St. Pauli/Sylt. Das Pony in Kampen hat Tim Becker schon 2020 übernommen. Jetzt hat er die Strandhalle in List eröffnet. Woran er noch arbeitet.
Auf dem Hamburger Kiez zählt Tim Becker zu den bekanntesten Gastronomen, aber auch an Sylt findet der 43-Jährige Gefallen: Vor drei Jahren hat er mit Partnern den legendären Nachtclub Pony in Kampen übernommen und vor Kurzem die traditionsreiche Weststrandhalle in List neu eröffnet. Die heißt jetzt übrigens Strandhalle.
Das Holzhaus am Ellenbogen ist eine gastronomische Institution auf der Insel. Seit mehr als 30 Jahren blicken die Gäste von dort über die Dünen, können das Meeresrauschen hören – und der Strand ist nur einen Steinwurf entfernt.
Sylt: Viele Interessenten für das ehemalige Restaurant Weststrandhalle in List
Der langjährige Pächter hatte das Lokal in den Dünen zuvor an das bekannte Gastronomen-Ehepaar Rüdiger Meyer und seine Frau Britta Wonneberger übergeben. Die beiden hatten 20 Jahre das Kultlokal Wonnemeyer am Strand von Wenningstedt geführt. In der Weststrandhalle blieben sie jedoch nur ein paar Jahre.
Nach der Schließung im Oktober 2022 gab es wenig später eine „Ausschreibung der Gemeinde List. Ich kenne nicht die genaue Zahl, aber es dürften schon so um die 20 Bewerber gewesen sein, gegen die wir uns durchgesetzt haben“, sagt Becker.
Ab März waren die Handwerker in der Immobilie im Einsatz. Beim Gespräch mit dem Abendblatt verrät der Gastronom: „Wir wollten eigentlich viel erhalten, aber dann wurde es doch eine Kernsanierung. Der Holzboden musste aufgerissen, Rohre ausgetauscht werden. Eine neue Küche haben wir auch eingebaut.“
Die Strandhalle soll ein Treffpunkt für Urlauber und Insulaner sein
Im Sommer wurde bereits der zugehörige Kiosk, denn die Versorgung der Strandbesucher muss gesichert sein, wieder eröffnet. Seit September steht den Gästen auch das Restaurant offen: „Bei uns fühlt man sich wie in einem Wohnzimmer, das mit einer Deckenhöhe von sieben Metern sehr großzügig ausfällt. Es ist gemütlich, wir setzen auf viel Holz und dunkle Grüntöne.“
Die rustikalen Sitzecken wurden restauriert und wieder eingebaut, der Tresen mit Eichenholzbrettern aus Frankreich verkleidet. Wichtig war Becker und seinem Geschäftspartner Tom Kinder, mit dem er auch das Pony betreibt, dass „wir einen Ort für jedermann schaffen. Ob Urlauber oder Insulaner, bei uns sollen sich alle wohlfühlen“, sagt der Vater von drei Kindern, der mit seiner Familie in der Gemeinde Seevetal vor den Toren Hamburgs lebt.
Sylt: Die Strandhalle hat Rouladen, Scholle und Makrele auf der Speisekarte
Gastgeberin in der Strandhalle ist Andrea Engemann-Steigenberger, die Tante seiner Frau Franziska. In der Küche hat Nico Kluth das Sagen. „Wir haben gleich gemerkt, dass unser Chefkoch einiges auf dem Kasten hat. Der sprudelt nur so vor Ideen, den muss man manchmal ein wenig stoppen“, sagt Becker mit einem Augenzwinkern. Zu essen gibt es „alles, was glücklich macht.“
Auf der Abendkarte stehen zum Beispiel Rinderroulade mit Kirschrotkohl und Spätzle (25 Euro) oder Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln und Gurkensalat (28 Euro). Aus dem Meer gibt es französischen Miesmuschelpott mit Fenchel, Staudensellerie und Knoblauch, dazu wahlweise Röstbrot oder Pommes (24 Euro).
Auch Scholle mit Krabben, Bratkartoffeln und Gurkensalat (33 Euro) oder gegrillte Makrele mit Zitrone, grünem Spargel, Parmesan und Pinienkernen (29 Euro) können geordert werden. Und Gastronom Becker hat noch einen Tipp parat: „Unsere Auszubildende macht wunderbaren Kuchen. Da gehen selbst in der Nebensaison zehn bis 15 Bleche über den Tresen.“ Geöffnet ist die Strandhalle immer ab 12 Uhr. Montag und Dienstag sind in der Nebensaison Ruhetage. Eine Ausnahme sind die Weihnachtsfeiertage.
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Sylt war für Gastronom Tim Becker eine „späte Liebe“
Im Abendblatt-Gespräch gibt Becker zu, dass Sylt eine späte Liebe gewesen sei: „Ich bin eigentlich immer nur um Inseln gesegelt, aber bin selten an Land gegangen. Erst als wir das Pony, wir kannten den Betreiber Oskar Schnitzer über gemeinsame Events, übernommen haben, bin ich zu einem echten Sylt-Fan geworden.“
Tim Becker lebt Gastronomie. Zunächst machte er eine Ausbildung zum Hotelfachmann im Hamburger The Madison Hotel am Michel. Danach übergab ihm sein Vater Claus Becker, der im Immobiliengeschäft tätig war, eine Fläche an der Reeperbahn. „Dort haben wir vor mehr als 20 Jahren den Irish Pub Thomas Read eröffnet.“
Im selben Gebäude führt Becker – seine Brüder Felix und Maximilian mischen ebenfalls mit – hoch über den Dächern von St. Pauli seit zehn Jahren die angesagte Diskothek Noho. Außerdem gehört zu ihrem kleinen Kiezimperium das Partylokal Frieda B. am Hans-Albers-Platz, die Erlebnisgastronomie Astra St. Pauli Brauerei am Nobistor und eine Beerpongbar – das Bier-Trinkspiel kommt aus den USA – an der Reeperbahn sowie eine weitere in Köln.
Tim Becker braut in Hamburger Landgang Brauerei sein eigenes Bier
Darüber hinaus braut Becker gemeinsam mit Partnern sein eigenes Pils in der Landgang Brauerei im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld. „Wir produzieren inzwischen um die 8000 Hektoliter, beliefern andere Gastronomen, aber natürlich bieten wir das Bier auch in unseren eigenen Läden an.“ Dazu gehören natürlich auch das Pony und die Strandhalle auf Sylt.
Für die Silvesterparty mit Menü und DJ gibt es in der Strandhalle übrigens keine Plätze mehr. Auch die Sause zum Jahreswechsel im Pony ist weitgehend ausgebucht, „man kann sein Glück aber am 31. Dezember noch an der Abendkasse versuchen“, sagt Becker. Vom 25. bis zum 31. Dezember hat das Pony jeweils ab 12 Uhr geöffnet, „danach machen wir erst mal bis Ostern Pause“.
Kiez-Gastronom: Sein aktuelles Projekt ist Gasthaus „Zum 100-Jährigen“ in Hittfeld
Doch Pause ist für Tim Becker eigentlich ein Fremdwort. Immerhin überlässt der Gastronom über Weihnachten anderen die Arbeit in seinen Betrieben und verbringt das Fest gemeinsam mit seiner Familie daheim in der Gemeinde Seevetal.
Sein aktuelles Projekt ist die Sanierung des Traditionsgasthaus „Zum 100-Jährigen“ in Hittfeld an der Hamburger Stadtgrenze. In dem mehr als 200 Jahre alten historischen Gebäude sollen ab Ostern 2025 wieder die legendären Bratkartoffeln serviert werden. Auch auf der Insel könnten sich die gastronomischen Aktivitäten von Tim Becker noch ausweiten: Wie wäre es mit einer Beerpong-Bar auf Sylt? Er lächelt: „Daran habe ich auch schon mal gedacht.“