Hamburg. Seit langem plant der Hamburgs Senat ein neues Naturkundemuseum in der HafenCity. Das könnte dabei gleich mehrere Probleme lösen.
- Elbtower braucht solventen Mieter, um nach Benko-Pleite noch vollendet zu werden
- Senat sucht seit Langem schon Standort für neues Naturkundemuseum
- Konkretere Pläne für Evolutioneum im Gespräch
Über kaum ein Thema hat Hamburg in den vergangenen Monaten so heftig gestritten wie über den Elbtower. Er sollte ein neues Wahrzeichen für Hamburg werden, so imposant und auffällig wie die Elbphilharmonie. Kurzum: etwas, das der Hansestadt noch ein bisschen mehr Glanz verleiht. Der aktuelle Stand ist hinlänglich bekannt: Seit der Pleite von René Benkos Signa stehen die Bauarbeiten still – und statt Glanz und Gloria bringt der halbfertige Elbtower Hamburg seit über einem Jahr vor allem Spott, Häme und eben Streit.
Nun allerdings scheint sich etwas zu tun. Die große Frage, die dabei im Mittelpunkt steht: Wird ein Museum im Elbtower seine Heimat finden? Denn: Als Mieter für den Elbtower ist womöglich das vom Hamburger Senat geplante Naturkundemuseum im Gespräch.
Elbtower statt anderer Standort in der HafenCity: Was bislang für Naturkundemuseum im Gespräch war
Dass der Senat sich damit beschäftigt, ein neues Naturkundemuseum in Hamburg zu eröffnen, ist nicht neu. Sondern seit ein paar Jahren bekannt. Im November 2022 fiel nach langer Suche eine Standortentscheidung: Das geplante neue Hamburger Naturkundemuseum sollte in der HafenCity auf Baufeld 51 entstehen, ein noch freies Grundstück zwischen der Übersee-, der Shanghaiallee und der Hongkongstraße. Zuletzt aber hatte sich mehr und mehr herauskristallisiert, dass dieses Grundstück mit „bemerkenswerter Strahlkraft“ zu klein ist für die „hohe Komplexität“ des geplanten Neubaus für Forschung, wissenschaftliche Sammlungen und eine Ausstellung
Nun bahnt sich eine überraschende Wende an. Wie zuerst der Norddeutsche Rundfunk (NDR) berichtet hat, soll der Elbtower eine Option dafür sein, wo das neue Naturkundemuseum unterkommen könnte. Mehrere Insider bestätigen dem Abendblatt, dass dieser Standort inzwischen favorisiert wird, weil er gleich mehrere Probleme auf einmal löst: Das Naturkundemuseum unter dem Namen „Evolutioneum“ bekommt einen hochattraktiven Standort, der Elbtower einen solventen Mieter und damit eine größere Wahrscheinlichkeit für seine Vollendung.
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Der Weiterbau das Elbtowers hängt daran, dass der 245-Meter-Wolkenkratzer an den Elbbrücken Mieter bekommt, nachdem die Hamburg Commercial Bank, Aon und das Hotel Nobu ihre einstigen Mietzusagen kassiert hatten. Jüngst hatte das Abendblatt berichtet, dass noch drei Interessenten für den Weiterbau des Elbtowers im Rennen seien. Einer davon, der Hamburger Immobilienentwickler Dieter Becken, hat in der Vergangenheit immer wieder betont, einen Ankermieter an der Angel zu haben. Etwa das geplante neue Naturkundemuseum?
Noch gibt es einiges zu klären, die Umsetzung noch längst nicht in trockenen Tüchern. Entsprechend möchten sich die beteiligten Behörden und Stellen nicht zum konkreten Stand äußern. „Aufgrund der Vertraulichkeit des Verfahrens sowie zur Wahrung ihrer Rechte und Verhandlungspositionen sieht die Stadt in ständiger Praxis davon ab, Verfahrensschritte, Stellungnahmen und Ideen Dritter zu kommentieren“, sagt Senatssprecher Marcel Schweitzer.
Evolutioneum soll Vielfalt der Arten und Lebensräume zeigen
Zugleich stellt er klar: „Unabhängig davon prüft der Senat bereits seit 2020 Flächen und Konzepte sowie deren finanzielle Auswirkungen für die Realisierung eines Naturkundemuseums zu wirtschaftlichen Bedingungen, um die Verpflichtung der Stadt gegenüber der Leibniz-Gesellschaft zu erfüllen.“ Das neue Hamburger Naturkundemuseum wird zum außeruniversitären Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) gehören, das Standorte in Bonn und Hamburg hat.
Kritik kam vom CDU-Spitzenkandidaten Dennis Thering: „Das wiederholt von Bürgermeister Tschentscher betonte Versprechen, kein Steuergeld in den Elbtower zu investieren, wäre damit gebrochen.“ Die Stadt habe sich gegenüber der Leibniz-Gesellschaft verpflichtet, den Neubau des Naturkundemuseums (Evolutioneum) zu finanzieren. „Ob der Standort und das Gebäude für das Museum und den Forschungsstandort mit seinem enormen Platzbedarf überhaupt geeignet sind, bleibt ebenfalls unklar.“
FDP spricht von einem „Hütchenspielertrick“
FDP-Spitzenkandidatin Katarina Blume sprach von einem „Hütchenspielertrick“. „Bei Spitzenmieten für Gewerbe von 34 Euro wäre die Ansiedlung eines Museums betriebswirtschaftlicher Irrsinn, zumal sich der Elbtower auch architektonisch kaum für eine kulturelle Nutzung eignet.“ Die Ausflugs- und Aufenthaltsqualität bei einem Museumsbesuch in der ungastlichen Umgebung erscheine mehr als fragwürdig.
Ablehnend äußerte sich auch Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin von den Linken: „Diese Hilfe durch die öffentliche Hand hatte der Erste Bürgermeister bisher kategorisch ausgeschlossen.“ Für die Linke sei klar, dass mit jeder öffentlichen Einrichtung im Elbtower sich der Senat weiter in die Hände der privaten Investoren begebe. „Diese bestimmen dann die Miethöhe und weitere Konditionen.“ Es dürften keine öffentlichen Gelder an die privaten Investoren des Elbtowers fließen.
Das Evolutioneum soll eines der großen Museen der Stadt werden, die Vielfalt der Arten und Lebensräume (Biodiversität) auf der Erde zeigen, aber auch die zunehmende Bedrohung der Natur. Einst besaß Hamburg ein großes Naturkundemuseum am Steintorwall nahe dem Hauptbahnhof. Während der „Operation Gomorrha“ im Juli 1943 ging die Einrichtung in Flammen auf – und mit ihr die Ausstellung. Ein Teil der naturkundlichen Sammlungen war allerdings damals ausgelagert worden und konnte gerettet werden. Allein die Hamburger Zoologischen Sammlungen umfassen schätzungsweise zehn Millionen Objekte – von konservierten Amphibien und Reptilien über Säugetiere und Vögel, Spinnen und Tausendfüßer bis hin zu Quallen.