Hamburg. Wo heute noch viel Verkehr entlangfließt, könnten schon bald private Pkw ausgeschlossen werden. Das plant der “Runde Tisch Innenstadt“.

  • Die Mönckebergstraße ist schon seit Jahren für den privaten Autoverkehr gesperrt
  • Demnächst soll das auch in der parallel verlaufenden Steinstraße gelten
  • "Die Hamburger Innenstadt hat keine Zeit mehr zu verlieren"

Weniger Abgase und Lärm, dafür mehr Bäume, Bänke zum Verweilen und Platz für Fußgänger, Radfahrer und Außengastronomie – so könnte sich bald die Steinstraße in der Hamburger Innenstadt präsentieren. Der Abschnitt zwischen Jakobikirchhof und Domplatz soll künftig weitestgehend frei von Autos sein; private Pkw dürfen dort dann nicht mehr fahren, nur noch Busse, Taxen und Lieferwagen – so wie heute schon in der parallel laufenden Mönckebergstraße.

Darauf hat sich der Runde Tisch Innenstadt verständigt, wie Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher, Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (beide SPD) und Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) am Montag mitteilten.

Stadtentwicklung: 6000 Pkw weniger in der Steinstraße

Bisher werden von etwa 120 Bussen, die früher pro Stunde über die Mönckebergstraße fuhren, etwa 50 über die Steinstraße geleitet. Künftig könnte der Anteil in der Steinstraße noch leicht zunehmen, sodass jeweils etwa eine Hälfte des Busverkehrs über die Mönckebergstraße bzw. die Steinstraße führe, wie Anjes Tjarks sagte.

Allerdings soll es nicht zu weiteren Verlegungen von Buslinien in die Steinstraße kommen, sondern voraussichtlich bei den aktuellen Linien auf der „Mö“ und der Steinstraße bleiben. Das Verhältnis könnte sich angleichen, weil womöglich weitere Linien hinzukommen, die dann eher über die Steinstraße führten, hieß es aus der Verkehrsbehörde. Nach der Sperrung der Steinstraße für den motorisierten Individualverkehr sollen dort täglich rund 6000 Fahrzeuge weniger fahren.

5000 Quadratmeter in der City zur Neugestaltung

Dem Verkehrssenator zufolge entstehen durch den geplanten Umbau viele freie Flächen. Insgesamt 5000 Quadratmeter ließen sich neu gestalten. Das sei eine „erhebliche Verbesserung“ für die Aufenthalts- und Lebensqualität dort. Bei den am Montag präsentierten Zeichnungen, die Oberbaudirektor Franz-Josef
Höing in Auftrag gegeben hatte, handele es sich allerdings noch um „Skizzen“, sagte Tjarks. Die Stadt wolle im April eine konkrete Verkehrs- und Freiraumplanung in Auftrag geben. Beginnen könnten die Umbauarbeiten im Jahr 2025.

Von der Neugestaltung und besseren Anbindung der Steinstraße könnte auch der Einzelhandel auf der Mönckebergstraße profitieren, sagte Tjarks. Geschäftsleute dort hätten deutlich gemacht, dass es die „1a-Lage Mönckebergstraße“ stärke, wenn es daneben eine „sehr gute 1b-Lage“ gebe, „nämlich die Steinstraße“, die auf ihrer Südseite einen angesehenen, inhabergeführten Einzelhandel habe.

Mönckebergstraße und Steinstraße künftig „sehr viel grüner sein“

Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein zufolge werden Mönckebergstraße und Steinstraße künftig „sehr viel grüner sein“. Ihre Behörde suche mit der Umweltbehörde nach Plätzen, die sich entsiegeln lassen, wo Bäume gepflanzt und Wasserspeicher angelegt werden können für Hitzephasen. „Wir gehen davon aus, dass wir sehr viel mehr Wohnen haben in der Innenstadt, was sich dann auch im öffentlichen Raum abbilden wird, weil diese Menschen die Innenstadt beleben werden“, sagte Pein. „Das wird ein deutlicher Unterschied sein zu heute, dass rund um die Uhr, nicht nur wenn Geschäfte geöffnet sind, etwas los ist in der Innenstadt.“

Durch den Umbau werde die „Barrierewirkung“ der Steinstraße aufgehoben und eine bessere Anbindung des Kontorhausviertels an den Kernbereich der Innenstadt erreicht. Spannend sei, was sich an neuen Nutzungen in dem Areal ergeben könnte, etwa für Kulturprojekte. Darum gehe es in dem Projekt „Verborgene Potenziale“, sagte die Senatorin.

Bürgermeister Tschentscher: Innenstadt als "Visitenkarte Hamburgs“ erhalten

Die Innenstadt werde künftig „vielfältiger und vernetzter sein“. Sie sei die „Visitenkarte Hamburgs“ und solle „als attraktiver Ort des gesellschaftlichen Lebens und des Einzelhandels erhalten bleiben“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher.

„Allen Akteuren ist die Hamburger Innenstadt mit ihrer Wasserbezogenheit, den besonderen Architekturen und öffentlichen Plätzen, ihren Passagen, der Mönckebergstraße, dem Jungfernstieg und dem Neuen Wall, dem Nikolaiquartier sowie den Wallanlagen ein Herzensanliegen“, sagte Innenstadtkoordinatorin Elke Pahl-Weber. Auch das Wohnen in der City sei weiter ein Thema. Etwa die Frage: „Wie baut man Kontorhäuser in der Hamburger Innenstadt zum Wohnen um?“

Auch der Aufenthalt in der Mönckebergstraße soll durch dauerhaft weniger Busverkehr, mehr Grün­flächen und Veranstaltungen attraktiver werden.
Auch der Aufenthalt in der Mönckebergstraße soll durch dauerhaft weniger Busverkehr, mehr Grün­flächen und Veranstaltungen attraktiver werden. © BODE via www.imago-images.de

Zur Attraktivität einer lebendigen Innenstadt gehörten auch vielfältig bespielte öffentliche Räume, sagte der Leiter des Bezirksamts Mitte, Ralf Neubauer. Sondernutzungen sollen deshalb künftig einfacher und schneller möglich gemacht werden. Für die Genehmigung kleinerer Veranstaltungen in der Innenstadt werde nun ein „Fast-Track-Verfahren“ erprobt. Ziel sei es, „diese Genehmigungen schneller hinzukriegen, nämlich im Idealfall innerhalb von zehn Tagen“.

Stadtentwicklung: "Hamburgs Innenstadt hat keine Zeit mehr zu verlieren"

„Hamburgs Innenstadt hat keine Zeit mehr zu verlieren, da sind sich alle Beteiligten einig – aus dem runden Tisch muss jetzt aber dringend eine runde Sache werden“, sagte Norbert Aust, Präses der Handelskammer Hamburg. „Ein dringliches Anliegen bleibt für die Hamburger Wirtschaft die Verbindung zwischen Innenstadt und HafenCity: Hier braucht es eine Lösung, damit die Willy-Brand-Straße beide Quartiere nicht länger trennt“, sagte Aust. „Wir begrüßen daher, dass sich der Senat auch mit der dringend nötigen Neugestaltung der Steinstraße befasst.“

Kritik kam von der CDU-Fraktion. Bürgermeister Tschentscher und Verkehrssenator Tjarks litten „weiterhin unter akuter Ideenlosigkeit, wie die Probleme von Hamburgs Innenstadt gelöst werden können“, erklärten die CDU-Abgeordneten Anke Frieling und David Erkalp. „Eine weitere Verdrängung des Individualverkehrs aus der Innenstadt ist keine Attraktivitätssteigerung.“