Harburg. 1,7 Millionen Euro:Landesbetrieb Erziehung und Beratung plant Neubau am Eißendorfer Pferdeweg.

Kaum vorstellbar, dass es Eltern gibt, die ihre Kinder so sehr quälen und/oder vernachlässigen, dass das Jugendamt einschreiten muss, um Schlimmeres zu verhindern. Und doch kommt es immer wieder vor. Je nach Alter werden diese Mädchen und Jungen dann in Kinderschutzhäusern beziehungsweise -gruppen des Landesbetriebs Erziehung und Beratung (LEB) untergebracht – etwa in Heimfeld am Eißendorfer Pferdeweg 40. Dort, in einem denkmalgeschützten Gebäude, das um die Jahrhundertwende gebaut wurde, befindet sich das Kinder- und Familienhilfezentrum Harburg des LEB, kurz: die Jugendhilfe Süd. Aktuell bietet es unter anderem sieben Schutzplätze für Kinder bis zu sechs Jahren und weitere acht für Kinder, die ambulant in einer Tagesgruppe betreut werden. Viel zu wenig. Vor allem fehlen Plätze für Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren. Deshalb will der LEB in Heimfeld bauen: für 1,7 Millionen Euro soll ein zweigeschossiger Bau entstehen. Auf 660 Quadratmetern sind einerseits Räume geplant, die genug Platz bieten für acht schutzbedürftige Kinder der genannten Altersgruppe, die rund um die Uhr von pädagogischem Fachpersonal betreut werden. Und auch der Kinderschutzbund, der in einem Nebengebäude am Eißendorfer Pferdeweg mit seinem Projekt „Frühe Hilfen“ Eltern von Säuglingen Beratung und Unterstützung bietet, will sein Angebot ausweiten und mit in den Neubau einziehen.

„In den nächsten Tagen werden wir beim Bezirksamt Harburg den Bauantrag einreichen“, sagt LEB-Geschäftsführer Klaus-Dieter Müller in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses, wo er und seine Kollegin Arnhild Sobot, Leiterin der Abteilung Jugendhilfe Süd, die geplante Erweiterung ihrer Einrichtung vorstellten.

Dass die dringend erforderlich ist, daran ließ Geschäftsführer Müller keinen Zweifel. Zwar unterhalte der LEB bereits drei Schutzgruppen mit jeweils acht Plätzen für 6- bis 12-Jährige Kinder in Wilhelmsburg und Neuwieden­thal, doch das reicht hinten und vorne nicht. „Von 166 Anfragen mussten wir im vergangenen Jahr 99 ablehnen“, sagte Müller. Die Jugendämter müssen sich in solchen Fällen an freie Träger wenden. Das kostet zuweilen Zeit und erhöht den Leidensdruck der Kinder.

Die Mädchen und Jungen, die am Eißendorfer Pferdeweg Unterschlupf finden, kommen aus ganz Hamburg. „Wir bemühen uns natürlich, sie möglichst in der Nähe des eigenen Wohnsitzes unterzubringen“, sagt Arnhild Sobot. Aber nicht immer gelingt das, weil die Plätze auch in den anderen Bezirken knapp sind. Meist blieben die Kinder nur für ein bis zwei Tage oder eine Woche in der Gruppe, in Einzelfällen aber auch bis zu sechs Monaten und länger bevor andere tragbare Unterbringungsmöglichkeiten gefunden sind. Oder sie zurück können zu ihren Eltern. Denn auch das kommt vor: dass Väter oder Mütter selbst Hilfe beantragen, etwa weil ein Krankenhausbesuch unumgänglich ist oder eine akute Überforderung besteht.

Ziel der Betreuer ist es, einerseits die Kinder zu stabilisieren und zu stärken und gleichzeitig in enger Abstimmung mit dem Jugendamt und in der Arbeit mit den Eltern, diese in die Lage zu versetzen, dass sie sich irgendwann wieder selbst verantwortungsvoll um ihren Nachwuchs kümmern können. Im Konzeptpapier liest sich das so: „Die Eltern-Kind-Bindung wird durch Aufklärung, Begleitung und Anleitung der Eltern in der Versorgung und Betreuung des Kindes während der Besuchszeit unterstützt.“

Bleibt abzuwarten, wie die Bezirksversammlung entscheidet. „Wir stehen dem aber positiv gegenüber“, sagte Ausschuss-Vorsitzender Florian Klein für die CDU-Fraktion. Auch wichtig: Ob und wann das Bezirksamt dem Bauantrag zustimmt. Aber LEB-Geschäftsführer Müller ist zuversichtlich: „Ich gehe davon aus, dass der Neubau Ende 2019 fertig ist.“