Hamburg. Mehr als 400 Fahrzeuge bei Kundgebung heute im Hamburger Hafen. Für acht Treckerfahrer wird eine Aktion vom Mittwoch nun teuer.

Sie kamen mit ihren Traktoren aus fast allen Himmelsrichtungen: Bereits zum zweiten Mal in dieser Woche haben Bauern aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen in der Hansestadt gegen Kürzungen und Arbeitsbedingungen in ihrer Branche demonstriert. Nachdem sie am Montag mit ihren Traktoren bei mehreren Sternfahrten den Verkehr in Teilen der Innenstadt lahmgelegt hatten, versammelten sie sich am Donnerstag im Hamburger Hafen.

Bauerndemo in Hamburg: Protest gegen Freihandelsabkommen

Der Ort für die zentrale Kundgebung war nicht zufällig gewählt: Die Proteste richteten sich diesmal speziell gegen geplante Freihandelsabkommen. So sei ein Abkommen mit Neuseeland geplant, in dem es um Lamm- und Rindfleisch gehe. „Das werden richtig große Mengen an importierten Lebensmitteln“, sagte ein Sprecher des Vereins LSV (Land schafft Verbindung).

Die Demonstrationszüge standen unter dem Motto „Ist der Bauer ruiniert, wird das Essen importiert“. Schon jetzt liege der Grad der Selbstversorgung in Deutschland bereits deutlich unter 90 Prozent, Tendenz fallend, hieß es von Verbandsseite. Am Donnerstag sollten auch die Seehäfen in Emden, Wilhelmshaven und Bremerhaven mit den Traktoren angefahren werden.

Bauerndemo in Hamburg: Auf drei Routen Richtung Hafen

Auf drei separaten Routen machten sich die Landwirte am frühen Morgen auf den Weg in die Hansestadt. Aus Richtung Stade, Ahrensburg und Wedel rollten nach Polizeiangaben rund 420 Traktoren und andere Fahrzeuge zum zentralen Kundgebungsort im Hamburger Hafen. Dabei passierten die Bauern in langen Kolonne neuralgische Punkte wie die Stresemannstraße, die Ludwig-Erhard-Straße oder auch die Reeperbahn. An den Treckern, die über den Kiez tuckerten, waren Spruchbänder wie „Bei eurer Politik sehen wir Rot“ oder „Ohne uns wärt ihr hungrig, nackt und nüchtern“ zu sehen.

An einem Traktor ist ein Schild mit der Aufschrift „Bei eurer Politik sehen wir Rot“ zu sehen. Die Bauern sind am heutigen Donnerstag wieder zu Protesten in Hamburg unterwegs.
An einem Traktor ist ein Schild mit der Aufschrift „Bei eurer Politik sehen wir Rot“ zu sehen. Die Bauern sind am heutigen Donnerstag wieder zu Protesten in Hamburg unterwegs. © dpa | Rabea Gruber

Gegen Mittag erreichten schließlich alle Fahrzeuge den Versammlungsort am Worthdamm. Nach der etwa einstündigen Kundgebung machten sich die Bauern auf den Rückweg durch die Stadt – auf den gleichen Routen, auf denen sie gekommen waren. „Bisher verläuft alles friedlich und ohne größere Behinderungen“, sagte Polizeisprecher Thilo Marxsen dem Abendblatt gegen 15 Uhr.

„Niemand soll es je vergessen, Bauern sorgen für das Essen!“ steht auf einem der Traktoren, die sich am Worthdamm im Hafen versammelten.
„Niemand soll es je vergessen, Bauern sorgen für das Essen!“ steht auf einem der Traktoren, die sich am Worthdamm im Hafen versammelten. © dpa | Rabea Gruber

Bauerndemo im Hafen: Keine Auswirkungen auf die HHLA

Auch auf den Terminalbetreiber HHLA hatte die Demonstration zunächst keine Auswirkungen. „Die Terminals laufen“, sagte eine Sprecherin. Sie wollte aber nicht ausschließen, dass sich der eine oder andere Lastwagen wegen der Proteste verspätet.

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Im weiteren Tagesverlauf wurde noch mit verstopften Straßen und vereinzelten Vorkommnissen gerechnet. Schon am Mittwoch hatten unangekündigte Nebenaktionen der Protestierenden sowie die Folgeeffekte der Blockaden den Verkehr stärker als erwartet beeinflusst.

Bauerndemo in Hamburg: Strafverfahren gegen acht Landwirte

So hat die Polizei Harburg gegen acht Traktorfahrer sogar Strafverfahren wegen einer Autobahnfahrt am Mittwoch eingeleitet. Die Gruppe sei an der Anschlussstelle Winsen-West auf die A39 in Fahrtrichtung Hamburg aufgefahren und habe beide Spuren mit Schrittgeschwindigkeit belegt, teilten die Beamten am Donnerstag mit. Es bildete sich ein mehrere Kilometer langer Stau.

Polizisten sicherten das Stauende und lotsten die Treckerfahrer an der Anschlussstelle Maschen von der Autobahn. Den Fahrern im Alter zwischen 20 und 65 Jahren wird nun gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und Nötigung vorgeworfen. Innerhalb des zäh fließenden Verkehrs war es mindestens zu einem Auffahrunfall mit Blechschaden gekommen.

Bundeskanzler reagiert auf Bauernproteste in Cottbus

Auch bundesweit gingen die Proteste der Bauern am Donnerstag weiter. Angesichts des wachsenden Drucks bot Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Landwirten in Cottbus einen Dialog an. Inhaltliche Zugeständnisse machte er bei einem Treffen mit Brandenburgs Landesbauernpräsident Henrik Wendorff aber nicht.

„Wir leben ja in aufgeregten Zeiten, ein bisschen haben wir das auch gehört“, sagte Scholz bei der Eröffnung eines neuen Bahnwerks in Cottbus. „Und auch das gehört zur Demokratie dazu, dass man sich seine Meinung sagt.“ Das modernste und größte ICE-Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn ging in Cottbus in Betrieb. Vor der Halle protestierten die Bauern.

Bauerndemo: Subventionen für Branche sollen gekürzt werden

Rund 500 Menschen mit Hunderten Fahrzeugen machten bei den Protesten nach Angaben der Polizei mit. Die Polizei leitete vor einer Rede von Scholz eine Kolonne von Traktoren an der Halle des neuen Bahnwerks vorbei. Dabei war lautes Hupen zu hören. Außerdem machten die Landwirte ihrem Ärger mit Rasseln Luft.

Die Landwirte wollen ihre Proteste die ganze Woche über fortsetzen. Auslöser waren Pläne der Bundesregierung, Subventionen für die Branche zu kürzen. Einen Teil dieser Pläne hat die Ampelkoalition bereits zurückgenommen. Die Rückvergütung für Agrardiesel soll aber schrittweise gestrichen werden.

Bauerndemo in Hamburg: So sehen die Demorouten aus

Um allen Autofahrern, die heute in Hamburg unterwegs sind, möglichst umfassende Informationen zu geben, hat die Polizei die genauen Demorouten veröffentlicht, die auch auf dieser interaktiven Karte zu sehen sind. Die Bauern müssen sich auf dem Hin- und Rückweg an die Strecken halten.

Auf diesen drei Routen sind die Bauern mit ihren Traktoren am Donnerstag unterwegs.
Auf diesen drei Routen sind die Bauern mit ihren Traktoren am Donnerstag unterwegs. © Polizei Hamburg | Polizei Hamburg
  • Aufzug I (aus Ahrensburg kommend): Meiendorfer Straße – Bargteheider Straße – Stein-Hardenberg-Straße – Ahrensburger Straße – Wandsbeker Zollstraße – Rüterstraße – Wandsbeker Marktstraße – Wandsbeker Chaussee – Lübecker Straße – Lübeckertordamm – Steindamm – Kreuzweg – Kurt-Schumacher-Allee – Altmannbrücke – Klosterwall – Deichtorplatz – Oberbaumbrücke – Brooktorkai – Shanghaiallee – Überseeallee – Versmannstraße – Am Moldauhafen – Am Saalehafen – Veddeler Damm – Worthdamm
  • Aufzug II (aus Wedel kommend): Wedeler Landstraße – Sülldorfer Landstraße – Osdorfer Landstraße – Osdorfer Weg – Von-Sauer-Straße – Bahrenfelder Chaussee – Stresemannstraße – Holstenstraße – Reeperbahn – Millerntorplatz – Millerntordamm – Ludwig-Erhard-Straße – Brandstwiete – Bei St. Annen – Osakaallee – Überseeallee – Versmannstraße – Am Moldauhafen – Am Saalehafen – Veddeler Damm – Worthdamm
  • Aufzug III (aus Stade kommend): Cuxhavener Straße – Stader Straße – Buxtehuder Straße – Hannoversche Straße – Brücke des 17. Juni – König-Georg-Deich – Georg-Wilhelm-Straße – Hohe Schaar-Straße – Rethedamm – Neuhöfer Damm – Roßdamm – Ellerholzbrücke – Veddeler Damm – Worthdamm

Bauernproteste und Lokführerstreik gleichzeitig in Hamburg

Gleichzeitig mit den Bauernprotesten findet auch der Lokführerstreik der GDL statt. Seit Mittwoch, 2 Uhr, werden die Bahn sowie das Eisenbahnunternehmen Transdev bestreikt. Die Aktion soll noch bis Freitag, 18 Uhr, andauern.

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