Hamburg. Aktivisten hatten Zaun durchtrennt und den Airport lahmgelegt. Noch dicker kommt es für den Geiselnehmer. Die Forderungen im Detail.
Abgerechnet wird immer am Ende. Und in diesem Fall muss man sagen: Es ist ein dickes Ende. Schon Mitte Dezember hatte der Lufthansa-Konzern der Letzten Generation eine Schadenersatzforderung in Höhe von 400.000 Euro angekündigt, nachdem Klimaaktivisten im Sommer 2023 den Betrieb des Hamburger Flughafens durch eine Sitzblockade gestört hatten.
Jetzt legt der Airport Hamburg mit einer eigenen Kostenaufstellung nach. Der Flughafen fordert von den Aktivisten zusätzlich 150.000 Euro Schadenersatz. Macht unterm Strich eine Summe von 550.000 Euro für die Aktion am 13. Juli vergangenen Jahres. Den Geiselnehmer, der am 4. und 5. November für rund 18 Stunden den Airport lahmgelegt hatte, will der Flughafen sogar mit 500.000 Euro zur Kasse bitten.
Flughafen-Chef: Letzter Generation werden nach Blockade „1:1 zurechenbare Kosten“ in Rechnung gestellt
Zu den Forderungen im Zusammenhang mit der Blockade des Flughafens im Sommer durch Klimaaktivisten der Letzten Generation sagte Airport-Geschäftsführer Christian Kunsch: „Das sind die 1:1 zurechenbaren Kosten.“ In der Summe seien die Reparaturkosten für den Zaun und die Rollbahn sowie die entgangenen Entgelte für Starts und Landungen enthalten. Zunächst werde aber das Strafverfahren abgewartet, sagte Kunsch dem Hamburger Abendblatt.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen zehn Beschuldigte in der Sache, auch wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch, aber nicht wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Flugverkehr. Hinzu kommen Ermittlungen wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte.
Die Lufthansa hatte über ihre Tochter Eurowings bereits im Dezember den Schadenersatz im Zusammenhang mit den Störaktionen in Hamburg, Düsseldorf und Berlin auf 740.000 Euro beziffert. Allein in Hamburg seien 57 Flüge der Lufthansa-Gruppe (LH, Eurowings, Swiss) und 8500 Passagiere betroffen gewesen. Dabei sei ein Schaden von 400.000 Euro entstanden. Die jetzt vom Flughafen geltend gemachte Summe kommt noch obendrauf.
Letzte Generation: Aktivisten müssten wohl komplette Summe abstottern
Sollten die Aktivisten tatsächlich gerichtlich zur Zahlung der Schadenersatzforderung verpflichtet werden, fiele eine Privatinsolvenz für sie wohl aus, da es sich um eine vorsätzliche Aktion handelt: Sie müssten die Summe ihr Leben lang abzahlen. Es sei denn, die Unternehmen stimmen einem Vergleich zu. Der Logistiker DHL etwa rückte von seinen Schadenersatzforderungen in Höhe von 64.000 Euro nach einer Blockadeaktion in Leipzig gegen 54 Klimaaktivisten ab. Stattdessen erklärte sich DHL mit 80 Arbeitsstunden pro Beteiligtem für ein Aufforstungsprojekt einverstanden.
Airport-Chef glaubt nicht, dass Geiselnehmer zahlen kann, aber an „Signalwirkung“
Ein weitaus größeres finanzielles Desaster droht dem Geiselnehmer. Denn für den geforderten Schadenersatz in Höhe von einer halben Million Euro allein vom Flughafen müsste er als Einzelschuldner geradestehen. Der 35-Jährige hatte mit einem Auto, in dem seine vier Jahre alte Tochter saß, am 4. November die Absperrung des Flughafens durchbrochen und war aufs Vorfeld gerast. Nach Angaben der Hamburger Staatsanwaltschaft gab er drei Schüsse aus einer Pistole ab, warf zwei Brandsätze und drohte mit einer Bombe, die sich später aber als Attrappe herausstellte.
Hintergrund der Tat war ein Sorgerechtsstreit: Der Mann wollte die gemeinsame Ausreise mit seiner zuvor aus der Wohnung seiner Ex-Frau in Stade entführten gemeinsamen Tochter in die Türkei erzwingen. Er sitzt seit dem 6. November in Untersuchungshaft. Mehr als 18 Stunden musste der Flughafen gesperrt werden, rund 220 Flüge fielen aus, etwa 38.000 Passagiere waren betroffen.
- Geiselnahme verschlingt halbe Million Euro! Wer zahlt den Polizei-Einsatz?
- Salman E. schoss bei Tochter-Entführung in Wohnung
- Letzte Generation zahlt an Lufthansa – unter einer Bedingung
Kunsch ist in diesem Fall nicht sehr optimistisch, dass der 35-Jährige – sollte er verurteilt werden – die Kosten auch wirklich erstatten wird. Der Flughafenchef betonte aber: „Es geht nicht, dass jemand uns schädigt und wir das dann nicht in Rechnung stellen.“ Es gehe auch um eine Signalwirkung.