Hamburg. Vorgesehenes Baufeld 51 in der HafenCity ist offenbar anspruchsvoll. Behörde lässt ergänzende und alternative Flächen für Neubau prüfen.
Die Entscheidung galt als ein Meilenstein auf dem Weg zu einem neuenNaturkundemuseum in Hamburg: Das sogenannte Evolutioneum soll auf dem Baufeld 51 in der HafenCity entstehen, wie im November 2022 bekannt wurde. Einige Jahre zuvor war es noch fraglich gewesen, ob das Forschungs- und Ausstellungshaus überhaupt gebaut werden würde – geschweige denn, dass ein Platz dafür reserviert war.
Nachdem endlich ein Standort festgestanden hatte, teilte die Wissenschaftsbehörde auf Abendblatt-Anfrage mit, das Grundstück zwischen der Überseeallee und der Shanghaiallee zeichne sich durch eine „bemerkenswerte Strahlkraft aus“. Das HIS-Institut für Hochschulentwicklung sei mit einer Flächenbedarfsbemessung beauftragt worden. Die abschließende Studie werde Anfang 2023 vorliegen und bilde eine wichtige Grundlage für einen Architekturwettbewerb.
CDU: Ist Baufeld 51 nicht groß genug für neues Naturkundemuseum?
Seitdem ist öffentlich nichts mehr von dem geplanten Neubau zu hören gewesen. Vor Kurzem erkundigte sich die Hamburger CDU-Abgeordnete Anke Frieling in einer schriftlichen Kleinen Anfrage nach dem Stand der Dinge. Kolportiert wurde bereits, das Baufeld 51 in der HafenCity sei womöglich nicht groß genug, um alle Bedarfe abzudecken – aber stimmt das? Muss gar ein neuer Standort für das Evolutioneum gefunden werden?
Dem Senat zufolge wurde der eingangs erwähnte Bericht des HIS-Instituts zur Flächenbedarfsbemessung im April 2023 der zuständigen Lenkungsgruppe vorgelegt. Damit war es aber nicht getan: Im September 2023 habe die Lenkungsgruppe entschieden, ein Vorprojekt zur „vertiefenden Bedarfsplanung“ durchführen zu lassen – und zwar wegen der „besonderen Lage“ des Baufelds 51 und der „hohen Komplexität“ des geplanten Neubaus für Forschung, wissenschaftliche Sammlungen und eine Ausstellung, so der Senat. Der Abschlussbericht soll voraussichtlich in der zweiten Hälfte dieses Jahres vorliegen.
Behörde prüft auch ergänzende und alternative Flächen für Naturkundemuseum
Das Baufeld 51 hat die Form eines Dreiecks. Noch, heißt es, will die Wissenschaftsbehörde daran festhalten – besser dieses Grundstück als keines. Aber: Die Analyse lasse „erkennen, dass es herausfordernd sein wird, die Flächenbedarfe auf dem Baufeld in vollem Umfang zu realisieren und gleichzeitig die Ansprüche an eine zeitgemäße Architektur für ein modernes Museums- und Forschungsgebäude zu erfüllen“, teilt die Behörde auf Abendblatt-Anfrage mit. Deshalb werde in dem nun laufenden Vorprojekt „auch geprüft, ob Flächenbedarfe auch anders realisiert werden können, zum Beispiel auf ergänzenden oder alternativen Flächen“.
Damit dürfte der ursprüngliche Zeitplan für das Evolutioneum nicht zu halten sein. Als Hamburg 2019 dafür warb, dass ein neues Naturkundemuseum Teil eines neuen Standorts der außeruniversitären Leibniz-Forschungsgemeinschaft in Hamburg werden könnte, hatte die Stadt gegenüber der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) des Bundes und der Länder angegeben, den Neubau voraussichtlich bis 2027 fertigstellen zu wollen. Dieses Datum nannte der Senat auch in einer Mitteilung an die Bürgerschaft.
Geplante Eröffnung des Museums im Jahr 2027 wohl nicht zu schaffen
Mittlerweile erscheint das unrealistisch nicht nur wegen der Herausforderungen, die offenbar mit dem Baufeld 51 verbunden sind. Erschwerend kommt hinzu: Die Entwicklung des Baumarktes unter anderem infolge der Corona-Krise und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zeigten, „dass große Bauprojekte wie das Naturkundemuseum sowohl in den Kosten als auch in der Zeit neue Betrachtungen“ erforderten, so die Wissenschaftsbehörde.
Weil es um eine Kombination aus Forschung, Sammlungen und eine Ausstellung gehe, falle dies „nicht in den Bereich des standardisierten Bauens“; vielmehr gehe es um „hoch spezialisierte Einzelmaßnahmen“. Entstehen solle ein „maßgeschneidertes Gebäude für die besonderen Anforderungen der Naturkunde in Hamburg“, so die Behörde. „Da der Bau eines neuen Naturkundemuseums eine einmalige Chance für den Standort Hamburg ist, müssen dafür alle Bedarfe sehr sorgfältig erhoben werden.“
Neues Naturkundemuseum soll Vielfalt der Arten und Lebensräume zeigen
Das neue Hamburger Naturkundemuseum soll die Vielfalt der Arten und Lebensräume (Biodiversität) auf der Erde zeigen, aber auch die zunehmende Bedrohung der Natur. Es soll zu dem außeruniversitären Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) gehören, das Standorte in Bonn und Hamburg hat.
Das LIB entstand 2021 aus der Fusion des Museums Koenig Bonn (ehemals Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig) und des Museums der Natur Hamburg (ehemals Centrum für Naturkunde).
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Einst besaß die Hansestadt ein Naturkundemuseum am Steintorwall nahe dem Hauptbahnhof. Während der Operation Gomorrha im Juli 1943 ging die Einrichtung unter den Bomben der Alliierten in Flammen auf. Heute steht an der Stelle ein Elektrogroßmarkt. Ein Teil der naturkundlichen Sammlungen war allerdings ausgelagert worden und konnte gerettet werden.
Heute umfassen allein die Zoologischen Sammlungen schätzungsweise zehn Millionen Objekte – von konservierten Amphibien und Reptilien über Säugetiere, Vögel, Spinnen und Tausendfüßer bis zu Quallen. Mit anderen naturkundlichen Sammlungen bilden sie ein Archiv des Lebens, anhand dessen sich der Verlauf der Evolution nachvollziehen lässt.