Hamburg. Im Frühjahr postete Ben Bernschneider sein erstes Instagram-Video. Jetzt verfolgen 400.000 Menschen, was er sich anzieht.

Es gibt sie, fremde Menschen, die Ben Bernschneider aus Winterhude anschreiben und ihn fragen, was sie zur Hochzeit des besten Freundes tragen sollen. Oder die, die ihn am Mühlenkamp ansprechen und ein Selfie mit ihm machen wollen.

Selbst in Los Angeles, wo er gerade ein paar Wochen unterwegs war, tuschelten irgendwann ein paar Teenager vor seinem Hotelfenster darüber, ob das wohl der echte Ben Bernschneider sei. Einer sagte zu ihm: „Sie sind eine Legende.“

Nun, darüber, ob das mit der „Legende“ stimmt, ließe sich sicher streiten. Fakt ist aber: Der 47 Jahre alte Hamburger hat mehr als 400.000 Follower auf Instagram und kann inzwischen gut von seinen kurzen Videos leben.

Ben Bernschneider auf Instagram: „Am Anfang hat das wirklich niemanden interessiert“

Und wenn er davon erzählt, dann wirkt es teilweise so, als könne er es selber nicht so richtig glauben. Denn: Viel hat sich Bernschneider nicht dabei gedacht, als er sich im Frühjahr morgens um 9 Uhr vor die Handykamera stellte und sich selbst dabei filmte, wie er sich ein Outfit anzieht, und dieses kommentiert.

Die Resonanz? „Das hat wirklich niemanden interessiert“, sagt der Hamburger und lacht. Dennoch: Am nächsten Morgen um neun postete er wieder und den Morgen darauf auch. Und wenige Tage später wachte er morgens auf, schaute aufs Handy und konnte es nicht glauben.

500 neue Follower waren in der Nacht dazugekommen. Und dann wurden die Sprünge immer größer. Bald kamen pro Tag 1000 neue Fans hinzu, die mit Begeisterung verfolgten, was der Bernschneider wohl heute anzieht.

Hamburg-Winterhude: Bernschneider präsentiert klassische Mode

Und das sind oft die großen Klassiker, sogenannte „Staple Pieces“, die aus seiner Sicht in keinem Kleiderschrank fehlen sollten: das Breton-Shirt, der Rollkragenpullover, der Cardigan. Manchmal stellt er auch stylische Accessoires vor. Einen Regenschirm, Armbanduhren oder Hüte.

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Klar ist: Die Stücke, die Bernschneider auf Instagram zeigt, sind meist nicht gerade günstig. Aber auch das thematisiert er: „Wir reden hier über Sachen, die nie out of Fashion liegen. (...) 700 Euro für ein Paar Gucci Loafer oder Crockett and Jones Oxfords sind viel Geld. Aber diese Schuhe waren 70 Jahre lang keinen Tag lang out of Style.“ Sein Credo: „Wenn ihr viel Geld ausgeben wollt, dann investiert in Stücke, die ihr in einer anderen Lebensphase nicht bereuen werdet.“

Bernschneider selbst habe sich immer für Mode interessiert: „Da war ich immer wie eine Frau. Ich bin gerne shoppen gegangen und liebe einfach tolle Stücke, die einen glücklich machen.“

Ben Bernschneider: Von seinen Instagram-Videos kann er leben

Was aber gab Anfang des Jahres den Impuls dazu, mit den Mode-Videos anzufangen? Bernschneider, der zuvor als Drehbuchautor und hauptsächlich als Fotograf gearbeitet hat, berichtet, dass er irgendwann die Lust an der Fotografie verloren habe: „Ich war in einer Phase, in der ich nach etwas gesucht habe, bei dem mir keiner reinquatscht.“

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Mehr als 800 Beiträge hat er inzwischen online gestellt. Von renommierten Marken wird er inzwischen bezahlt, und Hotels freuen sich, wenn Bernschneider bei ihnen absteigt und das natürlich nicht unerwähnt lässt – so wie in Los Angeles, wo er gerade vier Wochen an seinem Roman gearbeitet hat.

Bernschneider ist innerhalb weniger Monate zu einem erfolgreichen Influencer geworden. Er selbst zieht die Begriffe „Style-Cowboy“ und „Traveling Gentleman“ vor.

Influencer aus Hamburg-Winterhude: „Reaction-Videos“ findet er gehässig

Das Wichtigste aus seiner Sicht? „Die Leute müssen spüren, dass der Typ, der da mit Boxershorts und Cowboyhut irgendwas von Mode erzählt, natürlich eine Kunstfigur ist, die aber gleichzeitig eben auch total echt ist und die weiß, dass es sich am Ende des Tages um nichts Weltbewegendes dreht, sondern nur um Klamotten.“

Elementar sei, dass man bei sich bleibe und sich auch im Klaren über die Verantwortung sei, die man trage. Etwas, das für ihn nicht infrage kommt, seien etwa sogenannte „Reaction-Videos“, die in den sozialen Medien weit verbreitet sind. Dabei schauen sich die Influencer Looks von Prominenten an und bewerten diese.

„Damit würde ich sofort mehr Klicks generieren, aber ich finde es einfach gehässig, darüber herzuziehen, was andere tragen“, so Bernschneider.

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Im Grunde, sagt er, sei es ihm völlig egal, wie sich andere Menschen anzögen. Und überhaupt: Was es genau bedeutet, „gut gekleidet“ zu sein, könnte man eh nicht pauschal beantworten. „Ich finde, man ist gut gekleidet, wenn man sich in seinen Sachen wohlfühlt. Außerdem darf man das alles auch nicht zu ernst nehmen, es ist einfach nur Mode und soll Spaß machen.“

Mode-Influencer hat keine Angst, sich zu blamieren

Auch Bernschneider selbst nimmt sich in seinen Videos nicht allzu ernst. Wenn er da in Boxershorts in seinem Schlafzimmer steht und in fast schon poetischen Worten das Hemd beschreibt, das er gleich tragen wird, oder wie er nicht ohne Ironie das „Beverly-Hills-Tennis-Club“-Outfit vorstellt.

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Ben Bernschneider zeigt „Beverly-Hills-Tennis-Club“-Outfit mit „Kampen-Schnecke“

Da legt er sich – „weil ja schon November ist“ – noch einen Kaschmir-Pulli über die Schultern und schlägt die Ärmel vor der Brust mit der „Kampen-Schnecke“ übereinander. Angst, sich zu blamieren, habe er nicht. „Das Gute daran, wenn man mit 47 Jahren Influencer wird, ist, dass man sich nicht jeden Kommentar zu Herzen nimmt. Dafür bin ich zu alt.“

Aber zwischendurch ordnet Bernschneider sein Tun auch immer wieder ein. Seine wohl wichtigste Botschaft: „Ich rede hier nicht über Luxus, sondern über Qualität, Stil und Dinge, die mir am Herzen liegen. Ich habe nichts für Leute übrig, die sich nur über ihr Geld profilieren und sich ganz viel Scheiße kaufen, anstatt mit dem Geld Gutes zu tun.“