Hamburg. Das Null-Emissionshaus sollte 2024 bezogen werden. Doch das Prestigeprojekt wird erst rund zwei Jahre später fertig. Die Gründe.

Die ehrgeizigen Pläne für die neue Unternehmenszentrale der städtischen HafenCity Hamburg GmbH im Quartier Am Sandtorpark/Grasbrook wurden bereits im April 2021 vorgestellt. Es wurde in diesem Zuge auch eine spektakuläre Visualisierung des Gebäudes mit rund 7200 Quadratmeter Fläche präsentiert, mit viel Pflanzen an der Fassade.

Es sollte eine Vorzeige-Immobilie werden, konkret: ein sogenanntes Null-Emissionshaus. Die Firmenzentrale sollte von der Errichtung über den Betrieb bis hin zu einem möglichen Rückbau und zur Entsorgung CO₂-neutral sein. Der Baubeginn war für Anfang 2022 geplant. Die Fertigstellung sollte in diesem Jahr erfolgen.

Immobilien Hamburg: Null-Emissionshaus wird erst Ende 2026 bezogen

Doch bei einem Ortstermin an der Baustelle – die Fläche liegt an der Kreuzung Am Dalmannkai/San-Francisco-Straße direkt neben dem Heizwerk – wird schnell klar, dass daraus nichts wird: Der Betrachter braucht noch viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass dort ein spektakuläres Null-Emissionshaus gebaut wird. Bislang steht noch nicht mal das Erdgeschoss.

Auf Abendblatt-Anfrage bestätigt eine Sprecherin der HafenCity Hamburg GmbH, dass die geplante Fertigstellung 2024 nicht eingehalten werden kann. „Die Inbetriebnahme ist derzeit für voraussichtlich Ende 2026 geplant, die Fertigstellung für Mitte 2026“, so die Sprecherin weiter.

Das bedeutet: Es gibt eine Verzögerung im Bauablauf von etwa zwei Jahren. Wie konnte es bei einem stadteigenen, prestigeträchtigen Bauvorhaben dazu kommen? „Die Bauarbeiten unterliegen hohen Auflagen durch die Bauaufsichtsbehörde. Lärmintensive Arbeiten wie Bohren und Abschütteln durften für die Gründung nur zweieinhalb Stunden pro Tag anstatt für acht Stunden ausgeführt werden“, so die Erklärung der Sprecherin.

So soll die neue Unternehmenszentrale der HafenCity Hamburg GmbH aussehen.
So soll die neue Unternehmenszentrale der HafenCity Hamburg GmbH aussehen. © Heinle Wischer und Partner | Heinle Wischer und Partner, Freie Architekten

HafenCity GmbH: Neue Firmenzentrale – Beschwerden wegen Baustellenlärm

Das Abendblatt hatte bereits im September 2022 unter der Überschrift „Zu laut: Behörde stoppt Bauarbeiten“ über die Probleme bei der Errichtung des Null-Emissionshauses berichtet. Seit dem 8. September ruhten damals die Großbohrgeräte auf dem Areal. Grund dafür war die Überschreitung der Immissionsrichtwerte, wie das Amt für Bauordnung und Hochbau (ABH) dem Abendblatt damals bestätigte.

Diese hätten laut Behörden bei mehr als 60 Dezibel und damit über der Richtwertgrenze gelegen, weshalb das ABH die Bauherrin – die HafenCity Hamburg GmbH – anwies, „die maßgeblich dafür verantwortlichen Baumaschinen (...), nicht aber die gesamte Baustelle“ stillzulegen. Anlass für die Überprüfung der Lautstärke waren „Lärmbeschwerden“, so das Amt.

Die HafenCity Hamburg GmbH musste dem ABH daraufhin ein Lärmminderungskonzept vorlegen. Daraus dürfte die oben bereits erwähnte Einschränkung bei den lärmintensiven Arbeiten resultiert haben.

Immobilien Hamburg: Kostensteigerung beim Null-Emissionshaus möglich

Spannend ist auch die Frage, ob es wegen der Bauverzögerung zu einer Preissteigerung kommt. Die Antwort der Sprecherin ist wenig konkret: „Zu Kosten können wir aktuell keine Angaben machen. Die bisherige Kostenberechnung beruhte auf der Entwurfsplanung, die gerade im Zuge der finalen Prüfung der Ausschreibungsplanung fortgeschrieben wird. Eine aktualisierte Angabe der voraussichtlichen Kosten wird erst nach Abschluss der Fortschreibung möglich sein.“

Ursprünglich war für das Null-Emissionshaus auf dem Grundstück ganz in der Nähe des neuen Einkaufsquartiers Westfield Hamburg-Überseequartier ein Investitionsvolumen von 23,5 Millionen Euro genannt worden.

Kritik kommt jetzt von der Opposition: „Wieder ein Prestige-Bauprojekt aus dem Einflussbereich des Senats, das sich massiv verzögert und bei dem schon jetzt mit enormen Kostensteigerungen gerechnet werden muss, auch wenn die HafenCity GmbH angeblich noch keine Zahlen kennt“, sagt CDU-Stadtentwicklungsexpertin Anke Frieling dem Abendblatt. „Sollte sie tatsächlich nicht wissen, wo sie mit dem Projekt kostentechnisch steht, wäre das in sich ein Skandal.“

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Linke: „Das ist ein Vorzeigeprojekt dafür, wie es nicht laufen soll“

Die Linke-Vizefraktionschefin Heike Sudmann sagt: „Das ist ein Vorzeigeprojekt dafür, wie es nicht laufen soll. Nachhaltiger wäre es, vorhandene leer stehende Büroflächen zu nutzen.“ Doch die HafenCity Hamburg GmbH wolle unbedingt einen schicken Neubau haben.

„Das Beispiel von der Hamburg Port Authority, die anstatt neu zu bauen 2026 in das ehemalige Unilever-Haus am Strandkai umzieht, hat doch gezeigt, dass auch Umzüge in der HafenCity möglich sind“, sagt sie.

Sudmann kritisiert weiter: „Was nutzen schöne Worte wie höchste Nachhaltigkeitsstandards, wenn sich beim Bauen anscheinend immense Umsetzungsprobleme auftun. Jetzt den Lärmschutz als Verzögerungsgrund anzugeben ist billig. Fraglich ist auch, ob es keine anderen Null-Emissionshäuser gibt, die als Vorbild dienen können. Das Rad muss nicht von der HafenCity Hamburg GmbH neu erfunden werden.“

Immobilien Hamburg: HafenCity GmbH – alter Firmensitz wird vorerst weiter genutzt

Trotz all der Widrigkeiten wirbt unterdessen die Sprecherin des städtischen Unternehmens weiterhin für die neue Firmenzentrale: „Das Null-Emissionshaus verfolgt als künftiger Sitz der HafenCity Hamburg GmbH und weiterer Unternehmen mit hohen Nachhaltigkeitsansprüchen ein ambitioniertes Konzept für klimaneutrales und ressourcenschonendes Bauen und Betreiben.“

Die gute Nachricht: Für die rund 100 Mitarbeiter der HafenCity Hamburg GmbH muss jetzt keine Zwischenlösung gesucht werden. Sie können bis zum Bezug des Neubaus in der Unternehmenszentrale an der Osakaallee bleiben.