Hamburg. Die Fläche zwischen Chilehaus und Steinstraße wird neu gestaltet. 285 Stellplätze fallen weg. Ladeninhaber sehen Existenz bedroht.

Weniger Autos, mehr Lebensqualität für die Hamburger – mit Straßencafés und sauberer Luft. Doch eine in diesem Sinne geplante Umgestaltung in der Hamburger City, mitten im Unesco-Weltkulturerbe Kontorhausviertel, stößt jetzt auf Kritik der Nachbarn. Der Streitpunkt: Durch eine geplante Umgestaltung des Burchardplatzes entfallen in diesem Bereich Hunderte Parkplätze.

In dem Viertel am Chilehaus mit vielen kleinen Läden, Galerien und Cafés herrscht bei Kaufleuten die Sorge, dass durch die geplante Umleitung des Verkehrs Kunden wegbleiben. Und Anwohner, die sich zuletzt auch über eine Verwahrlosung der Gegend durch Obdachlose und Drogenabhängige beschwert hatten, befürchten, nun noch schlechter einen Stellplatz zu finden als bisher.

Hamburger City: 285 Parkplätze werden im Kontorhausviertel wegfallen

Dass Parkplätze wegfallen, ist in Hamburg zurzeit in zahlreichen Vierteln ein Streitthema. Mal geht es um den Bau von Radbügeln, mal um die Umwidmung in Switch-Parkplätze oder den Umbau in autoarme Quartiere beziehungsweise autofreie Plätze. Im Kontorhausviertel sollen im Zuge der Umgestaltung 285 Parkplätze wegfallen. Dass das zu großen Problemen führen wird, glaubt Anwohner Daniel van Teeffelen. Auch, wenn das Gebiet bereits zu den Zonen des Bewohnerparkens gehöre, fänden viele Nachbarn keinen Parkplatz.

Zudem werde die Zufahrt schwieriger, wenn die Steinstraße nördlich des Quartiers für private Pkw gesperrt wird. Die Verkehrsachse in der Nähe des Hauptbahnhofs soll durch einen für 2025 geplanten Umbau einen Allee-Charakter bekommen, aber auf weiten Teilen nur noch für Busse und Fahrräder zu befahren sein.

Steinstraße in der Hamburger City: Autoverkehr wird stark eingeschränkt

Diese Pläne verfolgt der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer derzeit im Detail, sie sind eingebettet in ein Gesamtpaket an Maßnahmen, die dazu dienen sollen, die Innenstadt zu öffnen und zentrale Räume wie die Binnenalster, die Mönckebergstraße, die Steinstraße, den Burchardplatz/Kontorhausviertel und die HafenCity stärker miteinander zu verbinden.

Viele Bereiche sollen mehr kulturelle oder gastronomische Angebote bieten, dafür jedoch wird der Autoverkehr stark eingeschränkt. Der Burchardplatz etwa wird nur noch über die kleine Altstädter Straße anzufahren sein.

Fachhändler am Burchardplatz: „Sehen unsere Geschäftstätigkeit bedroht“

Torsten Stammerjohann vom alteingesessenen Geschäft Jebe, einem Anbieter für Friseurbedarf, sieht seinen Betrieb durch die Pläne sogar in der Existenz bedroht. „Viele der Kunden kommen aus dem Umland – und wollen oder können auf das Auto nicht verzichten“, gibt der 63-Jährige zu bedenken. „Wir sehen durch die strikte Verkehrspolitik in und um das Viertel herum massiv unsere Attraktivität und somit unsere Geschäftstätigkeit bedroht.“

Torsten Stammerjohann, Inhaber des Ladens Friseurbedarf Jebe, hat Bedenken, dass durch den Wegfall der Parkplätze auch Kunden wegbleiben.
Torsten Stammerjohann, Inhaber des Ladens Friseurbedarf Jebe, hat Bedenken, dass durch den Wegfall der Parkplätze auch Kunden wegbleiben. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Das Problem: Produkte wie Haarfarben können die Kunden auch im Internet kaufen. Entsprechende Onlineshops könnten ihren Betrieb auf der grünen Wiese ansiedeln, das Fachgeschäft hingegen zahle die Innenstadtmieten – und sei künftig auch noch schlechter für die Kundschaft zu erreichen, begründet Stammerjohann seine Sorge.

Hamburger Innenstadt: Neue Tiefgarage mit 235 Stellplätzen im Johann Kontor

André Stark, Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde, verweist auf die verbleibenden Optionen für Autofahrer: Im betroffenen Bewohnerparkgebiet blieben knapp 400 Parkplätze plus Ladezonen erhalten. Zudem werde nebenan im neuen Johann Kontor eine Tiefgarage mit 235 neuen Stellplätzen gebaut. „Diese werden das benachbarte Angebot der Parkhäuser Große Reichenstraße und Saturn ergänzen“, sagte der Sprecher, der zudem zu bedenken gibt, dass viele Parkplätze durch den Markt auf dem Burchardplatz auch jetzt schon nicht durchgängig genutzt werden könnten.

Für Torsten Stammerjohann vom Fachgeschäft Jebe ist die Aussicht auf eine neue Tiefgarage nicht wirklich ein Trost: Ein Parkhaus ersetze nicht unbedingt die Chance, das Auto kurz eine halbe Stunde vor dem Laden zu parken. Etliche Kunden würden sich nun überlegen, ob sie den Weg noch auf sich nehmen.

Kontorhausviertel: Pläne zur Begrünung der Gegend sind umstritten

Auch andere Kaufleute beklagen die bald erschwerte Erreichbarkeit. Sie kritisieren zudem, dass Kunden, die sperrige Ware abholen wollen, mit dem Umbau keine Möglichkeit mehr dazu hätten. Es sind absenkbare Poller vorgesehen, die nur für Polizei, Feuerwehr oder professionelle Lieferwagen die Durchfahrt erlauben.

Nicht nur die Parkplätze haben sich zum Streitpunkt in der Nachbarschaft entwickelt. Die Anwohner bemängeln an den Entwürfen, dass auf dem Burchardplatz auch nach der Umgestaltung nur wenig Grün vorgesehen ist. Während die Steinstraße mit Bäumen aufgewertet werden soll, sei hier eher eine Steinwüste geplant.

Die Steinstraße in der Hamburger Innenstadt soll wie eine Allee angelegt und zu einer Kommunaltrasse weiterentwickelt werden, auf der der Busse sowie der Fuß- und Radverkehr prägend sein werden.
Die Steinstraße in der Hamburger Innenstadt soll wie eine Allee angelegt und zu einer Kommunaltrasse weiterentwickelt werden, auf der der Busse sowie der Fuß- und Radverkehr prägend sein werden. © FHH | FHH

Hamburger City: Pläne zur Umgestaltung des Burchardplatzes werden überarbeitet

Zwischenzeitlich hatte die Visualierung eines Planungsbüros sogar den Eindruck erweckt, dass auch die vorhandenen Bäume auf dem Platz gefällt werden sollen. André Stark von der Stadtentwicklungsbehörde klärt auf: „Die zentralen Bäume auf dem Burchardplatz bleiben erhalten, insgesamt werden es sogar einige Bäume mehr als jetzt.“ Die Überarbeitung der veröffentlichten Entwürfe sei jedoch noch nicht vollständig abgeschlossen.


Die Pläne waren bereits mehrfach mit den Betroffenen diskutiert worden, hieß es zum laufenden Prozess von der Stadtentwicklungsbehörde: am 19. Januar und am 11. September dieses Jahres mit den Gewerbetreibenden in der Handelskammer sowie auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung für Anwohnerinnen und Anwohner am 18. September im Bezirksamt Hamburg-Mitte.