Buchholz. Das neuformierte und sehr junge Team von Blau-Weiss Buchholz erreicht bei der Deutschen Meisterschaft auf Anhieb wieder das große Finale.

Als am späten Sonnabendabend kurz vor Mitternacht die Siegerehrung der Deutschen Meisterschaft der Lateinformationen über die Bühne ging, schien alles seinen gewohnten Gang zu nehmen – auch 20 Monate Wettkampfpause konnten an der Reihenfolge an der Spitze nichts ändern. Der Grün-Gold-Club Bremen (34,23 Punkte) mit Startrainer Roberto Albanese gewann wie bei allen Deutschen Meisterschaften seit 2007 den Titel, zum insgesamt 16. Mal. Vizemeister wurde erneut das 1. Tanzsportzentrum (TSZ) Velbert (33,11). Um die Bronzemedaille stritten sich die TSG Bremerhaven und Blau-Weiss Buchholz, mit dem besseren Ende für die Gastgeber von der Nordsee (30,96), die Buchholz (29,48) um anderthalb Punkte auf Rang vier verwiesen.

Velberts Trainerin zieht sich und ihr Team von allen Wettkämpfen zurück

Während die einen feierten, verkündete Velberts Trainerin Astrid Kallrath eine Nachricht, die für ein mittelschweres Beben in Tanzsport-Deutschland sorgte. Die seit 28 Jahren engagierte Trainerin erklärte mit sofortiger Wirkung ihren Rücktritt, erklärte gleichzeitig, dass die A-Formation des 1. TSZ Velbert weder an der Weltmeisterschaft am 18. Dezember 2021 in Bremen noch an der Bundesligasaison 2022 teilnehmen werde. „Wir haben in diesem Sport viele merkwürdige und nicht nachvollziehbare Turnierergebnisse erlebt und uns davon frei gemacht, uns damit länger als unbedingt nötig auseinanderzusetzen“, heißt es in einem über die sozialen Medien verbreiteten Statement Kallraths.

Die von ihr betreuten Sportlerinnen und Sportler waren seit mehr als einem Jahr in die Pläne eingeweiht. „Wir wussten seit dem 28. September 2020 Bescheid über den Entschluss von Astrid Kallrath, ihre Tätigkeit als Cheftrainerin aufzugeben“, heißt es auf der Facebookseite des 1. TSZ Velbert. „Astrid hätte uns sowohl über eine WM als auch eine Liga-Saison selbstverständlich begleitet. Wir haben uns jedoch gemeinsam entschlossen, die unvergleichliche Bühne der Deutschen Meisterschaft zu wählen, um ein letztes Mal gemeinsam die Liebe zu unserem Sport, zueinander und zu unserer Trainerin zu feiern.“ Deutschland besitzt zwei Startplätze bei der Weltmeisterschaft, aller Voraussicht nach rückt der DM-Dritte TSG Bremerhaven als zweites Team neben dem Grün-Gold-Club Bremen nach.

Buchholz nimmt für 2022 den vakanten Vizemeistertitel ins Visier

„Da geht eine Ikone des Sports und hinterlässt erstmal eine Riesenlücke“, sagte Trainerin Franziska Becker von Blau-Weiss Buchholz. „Wir stehen mit unserem Nachwuchs bereit. 2022 werden wir alles daran setzen, den vakanten Vizemeistertitel zu holen und uns endgültig an die Spitze des deutschen Formationssports zu tanzen.“ Zu Recht stolz ist Becker auf die Leistung ihrer neuformierten, sehr jungen Formation. Die Bundesligasaison 2020 hatte Buchholz auf Rang vier abgeschlossen, bei der DM 2021 in Bremerhaven wurde es wieder der vierte Platz. „Wir schließen mit dem neuformierten Team da an, wo wir aufgehört haben. Das war eine Mammutaufgabe und für uns quasi eine Meisterleistung. Jetzt kann diese Mannschaft anfangen zu wachsen“, sagte Becker.

Vier Buchholzer Tänzerinnen sind erst 17 Jahre oder jünger

Von den 16 Tänzerinnen und Tänzern, die bei der Heim-DM vor zwei Jahren auf dem Parkett standen, sind nur noch vier dabei. Die zwölf Neuen hatten noch nie eine Deutsche Meisterschaft getanzt. Die Jüngsten sind Inga Matura (15), Jelle Böttcher, Mia Neumann und Emma Winkler (alle 17 Jahre). „Wie sie mit dem Druck einer Deutschen Meisterschaft umgehen, war im Vorfeld schwer abzusehen“, sagte die Trainerin.

Die Lateinformation von Blau-Weiss Buchholz erreichte bei der Deutschen Meisterschaft in Bremerhaven erneut das große Finale und belegte schließlich den vierten Platz.
Die Lateinformation von Blau-Weiss Buchholz erreichte bei der Deutschen Meisterschaft in Bremerhaven erneut das große Finale und belegte schließlich den vierten Platz. © Blau-Weiss Buchholz | Angelina Thranow

„Wichtig war uns, eine zukunftsorientierte Mannschaft aufzustellen, die im Kern das Potenzial hat, sich enorm weiterzuentwickeln.“ Sie und Co-Trainer Christopher Vogt verzichteten bewusst darauf, auf Nummer sicher zu gehen und den Anspruch möglicherweise herunterzuschrauben. Eher das Gegenteil war der Fall: die Choreographie „Million Voices“ ist im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit dynamischer geworden und verlangte den Tänzerinnen und Tänzern mit viel Athletiktraining Einiges ab.

Eine Mammutaufgabe, die das Team hervorragend gemeistert hat

Offensichtlich die richtige Entscheidung: Schon in der Vorrunde gegen acht konkurrierende Lateinformationen rief das Team von Blau-Weiss Buchholz eine gute Leistung ab, die es in der Zwischenrunde zu steigern vermochte. „Dass wir konzeptionell und vom Schwierigkeitsgrad her in das Finale der besten Vier gehören, war mir von vornherein klar. Aber dass die Nerven an der entscheidenden Stelle auch halten und das Ding nicht auseinanderbricht, war für uns wirklich eine Mammutaufgabe, die das Team im Turnier hervorragend gemeistert hat“, lobte Franziska Becker zufrieden.

„Die Fehler nehmen wir als Ansporn mit ins Training“

Im Finale konnten die Buchholzer ohne Druck gegen drei gefestigte Formationen antreten. Der Finaldurchgang war dann der Beste des Tages, bis gegen Ende der schwierigen Choreographie Fokus und Spannung ein wenig verloren gingen. Bei der letzten Pirouette unterliefen zwei Paaren Fehler, sie kamen aus dem Rhythmus. Trotzdem bekamen die Buchholzer von den zwölf Wertungsrichtern 29,48 Punkte zuerkannt und lagen damit nur 1,5 Punkte hinter Bremerhaven.

„Wir sind erstmal zufrieden. Die Mannschaft hat ihre Feuertaufe bestanden, das überarbeitete Konzept kam super an und wir nehmen die Fehler, die passiert sind, als Ansporn mit ins Training. Bei uns ist so viel Luft nach oben. Wenn wir jetzt im Akkord weiterackern, könnten wir schon in der Bundesliga wieder anfangen, ganz vorne anzugreifen“, so Franziska Becker, die stolz ist, den Umbruch gemeinsam mit ihrem Team so hervorragend gemeistert zu haben.

Heimturniere am 12. und 13. Februar 2022 in der Nordheidehalle

Zwei Monate Zeit haben die Tänzerinnen und Tänzer von Blau-Weiss Buchholz nun, sich auf die Bundesligasaison 2022 vorzubereiten. Geplant sind fünf Turniere vom 15. Januar in Bremen bis zum 12. März in Ludwigsburg. Auch in Buchholz machen die neun besten deutschen Lateinformationen, die gleichzeitig zur Weltspitze gehören, in diesem Winter wieder Station. Das dritte Erstligaturnier wird am Sonnabend, 12. Februar, in der Nordheidehalle ausgetragen.

Fans, Freunde und Familien können an diesem langen Tanzsport-Wochenende auch den drei weiteren Lateinformationen aus Buchholz bei ihrem Heimturnier zujubeln. Das B-Team (2. Bundesliga) und C-Team (Regionalliga) gehen jeweils am Sonntag, 13. Februar, aufs Parkett, das D-Team (Landesliga) am Sonnabend im Vorfeld der Erstliga-Formationen.