Hamburg. Direkt neben dem XXL-Einkaufsviertel in der HafenCity hat der Traditionsbäcker Hönig 2019 eröffnet. Dauerbaustelle wird zum Segen.

  • Trotz verschobener Eröffnung – Bäckerei in HafenCity läuft auf Hochtouren
  • Mit Jahresbeginn 2024 ändert sich plötzlich alles
  • Bauarbeiter stürmen Bäckerei und sorgen für großen Ausverkauf

Drei Bauarbeiter stehen vor dem langen Verkaufstresen und überlegen. Gar nicht so leicht, die richtige Auswahl in der Bäckerei Hönig zu treffen. Allzu viel Zeit kann sich das Trio – mit Warnweste und Schutzhelm bekleidet – nicht lassen, schließlich müssen sie zeitnah wieder auf die Baustelle des Westfield Hamburg-Überseequartiers auf der gegenüberliegenden Seite.

„Das ist Alltag hier in der HafenCity. Bei den Bauarbeitern sind Bockwurst und Franzbrötchen ganz besonders beliebt. Aber auch unsere warmen Snacks“, sagt Michelle Behrens, Verkäuferin in der neuesten Filiale des Hamburger Traditionsbäckers am Rande der Großbaustelle am Grasbrook.

Westfield Hamburg: Für Bäckerei änderte sich Anfang 2024 schlagartig alles

Seit 2019 ist die Bäckerei Hönig in der HafenCity ansässig. Der Familienbetrieb, den es seit 1971 gibt, betreibt zudem zwei Filialen in Niendorf (am Tibarg und in der Papenreye). Einen weiteren Laden gibt es in Barmbek. Die Pläne, mit der Bäckerei ins Ausland zu expandieren, verwarf Familie Hönig, als sie damals die Immobilie in der HafenCity entdeckte.

„Die ersten Jahre hier waren aber schlimm. Kaum Durchgangsverkehr. Wenn ich morgens um 5.30 Uhr angefangen habe, gab es kaum einen Menschen, kaum ein Auto zu sehen“, erinnert sich Bettina Blount, Filialleiterin am Grasbrookpark. „Diese Filiale wurde praktisch nur durch die anderen drei Filialen finanziell getragen.“

Doch mit Jahresbeginn 2024 änderte sich schlagartig alles für die Bäckerei Hönig. Ursprünglich sollte das Westfield-Einkaufsviertel im April eröffnet werden. Dementsprechend viele Bauarbeiter werkelten mit Hochdruck an der Fertigstellung des riesigen Areals auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Westfield: Pro Tag waren bis zu 500 Bauarbeiter in der Bäckerei Hönig

„Seit Januar war es hier wirklich unnormal. Wir hatten so viel zu tun, das hätten wir so nie erwartet“, sagt Verkäuferin Behrens rückblickend und fügt hinzu: „Die Kommunikation war manchmal anstrengend, aber auch ganz lustig. Mit Händen und Füßen. Manchmal haben sie auch das, was sie haben wollen, mit dem Handy fotografiert und uns gezeigt.“

Björn Hönig, Bettina Blount und Michelle Behrens von der Bäckerei Hönig vor der Baustelle des Westfield Hamburg-Überseequartiers.
Björn Hönig, Bettina Blount und Michelle Behrens von der Bäckerei Hönig vor der Baustelle des Westfield Hamburg-Überseequartiers. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Über den Tag verteilt kamen mehr als 500 Arbeiter von der Großbaustelle in die Filiale. Schon frühmorgens bildete sich eine lange Schlange. An manchen Tagen waren bereits um 10 Uhr sämtliche Backwaren und Snacks restlos ausverkauft.

Westfield Hamburg: Bäckerei verdreifacht ihren Umsatz – dank Baustelle

„Es war völlig irre“, sagt Björn Hönig, Inhaber des Traditionsunternehmens. „Auf der Baustelle hatte wohl ein Caterer dicht gemacht, auch den Kiosk nebenan gab es nicht mehr. Die Bauarbeiter haben uns förmlich überrannt. Nach und nach mussten wir mehr Ware nachlegen.“ Von einem Tag auf den anderen sei der Umsatz in die Höhe geschossen. „Wir haben unseren Umsatz fast verdreifacht“, ergänzt Filialleiterin Blount.

Die Bäckerei Hönig grenzt in der HafenCity direkt an die Baustelle des Westfield Hamburg-Überseequartiers.
Die Bäckerei Hönig grenzt in der HafenCity direkt an die Baustelle des Westfield Hamburg-Überseequartiers. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Mittlerweile hat sich der Westfield-Trubel in der Bäckerei-Filiale aber gelegt. Die Eröffnung des XXL-Einkaufszentrums hat sich abermals – Stand jetzt – auf Ende September verschoben. Aktuell sind längst nicht mehr so viele Arbeiter im Laden zu sehen. Den ganzen Wirbel um das mittlerweile stark kritisierte Großbauprojekt haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hautnah mitbekommen.

Auch, dass regelmäßig Polizei und Zoll die Baustelle inspiziert haben, um nach den schweren Arbeitsunfällen zu ermitteln und Schwarzarbeiter ausfindig zu machen. „Wir hatten hier Bauarbeiter als Kunden, die selbst nicht gewusst haben, dass sie Schwarzarbeiter sind“, sagt Behrens.

Westfield-Eröffnung: „Haben gehört, dass es dieses Jahr nichts mehr wird“

Wann genau das Westfield Hamburg-Überseequartier öffnet, wissen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bäckerei Hönig nicht. „Die Bauarbeiter wurden offenbar nach der neuerlichen Verschiebung nach Hause geschickt, weil es nichts zu tun gab. Wir dachten aber, dass die Arbeiter im Juni wiederkommen“, sagt Verkäuferin Behrens. „Davon merken wir bislang nichts. Ob wirklich Ende September eröffnet wird? Keine Ahnung. Wir haben gehört, dass es dieses Jahr nichts mehr wird.“

Während die Mieter des Westfield-Areals unter den Terminverschiebungen leiden, sieht die Bäckerei Hönig – wenig überraschend – das Thema komplett gelassen. Man profitiere schließlich davon.

Westfield Hamburg: Bricht Umsatz der Bäckerei nach Fertigstellung ein?

Sorgen, dass das derzeit so gute Geschäft nach der Fertigstellung des Westfield Hamburg-Überseequartiers wieder einbricht, hat der Familienbetrieb nicht. Auch wenn in unmittelbarer Nähe mehrere Cafés und Bäckereien öffnen werden.

Gerade Familien, die mit ihren Kindern Zeit auf dem benachbarten großen Spielplatz im Grasbrookpark verbringen, sorgen für regelmäßigen Umsatz. „Vielleicht müssen wir uns dann wieder neu erfinden, weil die Kunden dann andere Wünsche haben als jetzt die Bauarbeiter“, sagt Filialleiterin Blount.

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Inhaber Björn Hönig nimmt es ohnehin sportlich. „Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Ich bin überzeugt von unserer Qualität und der Freundlichkeit unseres Teams. Unsere Kunden sind treu.“ So wie die verbliebenen Arbeiter auf der Baustelle des Westfield Hamburg-Überseequartiers.