Hamburg. Früher kamen Besucher ins Wachsfigurenkabinett in Hamburg, um sich zu gruseln. So hat sich die Ausstellung seither geändert.
- Das Panoptikum in Hamburg ist das älteste in Deutschland.
- Früher suchten die Gäste andere Attraktionen als heute.
- Das erwartet die Besucher im Wachsfigurenkabinett auf dem Kiez.
Im Hamburger Wachsfigurenkabinett locken nicht nur Prominente wie Angela Merkel oder die Beatles. Sondern auch Schauriges wie Graf Dracula, ein Werwolf und eine Schreckenskammer, sagt Inhaberin Susanne Faerber.
Interessant: Das durch den ostpreußischen Holzbildhauer Friedrich Hermann Faerber gegründete Panoptikum auf St. Pauli feiert in diesem Jahr 145-jähriges Bestehen. Und es blickt zurück auf eine Vergangenheit, in der die Besucher vor allem zum Gruseln in die Ausstellung am Spielbudenplatz kamen, wo schon bald wieder der Weihnachtsmarkt lockt.
St. Pauli: Ausflugsziel Panoptikum lockte früher zum Erschrecken
„Früher kannten die Menschen noch kein Kino und kaum Fotos“, erzählt Susanne Faerber, die hier in der fünften Generation die Fäden in der Hand hält, über die Wünsche des damaligen Publikums.
Die Menschen hatten großen Spaß am Erschrecken und seien mit Vorliebe für den Henker ins Wachsfigurenkabinett gekommen – oder das ebenfalls noch heute gezeigte anatomische Kabinett, wo Geburten, frei liegende Organe und Krankheitsbilder zu sehen sind.
Die Menschen, die in der Kammer des Schreckens Folterqualen erleiden, sehen so echt aus, dass vor dem Verlies Vorhänge vor allzu unüberlegten Blicken schützen. „So kann jeder entscheiden, ob er sich die Szenen antun will“, sagt Faerber, die selbst viel Verständnis für schreckhafte Gemüter hat: „Ich bin so zartbesaitet, dass ich mir keinen Krimi anschauen kann, und hier gucke ich auch am liebsten weg“, sagt die 33-jährige promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin lachend.
St. Pauli in Hamburg: Das Panoptikum wurde 1879 bereits am Spielbudenplatz gegründet
Auch, wenn sie die Figuren, die Haken im Bauchfleisch stecken haben oder von Ratten gequält werden, schon lange kennt. „Ich saß als Kind im Auto neben ihnen, nachdem wir sie einem spanischen Wachsfigurenkabinett abgekauft hatten und nach Hamburg brachten.“
Viele der schaurigen Ausstellungsstücke, die das 1879 bereits am Spielbudenplatz gegründete Panoptikum im Bestand hatte, sind im Krieg zerstört worden. „Nur 17 von 300 Figuren haben die Zeit überlebt, weil sie unter dem Michel eingelagert waren“, sagt Faerber, die schon mit zwölf Jahren wusste, dass sie das Kabinett einmal übernehmen würde. Ihre Mutter starb nach schwerer Krankheit mit 54 Jahren, sodass Faerber als Jugendliche Halbwaise wurde und sich früh verantwortlich für das Panoptikum sah.
Wachsfigurenkabinett: Friedrich der Große hat schon 140 Jahre auf dem Buckel
„Und schließlich habe ich schon, als ich klein war, auf dem Schoß der Kassiererin gesessen und hier meine Kindergeburtstage gefeiert“, sagt Faerber, deren Vater Hayo, ein Mediziner, irgendwann seine Praxis aufgab mit den Worten: „Es gibt viele Arztpraxen, aber nur ein Panoptikum“, und fortan ebenfalls die Geschicke der Show lenkte und immer wieder neue Figuren anschaffte.
Während Friedrich der Große schon 140 Jahre auf dem Buckel hat, sind etliche Wachsfiguren neueren Datums. Erst kürzlich zog Taylor Swift in die Ausstellung ein und steht seither für Selfies parat.
Greta, die Klimaaktivistin, hat der für das Kabinett arbeitende Künstler aus freien Stücken geschaffen. „Ich hatte sie gar nicht bestellt“, sagt Faerber, die oft erlebt, wie die wächsernen Personen polarisieren. Neben Greta ist das derzeit vor allem der ehemalige und zukünftige US-Präsident Donald Trump, der mit grimmiger Miene die Diskussionen der Besucher zu verfolgen scheint. „Auch der ist etwas zum Gruseln“, findet ein Gast und schaut dem Politiker herausfordernd ins Gesicht.
Hamburg: Im Panoptikum sind Donald Trump, die Beatles und Napoleon zu sehen
„Das ist gar nicht so einfach“, sagt Faerber zu der Frage, welchen Prominenten sie als nächsten Neuzugang für die gut 120 langjährigen „Bewohner“ wie Helmut Schmidt, die Beatles oder Napoleon plant.
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Die Arbeit an einer Wachsfigur dauere oft Jahre, und schließlich soll der Ruhm ja nicht schon verblasst sein, wenn die Vernissage ansteht. Bei Dracula hat sich jedenfalls erwiesen, dass die Menschen bei seinem Anblick immer noch genauso schön schaudern wie zu alten Zeiten.
Panoptikum, Spielbudenplatz 3, Tickets ab 7,50 Euro, Montag bis Sonntag 10 bis 20 Uhr, sonnabends bis 22 Uhr