Hamburg. Viele Geschäfte stehen leer – doch es tut sich was. Wie ein spezieller Brautladen und ein Baby-Spa andere Kunden anlocken wollen.
Lange Zeit haben sich die Gewerbetreibenden am Eppendorfer Weg in Hoheluft-Ost Sorgen gemacht, weil Geschäftsinhaber aufgeben, Läden leer stehen oder – wie das beliebte italienische Restaurant Lentini – dauerhaft geschlossen haben. Es sah trostlos aus, und Leerstand gibt es auch immer noch. Doch seit einigen Wochen tut sich etwas im Viertel, und es eröffnen Läden mit innovativen Ideen.
Ja, ungewöhnlich ist die Idee von Sakera Amin und ihrer Schwester Abeda Amin in den Räumen des ehemaligen Cafés Amira tatsächlich: Die beiden eröffnen am 10. September Hamburgs einziges Baby-Spa. Zwar gab es schon mal eines in Eppendorf von anderen Betreibern, doch das ist inzwischen – auch aufgrund von Corona – dauerhaft geschlossen.
Hoheluft: Am Eppendorfer Weg eröffnet Hamburgs einziges Baby-Spa
Nun also ein erneuter Versuch, diese besondere Form des Babyplanschens in Hamburg zu etablieren. Zwei kleine Wasserbecken – Jacuzzis – stehen am Eppendorfer Weg 255 in den hinteren Räumen bereit, um Babys ab einem Alter von drei Wochen ein Floating-Erlebnis zu ermöglichen.
Beim Floating treiben die Kleinen allein in bis zu 36 Grad warmem Wasser mit Blubberblasen und bekommen dabei eine Hydromassage – Floating bedeutet so viel wie treiben oder schweben. Dabei werden die Lütten von einem Floating-Reifen um den Hals getragen, damit der Kopf über Wasser bleibt. Mutter oder Vater sitzen am Rand und achten auf ihr Baby.
Baby-Spa: Säuglinge treiben mit einem Reifen um den Hals in warmem Wasser
Krankenschwester Sakera Amin, die hauptberuflich einen Pflegedienst betreibt, und ihre Schwester Abeda, Erzieherin und zertifizierte Spa-Leiterin für Babys (ja, diese Bezeichnung gibt es wirklich), empfehlen das Baden im Blasenbad eher ab einem Alter von zwei bis drei Monaten.
„Viele Babys leiden unter Koliken, dabei kann die Hydrotherapie helfen“, sagt Sakera Amin. Sie hat gute Erfahrungen mit dem Baby-Spa gemacht: Ihre ein Jahr alte Tochter Efnan liebt das Bad im Jacuzzi. „Wir sind mit ihr extra nach Düsseldorf gefahren, weil es ein Baby-Spa in Hamburg nicht gab.“ Bislang nicht.
Eppendorfer Weg: Planschsession in warmen Blubberblasen kostet 59 Euro
20 bis 30 Minuten dauert so eine Floating-Session im Baby Spa elino – das ist arabisch und bedeutet Wasser des Lebens. Arabisch, weil die Schwestern einen afghanischen Vater und eine türkische Mutter haben. Kosten für die besondere Planscheinheit: 59 Euro, mit Massage wird es zehn Euro teurer.
„Die Babys sind danach erschöpft und müde und schlafen in der Regel anschließend“, sagt Sakera Amin. Das ist dann auch erholsam für die Eltern. Die, so die Hoffnung der Schwestern, profitieren von einem müden Baby und können anschließend in Ruhe einen Kaffee im vorderen Spa-Bereich trinken.
Hoheluft: Secondhand-Brautmode, die nicht älter ist als drei Jahre
Neu im Viertel ist auch Madeleine Spors mit ihrem Laden Wandelgewand. Sie verkauft dort Secondhand-Brautmode. Die gebrauchten Brautkleider sind so gefragt, dass sie ihr ursprüngliches Geschäft an der Schlankreye Anfang des Monats gegen die größere Fläche am Eppendorfer Weg 251 getauscht hat.
Jetzt fährt sie zweigleisig und verkauft Brautmode am Eppendorfer Weg und demnächst Secondhand-Abendmode an der Schlankreye in Harvestehude. Sechs Mitarbeiterinnen unterstützen sie.
„Mir geht es darum, Secondhand zu entstauben“, sagt Madeleine Spors. „Alle Kleider, die wir verkaufen, sind picobello.“ Mit dem neuen 100 Quadratmeter großen Eckladen in dem Altbau mit den hohen Decken und dem Stuck in Hoheluft-Ost ist sie sehr glücklich: „Wir brauchten mehr Platz, und hier haben wir viel mehr Laufkundschaft.“
300 Kleider hat sie derzeit im Sortiment, sie nimmt alle auf Kommission. Mit den Inhaberinnen der Brautmodeläden am benachbarten Lehmweg hat sie bereits Kontakt, und so erhält sie von den Kolleginnen sogar Muster-Kleider für ihr Secondhand-Geschäft.
Brautkleid Hamburg: Günstig, aber gut – secondhand kostet es ab 500 Euro
Die Mutter von zwei Jungs hatte ihr eigenes Brautkleid für ihre Hochzeit noch neu gekauft. „Das war ein Super-Kleid, aber viel zu teuer.“ Es war dann auch das erste Brautkleid, das sie gebraucht verkauft hat. Die Preise für die Secondhand-Kleider beginnen bei 500 Euro und reichen von Größe 34 bis 44. „Das sind hochwertige Kleider, keines älter als drei Jahre.“ Ihr Motto: „Dass es Secondhand ist, soll man lediglich am Preis merken.“
Jan Heinecke, Inhaber des gleichnamigen Juweliergeschäftes gegenüber von Wandelgewand, freut sich über seine neue Nachbarin. Denn: Brautmode im Laden schräg gegenüber und Trauringe bei ihm, das ist natürlich eine gelungene Verbindung. „Wir haben ein schönes Séparée, in dem wir Brautpaare beraten, das Geschäft mit Hochzeiten läuft sehr gut.“
Eppendorfer Weg: Restaurants und Eisladen beleben die Einkaufsmeile in Hoheluft-Ost
Seit 1948 hat seine Familie am Eppendorfer Weg 246 in Hoheluft-Ost den Firmensitz. „Alles, was kein Leerstand ist, ist gut“, sagt Jan Heinecke. Das Eiscafé und die Pizzeria nebenan seien gute Kundenmagnete, auch das Restaurant Loewen der Edelsatt-Betreiber, das im Januar am Eppendorfer Weg 264 eröffnet hat sorge für eine Belebung, von der auch er profitieren kann.
Heinecke wünscht sich einen guten Mix aus Gastronomie und Einzelhandel für die Straße. „Was wir noch gut gebrauchen könnten, wäre ein Bekleidungsgeschäft.“ Und weniger Büros und Agenturen in den attraktiven Erdgeschoss-Lagen.
Leerstand und Insolvenzen: Das Jahr 2019 hat dem Eppendorfer Weg zugesetzt
Ein Bekleidungsgeschäft kommt vermutlich auch, weiß Christian Eydam, Geschäftsführer von Glassgo. Seit 30 Jahren führt er das Optikergeschäft in Hausnummer 259 zusammen mit seinem Geschäftspartner Dietmar Kleis. „Es gibt viele Bewerbungen für die Fläche nebenan“, sagt er.
Der Vermieter möchte dort aber weder einen weiteren Friseur noch Gastronomie haben – eine Herrenboutique erhält vermutlich den Zuschlag für den Raum neben dem Feinkostladen Feinfood.
Der ehemalige Feinkostladen Feinfood muss man allerdings sagen – denn auch dieses Geschäft steht mittlerweile leer. Der Betreiber hat nach nur acht Monaten wieder aufgegeben. Wie es mit den Räumen des Feinkostgeschäftes weitergeht, steht noch nicht fest.
Leerstand und Betreiberwechsel, das gibt es am Eppendorfer Weg immer wieder. Schlimm war die Lage 2019, erinnert sich Juwelier Jan Heinecke. „2019 war schon einmal eine Zeit, in der es viel Leerstand gab, weil viele ihr Geschäft aufgegeben haben.“ Auch das Familienunternehmen Heinecke legte damals einen Neustart hin.
Restaurant Lentini am Eppendorfer Weg hat seit fast einem Jahr geschlossen
Leer stehende Geschäfte bereiten den Gewerbetreibenden vor Ort Sorgen. Zum Beispiel die Bottega Lentini an der Hausnummer 267, die seit fast einem Jahr geschlossen ist. Die zuständige Hausverwaltung hält sich dem Abendblatt gegenüber bedeckt, weil noch nicht klar ist, wie es dort weitergeht. Vermutlich wird dort weiterhin Gastronomie betrieben werden. Wer das macht und ab wann der Laden wieder öffnet, kann aber noch nicht gesagt werden.
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Weiteres Beispiel: Auch die Pizzeria ZweiPunktEins einige Häuser weiter steht leer. Auch neben „Der Schweizer in Hamburg“ macht eine leere Fläche einen verwahrlosten Eindruck.
Hoheluftchaussee Ecke Eppendorfer Weg: Bäckerei steht weiter leer
Und noch ein Beispiel am Eppendorfer Weg Ecke Hoheluftchaussee. Dort, wo die Bäckerkette „Dat Backhus“ eine Filiale hatte, steht die Fläche im Erdgeschoss ebenfalls schon lange leer.
Die Infos der zuständigen Hausverwaltung zu den weiteren Plänen sind spärlich: „Da wir noch mit mehreren Interessenten in Verhandlung stehen, können wir leider noch keine Auskunft geben, welches Gewerbe in die Immobilie kommen wird. Die Einheit haben wir erst Ende Mai geräumt übergeben bekommen und führen seitdem Besichtigungen durch. Wir gehen davon aus, dass diese bald wieder vermietet sein wird.“
Hoheluft: Eppendorfer Weg hat das Kleine Notting Hill am Lehmweg zum Vorbild
Aber: Es tut sich eben auch ganz viel – und das macht Hoffnung. Was sich Juwelier Heinecke wünscht, ist noch mehr Zusammenhalt unter den Geschäftsleuten, damit man gemeinsam Ideen entwickeln könne. Eine gemeinsame Weihnachtsbeleuchtung sei beispielsweise so ein Punkt
Großes Vorbild sind die Einzelhändler-Kollegen rund um den Lehmweg um die Ecke, die sich zum Kleinen Notting Hill Hamburgs zusammengetan haben, ein Straßenfest und verschiedene Aktionen zusammen organisieren. „So etwas wünsche ich mir für den Eppendorfer Weg auch“, sagt Heinecke. Allerdings: Einer muss den Anfang machen.