Hamburg. Das bargeldlose Bezahlen führt nicht nur bei Fahrgästen zu Frust. Ein Hamburger Busfahrer schildert, welche Probleme er erlebt.
Seit einigen Wochen gibt es jetzt die neue Prepaidkarte des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV). Und damit gibt es seit einigen Wochen keine Möglichkeit mehr, mit Bargeld für eine Busfahrt in Hamburg zu bezahlen. Bei einigen Fahrgästen stößt das auf Unverständnis, Probleme und Frust – doch auch das Fahrpersonal sieht sich vor Herausforderungen.
Einige Fahrgäste berichteten dem Abendblatt, dass die neue Karte bei älteren Menschen oder Personen, die nur zu Besuch in der Stadt sind, für Verwirrung sorgt. Andere erzählten von negativen Erfahrungen, die sie mit dem Fahrpersonal gemacht hätten. Sie seien unfreundlich und würden keine Hilfestellungen bei Problemen mit der bargeldlosen Bezahlung bekommen.
HVV-Prepaidkarte: Busfahrer übt Kritik – „ins kalte Wasser geworfen“
Einen Mitarbeiter der Hamburger Hochbahn, der anonym bleiben möchte, ärgern diese Anschuldigungen ganz besonders. „Stiesel“ gebe es auch unter den Busfahrern, sagt er. „Aber das Gros ist freundlich und hilfsbereit.“
Angesichts der angespannten Situation könne er zudem verstehen, warum einige seiner Kolleginnen und Kollegen schlecht gelaunt seien – auch wenn es bei ihm anders sei. „Ich habe in meinem alten Beruf gelernt, immer freundlich zu sein, und werde das auch als Busfahrer stets beibehalten“, sagt er.
Aus seiner Sicht ist das Problem, dass das Fahrpersonal nur mangelhaft bis gar nicht im Umgang mit der Prepaidkarte geschult worden sei. Man wurde genauso „ins kalte Wasser geworfen“ wie die Fahrgäste, so der Busfahrer.
HVV: Hochbahn verweist auf Infomaterial für Busfahrer
Die Hamburger Hochbahn wehrt sich jedoch gegen diesen Vorwurf und verweist darauf, dass es seit Sommer 2023 Informationen zur neuen Prepaidkarte für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Fahrdienst gegeben habe. Demnach gab es Infobroschüren, Video- und Informationsmaterialien im Mitarbeiterportal und eine Informationskampagne auf allen Betriebshöfen.
„Kurz vor dem Stichtag haben dann alle Fahrerinnen und Fahrer eine mit 5 Euro aufgeladene Prepaidkarte mit Informationen zur Funktionsweise nach Hause geschickt bekommen“, sagt Hochbahnsprecher Christoph Kreienbaum.
Busfahrer moniert Auswirkungen der HVV-Prepaidkarte auf Pünktlichkeit
Der sich kritisch äußernde Busfahrer sieht ein weiteres Problem in den Taktzeiten der Busse. „Diese sind vorgegeben und nach Möglichkeit einzuhalten. Kommen nun sechs Personen mit Prepaidkarten und jeder benötigt etwa zwei Minuten am wohlgemerkt einzigen Terminal im Bus, ist die Taktzeit völlig hin“, sagt er. „Erschwerend kommt hinzu, dass jede Überfahrzeit von der Pause des Busfahrers abgeht.“
Das Einsteigen in den Bus könne in der Anfangsphase etwas länger dauern, räumt Kreienbaum ein. „Wir sind aber überzeugt, dass sich das zügig einspielen wird. Viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Busfahrdienst berichten darüber schon jetzt. Dann wird es eher zu kürzeren Einsteigezeiten kommen, was der Pünktlichkeit der Busse helfen wird.“
Verspätung bei Hochbahn-Bussen – manche Fahrgäste reagieren aggressiv
Verspätungen – auch dazu äußert sich der Busfahrer gegenüber dem Abendblatt. Er erlebe regelmäßig Fahrgäste, die dafür kein Verständnis hätten. Ebenso wenig wie dafür, dass auch das Personal mal eine Pause brauche, um etwas zu essen oder zur Toilette zu gehen. Es sei schon vorgekommen, dass manche Menschen während der Pause hektisch an die Tür geklopft und „wild gestikulierend“ gefragt hätten, warum der Bus nicht fahre.
Christoph Kreienbaum bestätigt auf Nachfrage, dass dem Unternehmen das Problem mit aggressiven Fahrgästen bekannt sei. „Das ist sehr bedauerlich und sehr ärgerlich“, sagt er. „Eine Zunahme solcher Vorfälle insgesamt können wir nicht beobachten.“
HVV: Prepaidkarten vergriffen – 65.000 weitere Karten für Verkaufsstellen
Ärgerlich für Fahrgäste war in den vergangenen Wochen, dass die aufladbaren HVV-Karten nach kurzer Zeit vergriffen waren. Ein Abendblatt-Leser wirft dazu die Frage auf, warum nicht jeder Bus mit Prepaidkarten ausgestattet werde, um sie dort an Fahrgäste aushändigen zu können.
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Doch der Hochbahnsprecher nennt Argumentente, die gegen diese Idee sprechen. Prepaidkarten, die nicht aufgeladen sind, helfen in der Situation nicht, sagt Kreienbaum. „Und ein Verkauf von Karten, die bereits aufgeladen sind, ist zwar möglich, wäre jedoch nicht sinnvoll.“ Denn der Kauf einer Prepaidkarte beim Busfahrer und der anschließende digitale Kauf einer Fahrkarte würde das Einsteigen deutlich verlangsamen. Das Ziel, die Zahlung mit Bargeld abzuschaffen, wäre zudem verfehlt.
Um das Problem der vergriffenen Prepaidkarten zu lösen, werden diese Woche 65.000 weitere Karten an die Verkaufsstellen geliefert, wie HVV-Sprecher Rainer Vohl dem Abendblatt mitteilte. „Dann sollte es keine Engpässe mehr geben.“