Hamburg. Bezirk will im dicht besiedelten Stadtteil etwa breite Gehwege schaffen. Was Anwohner befürchten – und wie sie sich wehren.

296 Kommentare und 646 Unterschriften gingen innerhalb weniger Tage zu einer Petition ein, mit der zwei Anwohner aus Hoheluft-Ost die Umsetzung der geplanten Fußverkehrsstrategie in ihrem Viertel stoppen wollen.

Wie berichtet, sollen mit dem im Koalitionsvertrag festgehaltenen Senatsbeschluss die Bedingungen für Fußgänger verbessert werden; im Bezirk Hamburg-Nord wurden dazu bereits Konzepte für Alsterdorf und Hoheluft-Ost entwickelt und in Teilen auch umgesetzt. So wurden an der Heider Straße durch ein Verbot des Querparkens und das Einrichten von Parkverbotszonen breitere Fußwege geschaffen. Aber eben auch Parkplätze vernichtet.

Anwohnerparken in Hoheluft: Unterschriften an den Bezirk übergeben

Das wollen Oliver Sender und Christian Mattlage, die Initiatoren der Petition, in der Husumer Straße und weiteren Straßen des Viertels verhindern. Der erforderliche Menge der Unterschriften hatten sie schnell zusammen und mittlerweile im Bezirksamt abgegeben. Weil Anwohner ihren Unmut auch schon in den Sitzungen des zuständigen Regionalausschusses geäußert hatten, als es dort um die Maßnahmen der Fußverkehrsstrategie ging, wurde für den 16. Januar eine Sondersitzung angesetzt – und das Bezirksamt gebeten, bis dahin die Rückmeldungen auf fachliche Umsetzbarkeit zu prüfen und Planungen gegebenenfalls anzupassen.

Liest man die Kommentare zur Petition, leiden die Anwohner gar nicht unter den angeblich zu schmalen Gehwegen, den falsch geparkten Autos und schlecht einsehbaren Kreuzungen, die durch das Fußverkehrskonzept in Hoheluft-Ost abgeschafft werden sollen. Sie leiden darunter, dass sie keinen Parkplatz für ihr Auto finden. „Der Parkdruck hier hat sich im Laufe der Jahre ständig erhöht“, sagt Oliver Sender, der seit 14 Jahren in der Husumer Straße wohnt und meistens Fahrrad fährt. „Aber am Wochenende möchte ich mit dem Auto an die Ostsee oder zum Sport nach außerhalb fahren können.“

Rund 300 Parkplätze könnten wegfallen

Seit am 21. November neue Bewohnerparkgebiete in Eppendorf und Hoheluft-Ost eingeführt wurden, habe sich die Situation rund um die Husumer Straße deutlich entspannt. „Die vielen Besucher und Mitarbeiter des UKE, die sonst hier geparkt haben, sind nicht mehr da.“. Doch es liege auf der Hand, dass sich die Lage durch die weitere Umsetzung der Fußverkehrsstrategie und den damit verbundenen Parkplatzabbau wieder zuspitzen werde. Ein Unterzeichner der Petition formuliert es so: „Die Vernichtung von Parkplätzen ohne Not und zusätzlich zur Zwangseinführung von Anwohnerparken führt dazu, dass die Anwohner zahlen müssen, aber erst recht keinen Gegenwert erhalten.“

Nach Recherchen der Anwohner würden in der Husumer Straße voraussichtlich mehr als 100 Parkplätze wegfallen, im Abendrothsweg sogar 115 und insgesamt 80 in weiteren Straßen. Überall dort werde seit Jahrzehnten quer geparkt, betont Sender. In der Petition fordern die Unterzeichner, das auch weiterhin zu ermöglichen. Zumal das Längsparken und die damit verbundene Gehwegverbreiterung in der Heider Straße laut einer Anwohnerin bereits dazu geführt hat, dass der „freie Fußweg“ nunmehr als Fahrradweg genutzt werde. „Das Fahren auf dem Kopfsteinpflaster wird von vielen Fahrradfahrern als zu lästig angesehen“, schreibt sie in einer Eingabe an das Bezirksamt. Dagegen nehme sie kinderwagenschiebende Mütter und ältere Menschen mit Rollatoren nicht im Straßenbild wahr.

Bezirk will mehr Platz für Fußgänger

Neben einer Querungshilfe am Falkenried (Höhe Straßenbahnring), die im Frühjahr 2023 in den Bau gehen soll, ist in Hoheluft-Ost aktuell auch ein fußgängerfreundlicher Umbau der Kreuzung Abendrothsweg/Neumünstersche Straße geplant. In der Husumer Straße und im Abendrothsweg sollen die Gehwege verbreitert, Fahrradbügel und Sitzbänke aufgestellt und ein neuer „hvv switch Punkt“ eingerichtet werden. „Das bedeutet weniger im Weg stehende Autos und mehr Platz für die Fußgängerinnen und Fußgänger“, sagt Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz und betont: „Durch die Umsetzung der Fußverkehrsstrategie entfällt kein regulärer Parkplatz. Lediglich das illegal praktizierte Schrägparken unter Inanspruchnahme von Teilen des Gehwegs soll künftig nicht mehr möglich sein.“

Im Loehrsweg in Eppendorf hat der Bezirk das schon umgesetzt. Unangekündigt seien am Dienstag die Markierungen zum Längsparken angebracht worden, was die Zahl der Parkplätze um die Hälfte reduziere, so eine Anwohnerin. „Wir hatten genau eine Woche eine Entlastung durch das neue Anwohnerparken.“ Sie werde jetzt ebenfalls eine Petition einreichen – wie die Menschen aus Hoheluft-Ost. Laut Polizei ist Querparken keineswegs grundsätzlich verboten, sondern nur dann, wenn andere Verkehrsteilnehmer behindert werden.

Bürger können sich einbringen

Dennis Heinert, Sprecher der Verkehrsbehörde, betont: „Das Bewohnerparken und verbesserte Fußwege sind Maßnahmen, die den Menschen vor Ort zugutekommen Es gibt in Hamburg nirgendwo die Situation, dass die Umsetzung der Fußverkehrsstrategie die Erfolge des Bewohnerparkens zunichtemacht.“

In Vorbereitung auf die Sondersitzung am 16. Januar können Bürger sich mit Eingaben zu den Maßnahmen schriftlich ans Bezirksamt wenden (ausschussdienst@hamburg-nord.hamburg.de oder mobilitaet@hamburg-nord.hamburg.de). „Die Beteiligung vor Ort bleibt für uns bei allen wesentlichen Umgestaltungen essenziell“, betont Sebastian Haffke von der SPD. Und Thorsten Schmidt von den Grünen ergänzt: „Wir sind bereit, uns von guten, rechtlich und baulich umsetzbaren Vorschlägen überzeugen zu lassen, solange diese die Barrierefreiheit, Verkehrssicherheit und eine echte Gleichberechtigung von Fuß-, Rad- und Autoverkehr nicht beeinträchtigen.“