Harburg. Bei Familien und Verliebten standen sie hoch im Kurs: die Tretboote auf der Außenmühle. Doch nun sind sie Geschichte – die Gründe.
Sie gehören zu Harburg wie der Phoenix-Schornstein, die Lämmertwiete und die Bahnhofstauben: die Tretboote auf der Außenmühle. Korrektur: Gehörten – bis Mittwoch. Da wurden sie von einem ostdeutschen Käufer abgeholt.
Geht damit eine Ära zu Ende? Vielleicht. Der Bootsverleih und das dazugehörige Gasthaus verhandeln mit den Behörden immer noch um die Betriebsgenehmigung für die Saison. Der Verkauf der Boote habe damit nichts zu tun, sagt Mit-Wirt Knut Bolzmann. Wohl aber, ob er neue Boote kauft.
Tretboote auf der Außenmühle: Für 300 Euro das Stück zu haben
„Ich habe mit diesen Booten schon lange gehadert“, sagt Bolzmann. „Wir haben die vor etwa zehn Jahren vom Vorbesitzer übernommen. Da waren sie bereits in keinem guten Zustand. Technisch in Ordnung, aber optisch eher nicht. Seitdem haben wir uns jedes Jahr gefragt, ob wir sie noch einmal für eine neue Saison frischmachen, oder nicht. Jetzt habe ich einen Käufer gefunden.“
Einen Riesenreibach macht Bolzmann damit nicht. 1800 Euro hat er für das Gesamtpaket der sechs Tretboote bei einem Internet-Kleinanzeigenportal aufgerufen. Ob das der letzte Preis war, ist fraglich. Pro Boot macht das 300 Euro. Ein neues, verleihtaugliches ist kaum unter 3500 Euro zu bekommen. Lieferzeit: Etwa einen Monat.
Ob er aber neue bestellt, hängt davon ab, ob er sie überhaupt nutzen kann. Von den Booten über die Stege, den Biergarten und das Restaurant bis zum Eis-und-Pommes-Klappenverkauf neben der Hintertür an die Spazierkundschaft hängt für Knut Bolzmann und seinen Kompagnon Heiko Hornbacher alles zusammen. Für die Behörden des Bezirks Harburg anscheinend nicht. Eine mittelgroße Anzahl an Genehmigungen muss Jahr für Jahr beantragt und erteilt werden.
Appell der Gastronomen an die Politik: Schnell zu einer Lösung kommen
Glaubt man Gastronomen, wird das von Jahr zu Jahr schwieriger, und zwar gerade im Umfeld von Naturschutzgebieten oder Flächen, die zwar noch einfache Grünanlagen sind, auf die der Naturschutz aber bereits ein Auge geworfen hat. Ob das jetzt das Bootshaus betrifft, will Bolzmann nicht konkret sagen, denn er verhandelt noch und Verhandlungen sind vertraulich.
„Es liegen außer neuen Booten auch noch andere Investitionen beim Bootshaus an“, sagt Bolzmann, „dazu zählt auch das kleine Elektrikproblem, das wir kurz vor Saisonbeginn feststellten und das eigentlich schnell behoben wäre. Ob ich diese Investitionen in dieser Saison oder überhaupt noch tätige, hängt natürlich davon ab, ob ich hier eine Zukunft sehe oder nicht. Und das hängt an den Auflagen und Genehmigungen.“
Vögel, Wirte, Amtsschimmel
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Für die Wilstorfer Bezirksabgeordnete Benizar Gündogdu (SPD) reiht sich der Umstand, dass das Bootshaus geschlossen ist und eine Öffnung in den Sternen steht, in eine negative Entwicklung des Harburger Ostens ein. „Hier verschwindet immer mehr“, sagt sie. „Bei bestem Wetter sieht man viele Leute mit langen Gesichtern vor dem geschlossenen Lokal stehen. Das sollte nicht sein. Ich appelliere an die Behörden, hier schnell zu einer Lösung zu kommen. Zugegebenermaßen auch aus persönlichen Gründen: Ich liebe es, auf der Außenmühle Tretboot zu fahren!“
Tretboote und Harburg haben eine besondere Beziehung, nicht nur auf der Außenmühle: Die Harburger Sängerin Franziska „Fräulein“ Mencke hatte mit „Im Tretboot in Seenot“ ihren größten Neue-Deutsche-Welle-Hit, und Schiffbaustudenten der Harburger Exzellenzhochschule TUHH haben bei den internationalen akademischen Konstrukteursmeisterschaften, die regelmäßig als Regatta ausgetragen werden, über die Jahre schon vom Achtungserfolg bis zum Weltmeistertitel alles abgeräumt.