Harburg. Um zu überleben, muss sich der Museumshafen Harburg e.V. 70.000 Euro von Mitgliedern leihen. Dennoch soll es mehr Aktivitäten geben.

Segelschiffe, Barkassen, Alsterschiffe und historische Frachter haben an den Kaikanten des Lotsekanals im Harburger Binnenhafen ihren Liegeplatz. Sie gehören zum Museumshafen Harburg e.V., kurz MuHaHar. Im Winterhalbjahr machen Großsegler im Hafen fest, oft für mehrere Wochen oder gar Monate. Der Museumshafen ist längst ein Stück Harburg geworden, dennoch stand das Überleben des Vereins im Juni auf der Kippe. Die Klippe wurde zunächst erfolgreich umschifft.

Der Verein hat rund 100 Mitglieder. Er lebt von Liegegeldern, Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Er bewirtschaftet (mit kleinen Ausnahmen) die Hafenbereiche im Herzen des Binnenhafens am Kanalplatz und Lotsekai. Auch die beiden historischen Krane und drei Güterwaggons gehören zum Verein. Der Gelbe Kran bildet den markanten Mittelpunkt des Museumshafens, der Blaue Kran wurde 2019 mit Hilfe von Fördermitteln der Denkmalpflege und des Bezirksamts restauriert und in Sichtweite des Gelben Krans aufgestellt.

Museumshafen-Vorstand machte fehlerhafte Steuererklärung

„Der damalige Vorstand hatte die Krane als Zweckbetrieb definiert und dadurch 60.000 Euro Steuern zurückerhalten“, sagt die Vereinsvorsitzende Heike Schieder. „Nach dem Vorstandswechsel 2021 haben wir einen Steuerberater engagiert. Der prüfte die Steuererklärung und sagte, dass die Krane zumindest nicht zu 100 Prozent einen Zweckbetrieb darstellen.“ Nach weiteren Prüfungen war klar: Der Zweckbetrieb ist nicht zu halten, eine korrigierte Steuererklärung wurde eingereicht.

Der Gelbe Kran und einige Dauerlieger am Lotskai des Museumshafens Harburg.
Der Gelbe Kran und einige Dauerlieger am Lotskai des Museumshafens Harburg. © HA | Angelika Hillmer

Eine Nachzahlung von mindestens 60.000 Euro stand ins Haus und überlastete die Vereinsfinanzen. Auf der Mitgliederversammlung am Pfingstsonnabend, 27. Mai, schilderte der Vorstand den rund 30 aktiven Vereinsmitgliedern die missliche Lage. Die Reaktion: „Die Mitglieder haben spontan angekündigt, dem Verein Geld leihen zu wollen und sich Gedanken gemacht, wie er am Leben gehalten werden kann“, sagt Schieder.

80.000 Euro Steuerschulden müssen verdaut werden

Es sei schon „ziemlich beeindruckend gewesen, als die 30 Mitglieder sagten: Wir retten den Verein!“, so Vereinsmitglied Maurice Schröder. Neuzugang Mathias Letzel hatte vor der Versammlung seinen Mitgliedsantrag abgegeben. Und musste dann hören, dass der Verein auf der Kippe steht: „Ich bekam erst einmal Zweifel, spürte dann aber die Aufbruchstimmung und habe mitgemacht.“

Am Tag nach Pfingsten ging die Zahlungsaufforderung des Finanzamts ein. „Wir sollten bis Ende Juni fast 80.000 Euro zahlen, inklusive Verzugszinsen“, sagt Schieder. 10.000 Euro wurden sofort vom Vereinskonto überwiesen. Die restlichen 70.000 Euro kamen als zinslose Darlehen von gut 20 Mitgliedern. In Beträgen von 100 bis 10.000 Euro. Ende Juni waren die 80.000 Euro bezahlt. Und der Verein hatte sich stark verschuldet.

Längst Kult: Harburger Binnenhafenfest und schwimmender Nikolausmarkt

Für Schieder hat die missliche Lage auch etwas Gutes: „Sie hat uns als Verein zusammengeschweißt.“ Und offenbar weitere Energien freigesetzt. „Auch neue und jüngere Mitglieder wollen dem Verein helfen“, sagt Schröder, Teil der Gruppe. „Wir können zwar wenig Geld hineinstecken, wollen die Rettung aber als Chance begreifen und das bestehende Veranstaltungsprogramm in Zukunft breiter aufstellen.“

Aktuell organisiert der MuHaHar das Wasserprogramm des Binnenhafenfests (Anfang Juni), veranstaltet ab und an ein Open-Air-Kino am Gelben Kran, beteiligt sich am Tag des offenen Denkmals (10. September) sowie an den Tagen der Industriekultur am Wasser (23./24. September) und beschließt das Jahr mit dem Schwimmenden Nikolausmarkt (2./3. Dezember), eine Veranstaltung mit Kult-Charakter.

Beim Hafenarbeitstag werden Krane geschmiert und Kais gesäubert

„Wir machen auch gelegentlich Barkassenfahrten und bieten beim monatlichen Hafenflohmarkt Führungen an“, sagt Schröder. Und an jedem dritten Sonnabend im Monat ist Hafenarbeitstag: Vereinsmitglieder treffen sich um 10 Uhr zum Rostklopfen, Kranschmieren, Kaimauernsäubern und Klönschnack am Gelben Kran.

Auch interessierte Nichtmitglieder sind willkommen, inklusive Mittagsverpflegung an den Waggons am Lotsekai. Um ihren Verein voranzubringen und gleichzeitig die Schulden bei den Mitgliedern möglichst schnell tilgen zu können, plant die Arbeitsgruppe um Maurice Schröder und Mathias Letzel, Firmen und Anwohner im Binnenhafen anzusprechen und um finanzielle Unterstützung zu bitten. „Wir möchten mit ihnen in Kontakt kommen. Und das soll keine Eintagsfliege sein, sondern sich über die nächsten Jahre aufbauen“, sagt Schröder, der auch den Instagram-Kanal museumshafenharburg pflegt (knapp 1300 Follower). Das Potenzial, den Binnenhafen weiter zu beleben, sei generell groß. „Und wir möchten auf jeden Fall dabei sein!“

Die Wintermonate verbringen meist mehrere Großsegler im Harburger Hafen.
Die Wintermonate verbringen meist mehrere Großsegler im Harburger Hafen. © HA | Angelika Hillmer

Harburg: Binnenhafen-Netzwerk soll weitere Impulse setzen

In dieser Woche will sich die Gruppe treffen und die Kontaktaufnahme mit den Hafenanrainern genauer planen. Zudem ist für September ein Netzwerk-Treffen der im Binnenhafen engagierten Menschen anvisiert. Das Ziel: Zusammen weitere Veranstaltungen auf die Beine stellen. „Der Binnenhafen ist ein so schöner Platz“, sagt Letzel. „Hier ist alles offen und zugänglich, kein eingezäuntes Clubgelände.“

„Wir wollen loslegen, aber durch die Verschuldung sind wir stark eingeschränkt“, bedauert Schröder. Heike Schieder antwortet: „Wir halten den Hafen am Leben und zeigen allen, dass wir mit dem Geld vernünftig umgehen. Unser Budget ist zwar klamm, aber wir werden weiter die Sachen machen, die uns wichtig sind.“