistung noch einmal erheblich gesteigert.“ Beim Bundesligaauftakt in Dillenburg gab Jacobs alles – und gewann viel. 11,25 Punkte erhielt sie von den Kampfrichtern für ihre überzeugende Darbietung am Boden.

„Eine Wertung mit einer elf vor dem Komma habe ich am Boden zuvor noch nie bekommen“, erzählt Jacobs freudestrahlend. „Der Doppelsalto hat den Ausschlag gegeben. Er bringt - wenn er denn klappt – zusätzliche Punkte.“ Bedenken oder gar Angst vor der anspruchsvollen akrobatischen Einlage hatte sie keine. „Wenn die Geschwindigkeit beim Anlauf stimmt und ich nach dem Absprung die entsprechende Höhe erreiche, kann eigentlich nichts schiefgehen – bis auf die Landung, denn die ist auf dem harten Boden der schwierigste Teil“, sagt die angehende Krankenschwester.

In Liga zwei wird nach dem Code de Pointage geturnt. Der internationale Standard stellt hohe Ansprüche an die Turnerinnen, er fordert mehr spektakuläre Akrobatik und schwierige Flugteile als in den unteren Klassen. Deshalb überlässt Jacobs auch nichts dem Zufall. Gemeinsam mit Mutter Maike reiste sie vergangenes Jahr nach Stuttgart, um sich mit Ghazal Seilsepour zu treffen. Die Trainerin des Stuttgarter Kunst Turn Forums sollte für die Stormarnerin eine neue Choreografie entwickeln. Mit Seilsepour hatte Jacobs zuvor per WhatsApp einige Ideen ausgetauscht.

Im Mai schreibt die Tunerin ihre Abschlussklausur

„In Stuttgart haben wir dann gemeinsam mehrere Stunden an einzelnen Elementen gefeilt und die Choreografie Schritt für Schritt weiter auf mich zugeschnitten“, erzählt Jacobs. Den ersten Wettkampftag in Liga zwei beendeten die Turnerinnen der TT Kiehn Group Lüneburg übrigens auf Rang fünf. Der Rückstand auf Platz vier betrug knappe 0,1 Punkte. Neben Jacobs turnten für die Mannschaft noch Lisa Unger, Jalin Möhlenbrock, Karina Schönmaier, Jasna Ruge und Oleksanda Koczh. Das Sextett reiste mit der richtigen Einstellung an. „Wir wollten uns keinesfalls unter Druck setzen und in aller Ruhe unsere Übungen durchturnen“, sagt Jacobs.

Nach den ersten drei Geräten – Boden, Balken und Stufenbarren – hatte der Liganeuling sogar die Führung übernommen. „Bei der letzten Disziplin, dem Balken, haben wir uns leider zu viele Patzer geleistet“, sagt Jacobs.

In der Park-Klinik Manhagen absolviert die 20-Jährige zurzeit eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. Am 10. Mai schreibt sie ihre Abschlussklausur. Tags darauf steht der zweite Wettkampftag in Ulm (Baden-Württemberg) auf dem Programm. Jacobs nimmt es gelassen und sagt: „Ändern kann ich daran nichts, dann werde ich direkt im Anschluss an die Prüfung mit dem Flugzeug nachkommen.“

Mareen Jacobs trainiert vier- bis fünfmal pro Woche

Die vielen Zuschauer, die hervorragende Stimmung und das sportlich hohe Niveau – Jacobs zeigt sich immer noch beeindruckt von der zweithöchsten Wettkampfklasse. Sie sagt: „Alles läuft professioneller als in der Dritten Liga ab, sogar die eine oder andere Turnerin aus dem Nationalkader ist mit von der Partie.“

Vier- bis fünfmal in der Woche trainiert Mareen Jacobs im Hamburger Leistungszentrum an der Angerstraße. Unter besten Voraussetzungen: Schwierige Elemente übt sie dort mit einer aus Schaumstoffelementen bestehenden Schnitzelgrube ohne Verletzungsrisiko. Schwierigkeiten, Arbeit und Sport unter einen Hut zu bekommen, hat Jacobs nicht. „Meine Noten sind gut“, sagt sie. „Zudem habe ich durch den Leistungssport gelernt, mich zu disziplinieren und zu organisieren.“

Ihre derzeitige Arbeitsstelle gefällt ihr äußerst gut. „Die Atmosphäre ist familiär, das Arbeitsklima klasse“, sagt Jacobs. „Wenn es möglich ist, würde ich gern nach der Ausbildung dort bleiben.“