Hamburg. Vielerorts bekommen Autofahrer beim Parken neuerdings Knöllchen – und sind sich keiner Schuld bewusst. Woran das liegt.

Wer in Hamburg sein Auto auf öffentlichem Grund parkt, muss jetzt deutlich stärker darauf achten, ob das auch wirklich erlaubt ist. Denn auch was viele Autofahrer jahre- oder jahrzehntelang praktiziert haben, wird plötzlich bestraft.

Nach einem Abendblatt-Bericht über das „Abzetteln“ von Autofahrern in der Werderstraße in Harvestehude, die ihre Fahrzeuge seit Jahrzehnten nicht nur am Fahrbahnrand, sondern auch auf den höher liegenden Seitenflächen abstellten, haben sich etliche Leser aus unterschiedlichen Stadtteilen gemeldet, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Verkehr Hamburg: Warum plötzlich mehr Strafzettel verteilt werden

Wie und wo sie jahrelang ohne Konsequenzen geparkt haben, wird jetzt plötzlich mit einem Strafzettel geahndet. Viele fragen sich, ob es da eine neue „Politik“ seitens des Landesbetriebs Verkehr oder der Polizei gibt.

Abendblatt-Leserin Iris W., ebenfalls aus Harvestehude, berichtet, dass auch in der Heilwigstraße das etwa 15 Jahre lang geduldete Parken jetzt bestraft wird. „Seit wir das Anwohnerparken haben, wird das Parken auf einem gepflasterten Seitenbereich geahndet.“

Harvestehude: Falschparken kostet in Hamburg 55 Euro

Bereits mehrere Anwohner hätten für das Parken auf einer für zwei Autos geeigneten Fläche ein Knöllchen über 55 Euro erhalten. Auch hier die Begründung: Bei dem Bereich handle es sich um einen Bürgersteig, da kein blaues Schild aufgestellt sei.

Alle Anwohner seien über das neue Prozedere wütend, zumal tagsüber immer wieder Kleintransporter unterschiedlicher Baufirmen auf diesen Plätzen stünden, sagt Iris W. „Ohne ein gültiges Parkticket und teilweise so, dass der eigentliche Fußgängerweg/Radweg zugeparkt ist.“ Diese Fahrzeuge hätten bisher nie ein Knöllchen bekommen. Offenbar fokussiere sich das Ordnungsamt auf die Pkw.

Elbchaussee: 40 Jahre lang konnte man dort straffrei parken

Zudem seien seit mehr als drei Monaten auch Teile des angeblichen „Bürgersteigs“ mit mehreren Säcken Bauschutt aus Wohnungsrenovierungen in der Nachbarschaft versperrt. Ein Überqueren der Straße für Fußgänger sei damit an dieser Stelle gänzlich unmöglich. „Jede Woche kommt ein weiterer Sack hinzu, und das Ordnungsamt unternimmt nichts“, kritisiert Iris W.

Aus Othmarschen schreibt Karin Bremer: Auf der Elbchaussee westlich des Hohenzollernrings seien auf einem Teil des breiten Bürgersteigs noch etwas verwaschene Parkmarkierungen zu sehen, so die Leserin.

Dort habe man in den letzten 40 Jahren anstandslos parken können, bis von einem Tag auf den anderen ohne jegliche Ankündigung Strafzettel über 55 Euro verteilt wurden. Nach Einspruch sei der Betrag „kommentarlos und trotz Fotodokumentation“ auf 83 Euro erhöht worden. Aus ihrer Sicht „ein absolut willkürlicher Akt unserer Obrigkeit“.

„Knöllchen-Flut“ in Hamburg-Hohenfelde und Eimsbüttel

Über eine wahre „Knöllchen-Flut“ berichtet Leserin Marianne Fenske auch vom Graumannsweg in Hohenfelde. Jahrzehntelang habe man hier auf den Freiräumen zwischen Bäumen und Laternen parken können – dann sei „urplötzlich“ das Parken verboten worden.

Ähnliches berichtet ein Anwohner aus Eimsbüttel aus der Straße Bei der Apostelkirche. Dort parkten seit Jahren alle schräg – halb auf dem Sandweg und halb auf der Straße, sagt er und versteht die Abzettelei neuerdings nicht: „Die Feuerwehr kommt hier problemlos durch, die Straße ist breit genug.“

Was Polizei Hamburg und Verkehrsbehörde dazu sagen

Was die Situation in seinen Augen verschärft, ist die Tatsache, dass das Bewohnerparkgebiet ohnehin sehr klein sei. „Und wenn die Sillemstraße ein paar Straßen weiter zur Fahrradstraße ausgebaut wird: Da verschwinden massiv Parkplätze.“ Ihm und seinen Nachbarn sei unklar, warum die bisherige Praxis beim Parken nicht weiter geduldet werden könne

An den bestehenden Regelungen habe sich nichts geändert, sagt Dennis Krämer, Sprecher der Verkehrsbehörde. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außendienstes des Landesbetriebs Verkehr (LBV) kontrollieren die Einhaltung der Regelungen der Parkraumbewirtschaftung insofern, ob eine Parkberechtigung ausliegt in Form eines Bewohner- oder Besucherparkausweises, des Handyparkens oder eines Parkscheins im Rahmen der Höchstparkdauer). Darüber hinaus wird kontrolliert, ob das Parken im Rahmen der Straßenverkehrsordnung weder regelwidrig noch verkehrsgefährdend stattfindet“, sagt Krämer.

Mehr Bewohnerparkgebiete – mehr Mitarbeiter, die überprüfen

Der Sprecher fügt hinzu: „Grundlage dafür sind die geltenden Regelungen des Straßenverkehrsrechts und die durch die Polizei angeordneten geltenden Parkregelungen vor Ort. Parkverstöße werden in allen Bewohnerparkgebieten gleichermaßen geahndet.“

Mit der zunehmenden Zahl an Bewohnerparkgebieten ist auch die Zahl der Mitarbeiter, die die Parkraumbewirtschaftung überprüfen, in den vergangenen Jahren gestiegen. Laut Krämer hat sich ihre Zahl von 136 im Januar 2021 auf 163 im Januar 2023 erhöht.

„Der wachsende Personalkörper begründet sich logischerweise durch den im Koalitionsvertrag festgehaltenen und stattgefundenen Ausbau des Bewohnerparkens. Da dadurch mehr öffentlicher Parkraum durch den LBV zu kontrollieren ist, wird auch entsprechend mehr Personal benötigt“, so der Behördensprecher.

Seitenflächen sind oft Teil des Gehwegs – und kein Parkraum

Bei den Seitenflächen in den beschriebenen Fällen handle es sich um Teile des Gehwegs. „Die Flächen sind nicht durch entsprechende Verkehrszeichen zum Parken freigegeben. Insofern darf hier auf Grundlage der oben genannten Regelungen nicht geparkt werden“, so Krämer.

Für die Beschilderung und konkrete Regelungen zum Seitenstreifenparken sei aber nicht die Verkehrsbehörde (BVM) zuständig und auch nicht der LBV (Parkraummanagement), sondern die jeweiligen örtlichen Polizeikommissariate.

„Seitens der Polizei gibt es keine Anordnung, dass stärker kontrolliert wird“, versichert Joscha Ahlers, Sprecher der Polizei. „Möglich ist, dass es dort Bürgerbeschwerden gab, dann gibt es auch Kontrollen.“

Polizeistreifen stellen Strafzettel aus, aber nicht nur sie

Wenn eine Polizeistreife falsch geparkte Autos bemerke, dürfe sie einen Strafzettel ausstellen. Außerdem kümmern sich neben den Kontrolleuren des LBV auch Angestellte der Polizei um die Parkraumbewirtschaftung.

Es könne viele Gründe geben für die unterschiedlichen Vorgaben beim Parken, sagt Ahlers, dass manchmal schräg und halb auf dem Grünstreifen geparkt werden dürfe und andernorts nicht. Wenn Anwohner mit einer Regelung gar nicht einverstanden seien, rät er ihnen, sich an die Bezirkspolitik zu wenden.

Verkehr Hamburg: Stadt nimmt deutlich mehr ein durch Parkverstöße

Die Stadt Hamburg hat im Jahr 2022 jedenfalls einen deutlichen Anstieg der Einnahmen durch Parkverstöße (Ordnungswidrigkeiten) und Parkgebühren verzeichnet. Im Bereich der Ordnungswidrigkeiten stiegen die Einnahmen von 15,4 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 23,2 Millionen Euro für 2022.