Finkenwerder/Wilhelmsburg. Von Finkenwerder und Wilhelmsburg aus legten die Bauern den Hamburger Verkehr lahm – fast ungestört. So erklärt sich die Polizei.
Es war eine der Blockaden, die am Montag und Dienstag den Verkehr in weiten Teilen des Hamburger Südens zum Erliegen brachte: die Bauerndemo am Finkenwerder Ring. Doch was ist dort eigentlich passiert – und warum schaffte es die Polizei erst so spät, die Treckerblockade aufzulösen?
Bereits am frühen Montagmorgen gegen 6 Uhr hatte die Polizei erste Kleingruppen von Treckern und anderen landwirtschaftlichen Zugmaschinen im Bereich der Köhlbrandbrücke und im HamburgerHafen festgestellt. Teilweise im Schritttempo querten die Fahrzeuge wichtige Hafenverbindungen und erzeugten bereits so einen erheblichen Rückstau im Berufs- und Hafenverkehr.
Bauerndemo: Die entscheidenden Blockaden gab es in Finkenwerder und Wilhelmsburg
„Diese Gruppen mit jeweils etwa zehn Traktoren wurden durch Polizeibeamte aufgestoppt und wie angemeldet zum Theodor-Heuss-Platz begleitet“, sagt Polizeisprecher Thilo Marxen am Dienstagnachmittag auf Nachfrage, die Landwirte seien der polizeilichen Aufforderung gefolgt. Außerdem befanden sich am Vormittag – wie angemeldet – zahlreiche landwirtschaftliche Fahrzeuge in einer Sternfahrt auf dem Weg in die Hamburger Innenstadt. Auch diese Demonstrationszüge waren angemeldet und verliefen problemlos. Genau wie die angemeldete Kundgebung.
Mehr Probleme machten hingegen einige Landwirte, die mit ihren schweren Maschinen auf dem Finkenwerder Ring, der Kornweide an der B75 und dem Airbus-Betriebsgelände in Finkenwerder stehenblieben und diese blockierten. Dafür parkten sie ihre tonnenschweren Fahrzeuge einfach auf der Straße, errichteten Feuerstellen, zündeten Pyrotechnik und Autoreifen an. Sie blockierten unangekündigt und unangemeldet wichtige Straßen im Süden und im Südwesten der Stadt.
Dadurch brach zunächst der Verkehr in den Häfen, später der komplette Verkehr auf den Straßen zusammen. Es entstand ein Verkehrschaos bis zum totalen Stillstand in Harburg, Wilhelmsburg und Süderelbe, wie es in den vergangenen Jahren seinesgleichen sucht. Viele Pendler oder Schulkinder in Bussen saßen stundenlang fest. Lkw-Fahrer mussten teilweise in ihren Zugmaschinen schlafen.
Proteste: Auch am Dienstag lähmen die Bauern den Verkehr
Erst am Morgen gegen 7.30 Uhr löste sich die Blockade der A7-Anschlusstelle Waltershof und der Köhlbrandbrücke aus Finkenwerder auf. Bereits in der Nacht gegen 2.30 Uhr zogen sich die Bauern von der Kornweide und bei Airbus zurück. Am Finkenwerder Knoten hingegen wuchs die Anzahl der Blockierer auf bis auf 500 Personen an.
Im Berufsverkehr am Dienstagvormittag kam es erneut zu erheblichen Verkehrsbehinderungen, die sich erst nach Ende der Blockade am Mittag entzerrten. Erneut brach der Verkehr im Süden der Stadt vollkommen zusammen.
Keine Räumung: Warum hat die Polizei nicht gehandelt?
„Es hatte Kooperationsgespräche mit den vor Ort befinden Personen gegeben, diese verliefen im Ergebnis aber erfolglos“, erklärte Thilo Marxen, „die Versammlung wurde von der Polizei für aufgelöst erklärt. Der weit überwiegende Teil der anwesenden Person kam der damit verbundenen Pflicht, sich zu entfernen, jedoch nicht nach. Die Personen hielten die Blockade aufrecht.“
Die Polizei verlegte schließlich den technischen Zug der Bereitschaftspolizei zunächst nach Finkenwerder. Doch dieser habe schnell festgestellt, dass er bei den computergesteuerten Boliden mit herkömmlichen Mitteln nichts ausrichten kann und zog sich scheinbar wieder zurück. Im Hintergrund bereitete sich die Polizei dennoch auf die Räumung der Blockaden zumindest in Finkenwerder vor.
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Polizei: Vergleich mit „Klimaklebern“ nicht zielführend
„Viele Beamte waren bereits am Tag bei der genehmigten Versammlung gebunden, darüber hinaus hatten wir insgesamt drei illegale Blockadeorte. Auch hier waren Präsenz und Maßnahmen der Polizei erforderlich,“ erklärt Marxen das für Außenstehende zögernd wirkende Verhalten der Polizei. Auch den in sozialen Netzwerken angeführten Vergleich mit dem teilweise harten Vorgehen gegen die „Klimakleber“ weist er als nicht zielführend zurück.
„Es macht natürlich einen Unterschied, ob es um das Lösen einzelner festgeklebter Personen oder das Abschleppen einer Vielzahl tonnenschwerer Traktoren oder entsprechender Gespanne geht, flankiert von in der Spitze bis zu 500 beteiligten Personen“, sagt der Polizeisprecher.
Bauerndemo: Erst Schwerlastkran als Abschlepper setzt Trecker in Bewegung
Erst als klar wurde, dass die Trecker noch länger ausharren würden, griff man schließlich auch mit einem sichtbaren Zeichen durch. „Im Bereich Finkenwerder befanden sich zuletzt noch etwa 40 Fahrzeuge. Als es dort am Dienstagmorgen schließlich zur Umsetzung von Abschleppmaßnahmen mit einem Schwerlastkran kommen sollte, beendeten die Personen ihre Blockade“, sagt Marxen. Der Feuerwehrkran habe seine Wirkung offenbar nicht verfehlt.
Und doch lässt die Polizei viele Fragen mit Verweis auf die polizeiliche Taktik unbeantwortet – beispielsweise wie es sein kann, dass fast 100 Trecker aus Lüchow-Dannenberg unbemerkt nach Hamburg einsickern können, um hier wichtige Straßen zu blockieren. Gab es länderübergreifende Absprachen zu den Treckerkonvois? Ist davon auszugehen, dass bei künftigen Demonstrationen der Landwirte genauer hingeschaut wird und schon im Vorfeld große Polizeikräfte neuralgische Punkte absichern? Die Landwirte und die Letzte Generation – vielleicht haben sie mehr gemeinsam, als sie aktuell denken.