Harburg. Alle Parteien einig, dass die Jugendarbeit zu wenig Geld bekommt, aber Grün-Rot will nichts daran ändern

Darf oder sollte man als Bezirkspolitik von der Freien und Hansestadt Hamburg einfach mal was einfordern oder sollte man es besser gleich lassen, weil die Ablehnung jeglicher Forderungen aus Fachbehörden und Bürgerschaft absehbar und für Bezirksabgeordnete der Senatsparteien SPD und Grüne vielleicht sogar innerparteiliche Rüffel zu fürchten sind? Diese Debatte kam in der letzten Sitzung der Bezirksversammlung vor dem Herbst einige Male auf. Am lautesten wurde sie, als es um die Jugendhilfe ging.

Dass es zu wenig Geld für die „Offene Kinder- und Jugendarbeit“ (OKJA) – das sind alle Angebote, die junge Harburgerinnen und Harburger freiwillig und in der Regel kostenlos wahrnehmen – gibt, ist Konsens unter allen Parteien. Wieviel Geld ausreichend wäre, kann derzeit allerdings niemand beziffern.

Grüne und SPD wollen keine Kommission, die Forderungen erarbeitet

Die Linken hatten den Antrag gestellt, dass die Jugendeinrichtungen und die Jugendhilfepolitiker der Bezirks-Parteien eine gemeinsame Kommission bilden, um konkrete Forderungen des Bezirks an die Stadt zu stellen. SPD und Grüne lehnten das ab.

„Die Budgets für die bezirkliche Jugendarbeit werden in Bürgerschaft und Senat gemacht, darauf können wir als Bezirk keinen Einfluss nehmen“, argumentierte der Grünen-Abgeordnete Andreas Strube und seinem Parteifreund Peter Schulze widerstrebte es, einen Unterausschuss zum Jugendhilfeausschuss zu bilden.

Simon Dhemija (Linke)
Simon Dhemija (Linke) © HA | Lars Hansen

Aus den Reihen der Opposition gab es daran heftige Kritik, allen voran natürlich von den Linken, aber auch von der CDU. Die „Schwarzen“, die sich mit den „Tiefroten“ bekanntlich selten grün sind, waren sich mit ihnen diesmal erstaunlich einig. „Seit Jahren bekommen wir es gerade eben hin, die Angebote für die Jugendlichen nicht auch noch streichen zu müssen“, sagte die CDU-Sozialpolitikerin Brit-Meike Fischer-Pinz, „aber nur mit Haushaltstricks und einem Engagement derjenigen, die die Jugendarbeit leisten, das über ihr Gehalt weit hinausgeht. Es wird Zeit, zu einer verlässlichen und gerechten Planung zu kommen.“

Abschiebung in dem Ausschuss

Wie die Grün-Rote Harburger Koalition die – wie sie selber zugestand – unterfinanzierte OKJA verlässlich besserstellen will, sagten ihre Abgeordneten nämlich nicht. Nur, dass sie die Kommission ablehnten. Ihr Vorschlag zur Güte war den Antrag weder anzunehmen noch abzulehnen und im Herbst im Jugendhilfeausschuss weiter zu besprechen. Auf eine Überweisung den Ausschuss hätten sich die Linken eventuell eingelassen, aber nur, wenn der Antrag schon einmal grundsätzlich angenommen worden wäre.

Der Linken-Abgeordnete Simon Dhemija wurde laut: „Ein ewiges Projektfinanzieren folgt dem nächsten“, sagte er. „Jobsicherheit? Fehlanzeige! Respekt? Fehlanzeige! Politische Wertschätzung? Fehlanzeige! Mehrbelastung? Jede Menge!. Immer kompliziertere Bedingungen? Jede Menge! Immer wieder betonen Hamburgs Senat und die Bezirke die Relevanz der OKJA. Fakt ist jedoch, dass die Einrichtungen chronisch unterfinanziert sind.“

Linke fürchten Schließungen von Jugendtreffs

Die Anbieter und Jugendpolitiker seien zunehmend frustriert, so Dhemija. „Seit Jahren fordern wir und andere Engagierte mehr Geld für die OKJA und damit eine angemessene Berücksichtigung im Haushalt. Wir fürchten, dass ohne dauerhafte Aufstockung der Zuwendungen viele Angebote gestrichen, gar Treffs geschlossen werden müssen. Dem wird entgegnet, niemand könne realistisch erwarten, dass mehr Geld zugesagt wird.“

Dahinter stünde eine politische Haltung, die es zu durchbrechen gelte. „Zeigen Sie doch einmal Rückgrat gegenüber ihren Senatsvertretern“, forderte Dhjemija. „Das ist möglich! Die Bezirksversammlubng Altona hat dies längst vorgemacht, indem sie so einen Arbeitskreis gründete“

Fuß-(Aus-)Tritt bei der SPD – Grüne werden stärkste Fraktion

Weil die Linken sich nicht bereit erklärten, den Antrag ohne Beschluss überweisen zu lassen, wurde er von Grünen und SPD abgelehnt.

Die Mehrheitsverhältnisse in der Bezirksversammlung werden sich ab jetzt etwas ändern: Nachdem der SPD-Abgeordnete Torsten Fuß aus der Partei ausgetreten war, wurde er nunmehr seinerseits von der SPD-Fraktion ausgeschlossen. Er ist damit parteiloser Abgeordneter. Die SPD hat nun ein Mandat weniger als die Grünen, die nunmehr die stärkste Fraktion sind.

Damit stellen die Grünen ab der nächsten Sitzung auch den Vorsitz der Bezirksversammlung. Auch die Fachausschüsse könnten sich personell verändern. Dies hängt noch davon ab, ob es den AfD-Abgeordneten gelingt, wieder eine Fraktion zu bilden, nachdem ihr Abgeordneter Andreas Rüdiger sein Mandat abgab. Ein Nachrücker für Rüdiger wurde noch nicht benannt. Die verbliebenen vier Abgeordneten sind zerstritten. Um Fraktionsstatus zu erlangen müssten sich drei zusammenfinden.