Hamburg. Hamburgs feinste Adresse wird 75 Jahre alt. Wie sich Prinzessin Anne im Sekretariat umzog – und elf weitere überraschende Geschichten.

Wenn an der Alster die britische Hymne „God Save the King“ gespielt wird, ist klar: Der Anglo-German Club feiert eine Party. So war es auch am Donnerstagabend, als sich rund 400 Gäste am Harvestehuder Weg 44 einfanden.

Und das aus ziemlich spektakulärem Anlass: 75 Jahre alt wird der am 1. Juli 1948 gegründete Club, der sich der Intensivierung der deutsch-britischen Beziehungen widmet. In seiner Rede sprach Club-Präsident Claus-Günther Budelmann, seit 1997 Motor und Herz des Clubs, auch von der im vergangenen September verstorbenen Queen Elisabeth II.

75 Jahre Anglo-German Club: Diese zwölf Anekdoten kennen Sie noch nicht

Erstmals in der Club-Geschichte war die traditionelle Gartenparty zum Geburtstag der Queen in diesem Jahr ausgefallen. Für das kommenden Jahr kündigte Budelmann – mit feinem britischem Humor – eine „KBP“ an – eine King‘s Birthday Party.

König Charles war zwar schon zu Gast in Hamburg, aber noch nicht im Club. Doch der hatte im Laufe der Jahre viele andere honorige Gäste. Seine Geschichte ist reich an Anekdoten, von denen manche mit viel britischem Humor weitererzählt werden. Hier eine kleine Auswahl.

1. Anglo-German Club: Am Anfang fehlte es so ziemlich an allem

Im Mai 1948 traf sich erstmals ein 14-köpfiges „Vollkomitee“ – Deutsche und Briten – am Harvestehuder Weg, um über die Clubgründung zu beraten.

Der Not zu dieser Zeit geschuldet, fehlte es damals so ziemlich an allem – darunter Möbel und Geschirr. Laut Protokoll sollte versucht werden, für abends „einfache Snacks aus britischen Quellen“ zu beziehen.

Der heutige Sitz des Anglo-German Club in alten Zeiten
Der heutige Sitz des Anglo-German Club in alten Zeiten © Anglo-German Club

2. Grundstück des Anglo-German Clubs schrumpfte in 75 Jahren stark

Als die Villa am Harvestehuder Weg 44 von 1860 an gebaut wurde, war das Grundstück rund 14.000 Quadratmeter groß. Heute sind es nur noch 4100 Quadratmeter.

Dazwischen liegen diverse Landverkäufe und zwangsweise Abtretungen – zum Beispiel für die Gestaltung des Alsterwanderwegs.

3. Ein frisch gepflanzter Zier-Apfelbaum wurde diskret versetzt

Im Sommer 2022 wurde im Clubgarten mit hochrangiger Hilfe und viel Blitzlichtgewitter ein Zier-Apfelbaum gepflanzt. Anlass war das Jubiläum zu 70 Regierungsjahren von Queen Elisabeth II.

Der gut gedeihende Baum steht nach wie vor im Garten – aber an anderer Stelle. Als hinterher klar wurde, dass er die Sicht von der Terrasse zur Alster zu stark einschränken würde, wurde er diskret umgepflanzt.

4. Es gibt eine geheimnisvolle Luxus-Badewanne im Haus

Der zweite Eigentümer der Villa (von 1901 an) war der wohlhabende Konsul Gustav Müller. Er ließ sich eine im Boden versenkte Badewanne mit Geländer und Stufen bauen, die bis heute im Haus erhalten ist.

Sie wird aber mittlerweile weitgehend als Lagerfläche genutzt und ist nach diversen Umbauten nicht mehr zugänglich.

Die Villa am Harvestehuder Weg 44 anno dazumal: So sah der „Speisesaal“ des Alteigentümers Gustav Müller nach 1901 aus.
Die Villa am Harvestehuder Weg 44 anno dazumal: So sah der „Speisesaal“ des Alteigentümers Gustav Müller nach 1901 aus. © Anglo-German Club

5. „Geburtsstunde“ des Abendblatts im Anglo-German Club

Im Sommer 1948 übergab der Leiter der Pressestelle des Senats dem Verleger Axel Springer im Anglo-German Club die Lizenz (offiziell: Zulassung Nr. 1) für eine neue Hamburger Tageszeitung.

Das von Bürgermeister Max Brauer genehmigte Dokument ist als Kopie im Clubarchiv erhalten. Am 14. Oktober 1948 kam dann das erste Exemplar des „Hamburger Abendblatts“ aus der Rotation. Club-Präsident Budelmann erinnerte am Donnerstag in seiner Rede an dieses Ereignis.

6. Besuch im Anglo-German Club: Prinzessin Anne zog sich im Sekretariat um

Im Jahr 2017 besuchte Queen-Tochter Anne die Hansestadt. Nachdem sie beim Vielseitigkeitsturnier in Luhmühlen zugesehen hatte, stand eine Visite des Anglo-German Club auf dem Programm. Dort angekommen, tauschte die Prinzessin ihre rustikale Kleidung kurzerhand gegen etwas Festliches aus – und zwar ganz pragmatisch im Sekretariat des Clubs.

Als Präsident Claus-Günther Budelmann der Queen-Tochter erläuterte, welche Wegefolge im Garten die strenge britische Security für sie vorgesehen habe, sagte Anne: „I couldn’t care less“ (etwa: „Nichts könnte mir gleichgültiger sein“) – um dann querfeldein auf die wartenden Gäste zuzugehen. Budelmann über Prinzessin Anne: „Eine tolle, natürlich Frau, die alle begeistert hat.“

7. Grüne Pfeffersuppe war Lebenselixier für Präsidenten

Eine Spezialität der Club-Gastronomie ist Grüne Pfeffersuppe. Als der dritte Club-Präsident (von 1968 an), Heinrich Baron von Berenberg-Gossler, für längere Zeit im Krankenhaus lag, ließ er sich die Suppe und seinen Lieblingsrotwein täglich vom Club dorthin liefern.

8. Prinz Andrew wollte im Anglo-German Club über Fußball sprechen

Im Jahr 2005 war der zu Hause inzwischen in Ungnade gefallene Queen-Sohn Prinz Andrew zu Gast im Anglo-German Club.

Nachdem er seine Rede zu einem Wirtschaftsthema beendet hatte, teilte er seinen Zuhörern mit: „Damit ist der offizielle Teil beendet. Von jetzt an möchte ich mit Ihnen über Fußball sprechen.“

9. Vor 75 Jahren hatten Damen im Anglo-German Club nur tageweise Zutritt

Heute können Damen selbstverständlich Mitglied im Club werden. 1948 war das noch ganz anders. Damals wurde festgelegt, dass ihnen nur an Dienstagen und Freitagen in der Zeit zwischen 16 und 23 Uhr der Zutritt zum Club erlaubt sei – aber nur in Begleitung eines Mannes.

Ein Jahr später kam der Beschluss: Damen dürfen – nach wie vor in Begleitung – den Club fortan an allen Wochentagen besuchen. Allerdings erst nachmittags.

10. Während der Corona-Zeit sammelten Clubmitglieder für Mitarbeiter

Um die Mitarbeiter der Club-Gastronomie ohne finanzielle Einbußen durch die schwierige Corona-Zeit zu steuern, wurde unter den Clubmitgliedern eine diskrete Sammlung veranstaltet, die – so viel wird im Club verraten – ein großer Erfolg war.

11. Lord Sterling forderte: Im Anglo-German Club darf nichts verändert werden

Als der britische Politiker und Unternehmer Lord Jeffrey Sterling den Club vor einigen Jahren besuchte, betrachtete er lange den besonderen Einrichtungsmix aus antiken Stücken und gemütlich-praktischen Elementen, der über viele Jahre fast gleich geblieben ist.

Dann wandte er sich an den Clubvorstand und sagte (übersetzt): „Wenn Sie davon jemals auch nur ein Stück verändern, sehen Sie mich hier nie wieder.“

12. Peter Böttcher – ein legendärer Barkeeper

Über Jahrzehnte war Peter Böttcher im Club als Barkeeper im Einsatz. Eines Tages versprach er dem damaligen Gastronomie-Pächter Eberhard Pütter: „Wenn wir uns trennen, dann nur durch den Tod.“

Böttcher starb schließlich sechs Wochen vor seinem 75. Geburtstag und vier Stunden nach seiner letzten Club-Party.

Tschentscher lobt die besondere Aktualität des Clubgedankens

Bei der Jubiläumsfeier am Donnerstag lobte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) den enormen Einsatz des Clubs für die Intensivierung der deutsch-britischen Beziehungen. Nicht zuletzt aus diesem Grund sei Hamburg nach wie vor die britischste Stadt Deutschlands.

„Das war beim Besuch von König Charles in Hamburg überaus deutlich zu spüren“, so Tschentscher, und der Auftrag, mit dem der Club 1948 an den Start gegangen war, sei „nach wie vor aktuell“.

75 Jahre Anglo-German Club in Hamburg: Diese Gäste waren dabei

Unter den 400 Gästen, die vom Clubvorstand – darunter John Jahr, Gunter Mengers und Nikolaus H. Schües – begrüßt wurden, waren: Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi mit Ehefrau Ulla Hahn, Honorarkonsul Nicholas Teller, die britische Botschafterin Jill Gallard, Robert Eberhardt (Geschäftsführer Felix Jud), Prof. Dr. Carsten Bokemeyer (Klinikdirektor UKE), Prof. Dr. Jörg Debatin (Vizepräsident und Chief Technology Officer GE Healthcare), Reinhold und Ulrike von Eben-Worlée (Geschäftsführer E.H. Worlée & Co), Honorarkonsulin Eva-Maria Greve, Prof. Manuel Hartung (Vorsitzender des Vorstands „Zeit“-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius) sowie Pianist Sebastian Knauer.

Die komplette 75-jährige Geschichte kann auf der Website des Clubs nachgelesen werden.