Hamburg. In Harburgs Bezirks-Etat für diese Aufgaben klafft eine Lücke von mindestens 180.000 Euro. Massive Kritik an Zwischenfinanzierung.
Rosig hell sieht die Zukunft der chronisch knapp finanzierten offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) in Harburg nicht aus, soviel ist klar. Glaubt man der Bezirksfraktion der Linken, sieht es sogar düster aus und demnächst müssen Einrichtungen schließen, denn der Etat dafür ist regelmäßig unterfinanziert. SPD, Grüne und Bezirksverwaltung hingegen sagen, dass für jede bestehende Einrichtung immer noch eine Zukunft sichtbar ist. Um diese zu sichern, möchte das Bezirksamt nun allerdings Geld aus den Quartiersfonds verwenden. 180.000 Euro soll die Bezirksversammlung bewilligen. Ganz verloren ist das Geld für die Stadtteilarbeit nicht: Wenn im Frühjahr die „Restmittel“ für die OKJA frei gegeben werden, sollen die 180.000 Euro möglichst komplett in den Quartiersfonds zurückfließen.
„Das ist mehr so eine Art Ausfallbürgschaft“, erklärt Claudia Loss, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und sozialpolitische Sprecherin der SPD in der Bezirksversammlung die Überbrückungsfinanzierung. „Wir machen das auch nicht zum ersten mal so.“
Die Restmittel sind die Gelder, die die verschiedenen Einrichtungen der OKJA im laufenden Jahr nicht verbraucht haben. Sie fließen nach der Abrechnung der Einrichtungsetats in den Gesamtetat zurück und werden dann neu verteilt.
Armutszeugnis für die Zwischenfinanzierung
Die Linksfraktion bezeichnet die Zwischenfinanzierung als Armutszeugnis. „Die offene Kinder- und Jugendarbeit ist eine Zukunftsinvestition“, sagt Sabine Boeddinghaus, Harburger Linken-Bürgerschaftsabgeordnete und sozialpolitische Sprecherin ihrer Bürgerschaftsfraktion, „jeden Cent, den man hier einspart muss die Gesellschaft später doppelt und dreifach wieder ausgeben. Deshalb muss sie endlich auskömmlich finanziert werden!“
Laut Boeddinghaus ist die OKJA in allen Hamburger Bezirken seit 2012 unterfinanziert. „Im Bezirk Harburg hat man das Defizit zunächst Jahr für Jahr aus Reserven gedeckt, aber die sind nun wohl verbraucht.“
Unter dem Motto „Ohne Moos nix los – drohen Kinder-, Jugend- und Kultureinrichtungen nun Kürzungen?“ laden die Bürgerschafts- und die Bezirksfraktion der Linkspartei am Donnerstag, 5. Dezember zu einer Diskussionsveranstaltung, in den Rieckhof ein.
Im Einladungstext spricht Boeddinghaus nicht von 180.000 Euro, die der OKJA fehlen, sondern von 360.000 Euro. In der Tat ist ein Posten in dieser Höhe in der vorläufigen Finanzplanung 2020 eingestellt. „Die Hälfte davon können aus wir Reserven im Gesamthaushalt bezahlen“, erklärt Bezirks-Pressesprecherin Sandra Stolle die Differenz. Von den insgesamt 360.000 Euro sind auch „nur“ 270.000 für die OKJA vorgesehen und weitere 90.000 für die ebenfalls unterfinanzierte Familienförderung. Schließungen seien nicht geplant.
Etat kommt praktisch einer Kürzung gleich
Sabine Boeddinghaus kritisiert die Planung: „Ohne den Ausgleich von Inflation, Tariferhöhungen beim Personal und steigenden Betriebsausgaben, kommt der Etat praktisch einer Kürzungen gleich!. Dieses strukturelle Minus ist nun nicht mehr auszugleichen, weil in den letzten Jahren alle Reserven aufgebraucht wurden.“
Simon Dhemija, jugendpolitischer Fachsprecher der Bezirksfraktion, ergänzt: „Während die neu geschmiedete rot-grüne Koalition im Bezirk Harburg nun darüber nachdenkt, welche Projekte sie streichen könnte, wollen wir gemeinsam mit den Trägern und Einrichtungen darüber beraten und klären, welche Bedarfe tatsächlich bestehen und wie man diese dauerhaft und zukunftssicher finanzieren könnte oder gar muss.“
Claudia Loss: Schließungen sind nicht geplant
Claudia Loss empört diese Aussage: „Es ist überhaupt nicht geplant auch nur irgendeine Einrichtung zu schließen!“, sagt sie. „Seit einem Jahr sitzen die Träger der Jugendarbeit, das Bezirksamt und Fachleute der Bezirksfraktionen regelmäßig zusammen und ermitteln die tatsächlichen Bedarfe der Jugendarbeit, damit wir diese beantragen und gewährleisten können. Wer dabei allerdings nur sporadisch teilgenommen hat, waren Vertreter der Linkspartei. Jetzt zu behaupten, wir wollen etwas schließen, finde ich unmöglich!“
Unmöglich findet Boeddinghaus, dass die rot-grüne Koalition ihrer Meinung nach lieber plant, den Mangel weiter zu verwalten, als ihn zu beheben. „Ich erwarte eigentlich, dass sich beim Senat für eine angemessene Finanzierung dieser wichtigen Arbeit eingesetzt wird. Wie will man sonst Schließungen verhindern? Und eigentlich müsste die Jugendarbeit noch ausgebaut werden!“