Hamburg. Hamburger Chefarzt spricht über spektakuläre Innovation bei der Behandlung von Leberkrebs. Warum die Patienten davon profitieren.
Leberkrebs – diese Diagnose ist, wie jede Krebserkrankung,ein großer Schock für die Betroffenen. „Es liegt auch daran, dass Eingriffe an der Leber früher oft mit Komplikationen, teils auch mit einem tödlichen Ausgang, verbunden waren“, sagt Professor Dr. Karl Oldhafer, Chefarzt an der Klinik für Leber-, Gallengangs- und Pankreaschirurgie an der Asklepios Klinik Barmbek.
Mittlerweile seien die Operationen aber längst sehr sicher, sagt der renommierte Experte: „In der Forschung hat sich einfach sehr viel getan.“ So arbeitet die Asklepios Klinik Barmbek, als erstes und bisher einziges Krankenhaus in Hamburg, seit gut drei Monaten mit 3-D-Modellen der jeweiligen Patientenleber, die von einer Spezialfirma ausgedruckt werden. „Man hält ein Kunststoffmodell des eigenen Organs in der Hand und erkennt anhand der Farben auch sehr genau die Zahl und die Lokalisation der Tumoren“, erklärt der habilitierte Mediziner von der Asklepios Klinik Barmbek.
Krankenhaus Hamburg: Aufklärung über Leberkrebs-OP gelingt mit 3-D-Modell besser
Die Grundlage eines solchen Modells sei eine Computertomografie, die durch einen Algorithmus in ein 3-D-Modell übersetzt werde, das drei bis vier Tage später in die Klinik geliefert werde. Doch inwiefern hilft das? „Erstens hilft es bei der Aufklärung des Patienten. Man sieht das Organ nicht nur auf einem Bild, sondern man kann das Modell anfassen. Dadurch wird für den Patienten im wahrsten Sinne des Wortes sehr viel greifbarer, was bei der Operation, die ja durchaus komplex ist, passiert.“
Auch für das Team der Ärzte und für die Operateure sei das Modell eine große Hilfe: „Natürlich konnten wir vorher schon 3-D-Visualisierungen auf dem Bildschirm anschauen, aber jetzt stellen wir uns dieses Modell, dann natürlich sterilisiert, auch gern an den OP-Tisch, denn es ist ja millimetergenau gefertigt und entspricht damit exakt dem individuellen Organ, das wir gerade operieren. Es macht unsere Arbeit einfach noch präziser und erhöht auch die Qualität der Eingriffe, weil wir vorab noch genauer sehen, was wir vor uns haben“, sagt der Vater von vier erwachsenen Kindern.
Leberkrebs: Modell aus dem 3-D-Drucker zeigt maßstabsgetreu das Organ des jeweiligen Patienten
Obwohl er ein sehr erfahrener Leberchirurg sei, habe die Arbeit mit diesem 3-D-Modell bei ihm selbst für einen „Aha-Effekt“ gesorgt. „Wir können dadurch auch Patienten operieren, über die wir vorher gesagt hätten: zu gefährlich, zu riskant, die Metastasen liegen vermutlich zu nah an einem wichtigen Gefäß. Jetzt kennen wir den Abstand ja exakt, können es am Modell sehen.“
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Woher kommen Lebertumoren jedoch überhaupt? „Man unterscheidet zwei große Gruppen“, sagt der Chefarzt. „Primäre Lebertumore sind jene, die in der Leber selbst entstehen. Die meisten der rund 200 Patienten, die wir in Barmbek jedes Jahr operieren, leiden jedoch an anderen Formen von Krebs, oft an Darmkrebs, der Metastasen, also Tochtergeschwülste in der Leber gebildet hat.“
Krankenhaus Hamburg: Asklepios-Experte erklärt, wie die Leber nachwächst
Krebs sei eben oft eine systemische Erkrankung, und daher müsse man entscheiden, wann eine Operation der Leber sinnhaft sei. „Wenn der Krebs schon sehr gestreut hat, dann ist es schwierig. Ist aber primär die Leber befallen, dann ist die Prognose oft ziemlich gut.“ Denn die Leber lasse sich gut operieren, verfügt sie doch über eine ziemlich einzigartige Fähigkeit: „Die Leber wächst nach, wenn man entsprechende Anreize schafft. Und das machen wir uns als Mediziner dann natürlich zunutze.“ Man könne mit der sogenannten ALPPS-Methode beispielsweise vor einem geplanten Eingriff das Volumen der „guten Leberhälfte“ vergrößern, sodass sich der befallene Teil entfernen lasse, ohne zu riskieren, dass der Patient ein Leberversagen erleide.
Sei es gelungen, alle Tumoren zu entfernen, dann gelte der Patient zunächst als „geheilt“: „Natürlich ist die Nachsorge wichtig. Es bleibt immer ein bisschen das Risiko eines Rezidivs.“ Erst nach fünf Jahren sei man etwas sicherer. In Zukunft, da ist sich Prof. Dr. Karl Oldhafer sicher, werden Roboter und auch künstliche Intelligenz in der Leberchirurgie eine entscheidende Rolle spielen und die Patientensicherheit erhöhen: „Mit den Robotern arbeiten wir ja jetzt schon. Natürlich operieren Ärzte, wir steuern die Arme des Roboters. Aber Zittern und Wackler sind damit ausgeschlossen.“