Hamburg. Von Pöseldorf aus eroberte die Hamburgerin die Welt. Gratulation an die „Queen of Less“, die Königin des minimalistischen Edel-Looks.
Schon als Sechsjährige habe sie ihre Familie beim Anziehen beraten, erinnert sich Jil Sander: „Irgendwie hatte ich immer schon klare Vorstellungen.“ Klar, ja puristisch ist ihr Stil: Mit ihrer minimalistischen Mode wurde die Hamburgerin, die nahe Wesselburen (Kreis Dithmarschen) als Heidemarie Jiline Sander geboren wurde und am 27. November ihren 80. Geburtstag feiert, weltberühmt.
Mit ihren bequem geschnittenen, an Männermode erinnernden Blazern, Hemdblusen und Hosen revolutionierte die Designerin in den 1980er- und 90er-Jahren die Fashionwelt. Ihr Stil stand und steht bis heute für Unabhängigkeit, Freiheit, Emanzipation – „für eine intellektuelle Mode, die Understatement feiert und dabei wertig ist“, sagt Bisrat Negassi, Sammlungsleiterin Mode und Textil im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. Jil Sander, gern auch als „Queen of Less“ („die Königin des Weglassens“) gelobt, sei die bis heute „international erfolgreichste deutsche Designerin“.
Jil Sander gilt als „hanseatisch zurückhaltend“, fast scheu
Dabei gilt Jil Sander, die an der Staatlichen Ingenieurschule für Textilwesen in Krefeld am Niederrhein und am University College in Los Angeles (USA) studierte, als „hanseatisch zurückhaltend“, schüchtern, ja, fast scheu. Und so ist es nur konsequent, dass die Designerin ihren großen runden Geburtstag weit weg von ihrer norddeutschen Heimat verbringt: „Diesen Geburtstag vergesse ich ganz gerne und bin deshalb auf Reisen“, sagt Jil Sander, die als Zweijährige mit ihrer Mutter von Heide nach Hamburg zog. In Pöseldorf, wo sie als 24-Jährige ihre erste Boutique (schwarz lackiert!) eröffnete, liegt die Keimzelle ihrer beeindruckenden Weltkarriere.
Im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt erinnerte sich Wolfgang Joop an das Kennenlernen: „Jil gehörte damals zum legendären Pöseldorfer Jetset.“ Wie jeder, der sie traf, sei auch er „absolut beeindruckt“ gewesen von Jil Sanders Aura, der man sich nicht habe entziehen können. Man sei einander nah gewesen, sei gut befreundet gewesen – und habe sich dann schleichend entfremdet: „Wir haben uns durch das Business verloren“, sagte Wolfgang Joop jetzt der „Bild“ anlässlich von Jil Sanders 80. Geburtstag.
Joop über Jil Sander: „Sie tut sich schwer mit anderen Königen“
Auf Ibiza (Jil Sander hat insgesamt fünf Wohnsitze) wohne man zwar mittlerweile in derselben Straße, dennoch sei man weit voneinander entfernt „Ich glaube einfach, Jil tut sich schwer damit, andere Könige neben sich zu dulden“, so Wolfgang Joop zum Abendblatt.
Dabei ist Jil Sander bis heute die ungekrönte Königin des luxuriösen Lässig-Looks. Ab 1973 bot sie eigene Mode an, im Design dabei stets der Bauhaus-Idee verbunden: funktionales Understatement, zurückhaltende Farben, hochwertige Materialien wie Wolle, Kaschmir, Seide, Leinen. „Die inneren Qualitäten verstärken sich, wenn das Äußere stimmt“, daran glaubt Jil Sander.
Jil Sanders Parfums werden von Millionen Frauen und Männern geliebt
Ihre Parfums, mit denen sie einst (für viele damals überraschend) mit dem eigenen Gesicht warb, werden bis heute von Millionen Frauen und Männern geliebt. 1989 brachte Jil Sander ihr Unternehmen an die Börse, 1999 übernahm Prada die Aktienmehrheit für geschätzte 275 Millionen D-Mark, 2004 verließ Jil Sander ihr Imperium (Geschäfte überall auf der Welt, von New York bis Tokio) endgültig.
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Die Designerin, die selbst übrigens nie Schmuck trägt, liebt Gärten, Golfen und Gegenwartskunst. Und die Ruhe: Ihr Herzensort bleibt Gut Ruhleben bei Plön, wo sie auch mit ihrer 2014 im Alter von 72 Jahren an Krebs verstorbenen Lebensliebe Angelica „Dicky“ Mommsen lebte.
Jil Sander brachte Hamburg auf die Weltkarte der Mode
Herzlichen Glückwunsch an eine Ausnahmedesignerin, die Hamburg (gemeinsam mit Karl Lagerfeld und Wolfgang Joop) einen festen Platz auf der Mode-Weltkarte verschaffte.