Hamburg. 27-Jähriger steht wegen fünf Taten in Hamburg vor Gericht. In einem Fall erbeutete er Schmuck im Wert von einer Million Euro.
Carcassonne, wunderschönes Carcassonne mit der mittelalterlichen Festung La Cité im Herzen. Das sonnige Städtchen liegt nicht weit entfernt von Toulouse, von Montpellier und dem Mittelmeer. Was für ein Fleckchen Erde in Südfrankreich, mit seinen warmen Sommern, den üppigen Weinbergen, den vielen Seen und der prächtigen Natur.
Hier hatte Toni D. als Mitglied einer internationalen, mutmaßlich auf die Häuser gut betuchter Menschen spezialisierten Diebesbande nach seinen (mäßig erfolgreichen) Beutezügen gelebt. Eine der Touren hatte ihn ins eher kühle Hamburg geführt, zur Alster-Villa der weltberühmten Modedesignerin Jil Sander. Mit dem Klima im Norden wird er sich auch deshalb wohl auf längere Sicht anfreunden müssen.
Einbruch in Jil Sanders Alster-Villa
Denn am 16. August 2022 endete sein Traum vom süßen Leben im Idyll ebenso plötzlich wie unfreiwillig. Da nahm die französische Polizei den mit internationalem Haftbefehl gesuchten Mann fest, dann ging es nach Hamburg, wo er den Ermittlern das gestand, was ihm die Staatsanwaltschaft seit Mittwoch vor dem Landgericht als schweren und gewerbsmäßigen Diebstahl zur Last legt: fünf Einbruchstaten in Hamburg, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb – so auch bei Jil Sander am 23. Februar 2021.
Mit mindestens zwei Komplizen soll Toni D., aufgewachsen im italienischen Padua, in Hamburg fünfmal auf Beutezug gegangen sein. Seine beiden Mittäter „Kiki“ und „Ricardo“, so der geständige 27-Jährige mit dem Vollbart und den dunklen halblangen Haaren, kenne er seit Kindheittagen. Ricardo sei sein Cousin ersten Grades. Er wisse aber nicht, wo sich die beiden gerade aufhielten, sagt der Angeklagte auf eine Nachfrage des Vorsitzenden Richters Alfons Schwarz.
So wie es Toni D. erzählt, operierte das Trio offenbar von einem „Stützpunkt“ in Belgien aus. Gab es etwas zu holen, fuhren sie von dort aus mit dem Auto nach Hamburg und kehrten nach der Tat wieder ins deutsche Nachbarland zurück. Gute Gelegenheiten – also Häuser, in denen lukrative Beute auf ihren Abtransport durch die Kriminellen wartete – habe „Kiki“ gekannt, sagt der Angeklagte.
Prozess Hamburg: Dieb versucht, in Jil Sanders Villa einzubrechen
Zwar erbeutete das Trio in einem Fall Schmuck von erheblichem Wert. Ansonsten war das Treiben der Bande aber weniger von handwerklichem Können als vielmehr von Pleiten, Pech und Pannen geprägt. So war beispielsweise Toni D. mit einem der beiden anderen Männer Mitte Februar 2021 in ein Haus am Nonnenstieg eingestiegen, während der Dritte draußen Schmiere stand. Als der Hausbesitzer ihre Geräusche bemerkte, hätten sie abbrechen müssen, sagt Toni D.
Wenig Fortune hatten die drei Männer auch am 23. Februar, als sie gegen 18.30 Uhr versuchten, die Terrassentür der Villa von Designerin Jil Sander (79) aufzuhebeln. Die Alarmanlage löste aus, deshalb suchten die Diebe das Weite. Passanten bemerkten den optischen Alarm allerdings und alarmierten die Polizei. Wenig später standen Beamte vor der Tür der Hamburger Mode-Ikone und machten sie auf den Vorfall aufmerksam. Wie sich herausstellte, hatte Jil Sander von dem Einbruchsversuch nichts mitbekommen.
- Einbruch: Alarmanlage löst aus und vertreibt die Täter
- Einbruchserie am Wochenende: Hilft ein Video bei Aufklärung?
- Einbruch bei Chanel – Polizei verhaftet Tatverdächtigen
Ähnlich gingen die Diebe bei einem Wohnhaus an der Bebelallee vor, nur kamen sie dort zum Zug. Auch hier hebelten sie die rückwärtige Terrassentür auf – diesmal mit Erfolg. Im ersten Obergeschoss stahlen sie aus einem Ankleidezimmer 31 Uhren, Schmuck, Geld und Brillen im Gesamtwert von 1,017 Millionen Euro. Nach dem erfolgreichen Coup scheiterten die Diebe aber erneut bei einem Einbruch in ein Haus an der Parkallee. Als der Besitzer nach Hause kam, machten sie sich aus dem Staub.
Der Prozess wird fortgesetzt
Gemessen am Ertrag wenig erfolgreich war auch die letzte Tat am 9. April. Nachdem das Trio sich über die Terrasse Zutritt in ein Haus an der Eggersallee (Ottensen) verschafft hatte, erbeutete es statt Geschmeide nur schnöden Modeschmuck. Für die Diebe bezahlt gemacht hatte sich einzig und allein der Einbruch in das Haus an der Bebelallee.
„Ein Kroate oder Serbe“ habe ihnen die Luxusuhren für 100.000 Euro abgekauft, sagte der Angeklagte. „Die haben ihm gefallen, da hat er sie genommen“, so Toni D. Der Prozess gegen den 27-Jährigen, seit sieben Monaten in U-Haft, wird fortgesetzt, unter anderem mit Zeugenvernehmungen.