Hamburg. In einem Teil der Werderstraße in Hamburg-Harvestehude wird jetzt bestraft, was jahrzehntelang geduldet war. Der Grund überrascht.
Jeder kennt sie: die meist etwas sandigen Flächen zwischen dem gepflasterten Gehweg und der Bordsteinkante. An vielen Straßen befinden sie sich zwischen Bäumen, Laternen oder Verkehrsschildern und werden gern als Parkplatz benutzt. Auch entlang der Werderstraße in Harvestehude, die mitten in einer Anwohnerparkzone liegt.
Doch das Parken ist tatsächlich nur dort erlaubt, wo kleine blaue Schilder mit einem weißen „P“ und einem Autosymbol stehen. Und die fehlen – allerdings nur im Abschnitt zwischen Hochallee und Rothenbaumchaussee. Bislang war das den Anwohnern gar nicht aufgefallen. Ebenso wie im Rest der Straße stellen sie ihre Autos seit Jahrzehnten nicht nur am Fahrbahnrand, sondern auch auf den höher liegenden Seitenflächen ab.
Verkehr Hamburg: Harvestehuder empört – weil es plötzlich Knöllchen hagelt
Doch was gängige Praxis war und von der Polizei offenbar geduldet wurde, wird seit Kurzem geahndet. Ohne weitere Hinweise bekommen die Anwohner für das Parken auf den Seitenflächen jetzt ein Knöllchen über 55 Euro. Anwohnerin Petra Heinsohn-Heckl, die seit 30 Jahren an der Werderstraße wohnt, und etliche Nachbarn sind darüber verärgert.
Sie blickt von ihrer Wohnung direkt auf den betroffenen Straßenabschnitt. Mitte März hatte sie das erste Mal gesehen, wie eine Mitarbeiterin des Landesbetriebs Verkehr alle Falschparker aufschrieb. „Ihre Begründung war, dass die blauen Schilder fehlten und die Seitenflächen zu den Bürgersteigen gehörten“, so Heinsohn-Heckl.
Anwohnerin der Werderstraße in Harvestehude beschwert sich
„Dass etwas, das jahrzehntelang niemanden gestört hat, jetzt plötzlich verboten ist, ist für mich eine weitere Drangsalierung der Bürger durch die Verkehrspolitik.“ Vor allem, weil in der gesamten Nachbarschaft die kleinen blauen Schilder das – überwiegend schräge – Parken auf den Seitenflächen der Straßen gestatten.
Tatsächlich ist das fast überall in den umliegenden Straßen der Fall. Nur im oberen Bereich der Werderstraße, zwischen Parkallee und Brahmsallee, fehlen die blauen Schilder ebenfalls. Dort sind die Seitenflächen grasbewachsen und werden somit offenkundig gar nicht zum Parken genutzt. Die Anwohner hier scheinen das sogar zu fördern. Auf einer der Flächen stehen Kübel mit kleinen Tannenbäumchen, die mit Ostereiern geschmückt sind.
Werderstraße: Auf Seitenflächen ständen etliche Parkplätze zur Verfügung
Im Abschnitt zwischen Hochallee und Rothenbaumchaussee parken an diesem Vormittag 26 Autos am Fahrbahnrand und fünf Autos (wie die Halter offenbar noch nicht wissen: unerlaubterweise) oben auf den Seitenflächen. Vier bis fünf weitere solcher Flächen sind leer.
„Wir verlieren hier also etliche Parkmöglichkeiten“, sagt Heinsohn-Heckl. Sie hat sich bereits bei Polizei und Verkehrsbehörde beschwert – und hofft, dass demnächst auch in „ihrem“ Abschnitt der Werderstraße das Parken auf den Seitenflächen offiziell erlaubt wird.
Doch danach sieht es nicht aus. Die Polizei bestätigt auf Abendblatt-Nachfrage, dass das Parken auf den Flächen zwischen den Baumständen in der Werderstraße nicht gestattet sei, sondern nur das „normale“ Parken auf der Fahrbahn. Dass das „Falschparken“ bislang geduldet wurde, ist der Polizei nicht bekannt.
Verkehr Hamburg: Falschparken bislang wegen Personalmangels „geduldet“
Vom Landesbetrieb Verkehr erfuhr Petra Heinsohn-Heckl in der Zwischenzeit, dass die sogenannte Parkaufstellung auf den Gehwegen mit der entsprechenden Beschilderung ausschließlich von der zuständigen Verkehrsbehörde des örtlichen Polizeikommissariats 17 angeordnet werde. Der Landesbetrieb sei nur für die Kontrolle verantwortlich.
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Dass in der Vergangenheit durch die „Einsatzpriorität der Polizei“ keine oder nur wenige Kontrollen im Gehwegbereich durchgeführt wurden, bedeutete weder eine Duldung noch eine Erlaubnis des Parkens dort. Dieser Umstand war den Angaben nach lediglich den begrenzten Ressourcen geschuldet.