Hamburg. Für den Bauherrn Unibail-Rodamco-Westfield werden die drei geplatzten Eröffnungen richtig teuer. Welche Konsequenzen der Konzern zieht.
Das neue XXL-Einkaufsviertel Westfield Hamburg-Überseequartier entwickelt sich für Unibail-Rodamco-Westfield (URW) zu einem Albtraum: Die massiven Probleme und Verzögerungen auf der Baustelle führen zu einer Kostenexplosion von mehr als einer Milliarde Euro.
Inzwischen geht das Unternehmen von Gesamtinvestitionskosten von schätzungsweise rund 2,26 Milliarden Euro für das Bauvorhaben aus. Beim ersten Spatenstich 2017 wurde noch mit rund einer Milliarde Euro kalkuliert. Allein die erneute Verzögerung der Eröffnung, die am Donnerstag offiziell bestätigt wurde, führt nach URW-Schätzungen zu Mehrkosten von 100 Millionen Euro. Diese entstehen laut einer Mitteilung „im Wesentlichen im Zusammenhang mit der verlängerten Bauzeit und den Kompensationen für die Mietpartner“.
Westfield Hamburg: Allein die erneute Verzögerung kostet den Konzern 100 Millionen Euro
Der französische Immobilienkonzern URW hat die Eröffnung bereits dreimal verschoben. Der erste Termin im April dieses Jahres wurde wegen eines Wasserschadens nur zwei Wochen vorher abgesagt. Dann hieß es, Ende August werde eröffnet – das klappte ebenfalls nicht. Anfang September berichtete das Abendblatt dann exklusiv, dass auch der 17. Oktober als Eröffnungstermin nicht gehalten werden kann.
In der Mitteilung von URW ist von einer Verschiebung der Eröffnung auf das „späte erste Quartal 2025“ die Rede. Allerdings soll das Unternehmen gegenüber Premium-Mietern wie dem Luxuskaufhaus Breuninger von Mitte Februar gesprochen haben.
Hamburgs XXL-Einkaufszentrum: URW-Chef Jean-Marie Tritant spricht von „inakzeptabler Situation“
Unterdessen lässt URW bereits seit Juli eine umfassende Untersuchung von den Unternehmen Accuracy (Experten für forensische Buchhaltung) und White & Case (Rechtsberatung) in Bezug auf das XXL-Einkaufsviertel durchführen. Diese hat sich bisher darauf konzentriert, die Hauptursachen für die erheblichen Kostensteigerungen und Verzögerungen zu identifizieren.
Veranlasst hat diese Untersuchung der Vorstand von URW um Jean-Marie Tritant. Der URW-Chef hat im Juli in Paris im Rahmen der Konferenz zur Bekanntgabe der Halbjahresergebnisse des börsenorientierten Unternehmens bereits deutlich gemacht, dass die Situation inakzeptabel sei, wichtige Lehren daraus gezogen und weitere notwendige Maßnahmen eingeleitet werden müssten.
Die vorläufigen Ergebnisse der Untersuchung durch Accuracy und White & Case sind alarmierend, wie aus detaillierten Informationen von URW, die dem Abendblatt vorliegen, hervorgeht.
Die Liste der Vorwürfe ist lang: gravierendes Projekt-Missmanagement, unzureichende Designdetails, offene Mengenverträge und Änderungsaufträge sowie Umfangslücken bei der Beauftragung von Dienstleistern, die zusammen mit der Größe und Komplexität des Projekts laut der Untersuchung die Hauptursachen für Projektverzögerungen und Kostensteigerungen sind.
Westfield Hamburg-Überseequartier: Brandschutz ist eines der größten Probleme auf der Baustelle
Der französische Immobilienkonzern zog daraus Konsequenzen: Es wurden ein neuer Bauleiter für das XXL-Einkaufsviertel ernannt und eine Verstärkung des Teams mit zusätzlicher Expertise in den Bereichen der technischen Gebäudeausrüstung und Inbetriebnahme vorgenommen.
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Denn dieses Milliardenprojekt mit 14 Gebäuden und 500.000 Quadratmeter Fläche stellt den Bauherrn vor extreme logistische Herausforderungen. Diese führen zu den Verzögerungen und beziehen sich laut URW hauptsächlich auf Aspekte wie Brandschutz- und sicherheitstechnische Anlagen sowie andere Systeme der technischen Gebäudeausrüstung. Allein das Brandschutzsystem umfasst 360 Kilometer Rohrleitungen, 72.000 Sprinklerköpfe und 130 Wasserventile.
In das XXL-Einkaufsviertel Westfield Hamburg-Überseequartier ziehen 170 Geschäfte, Gastronomie und Entertainment ein. Außerdem entstehen dort 579 Wohnungen, drei Hotels der französischen Accor-Kette sowie Büros mit rund 4000 Arbeitsplätzen.